• Bericht
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  • Ramona Müller
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  • 28.06.2018

Prüfung ist ein Arschloch - Mein mündliches Staatsexamen

Wenn ich die Top 5 der peinlichsten Aktionen meines Lebens küren müsste, würde ein spezielles Erlebnis während meines mündlichen Staatsexamens sicherlich einen der oberen Ranglistenplätze belegen. Tag X liegt mittlerweile schon einige Zeit zurück und ich sollte das Trauma langsam verarbeitet haben. Denke ich aber zurück, steigt mir noch immer die Schamesröte ins Gesicht und ich bekomme hysterische Lachanfälle.

 

Illustration, Quelle: Fotolia/farconville

 

An meiner damaligen Uni fand das Staatsexamen in Form eines sogenannten OSCES statt. OSCE bedeutet „Objektive Structured Clinical Examination“. Übersetzt heißt das so viel wie: 10-15 schwitzende Studenten mit roten Köpfen durchlaufen 10-15 mehr oder weniger anspruchsvolle Posten an denen sie eine 5-15 minütige mehr oder weniger strukturierte bzw. objektiv bewertete mündliche Prüfung ablegen. Und das geht so:

 

An der Tür hängt ein Zettel mit der Aufgabenstellung, den man in einer Minute gelesen und verinnerlicht haben sollte. Jede weitere Minute, die man zum Lesen benötigt, geht nämlich von der restlichen Zeit ab, in der man für gewöhnlich eine fundierte Anamnese sowie eine körperliche Untersuchung durchführen und einen Therapieplan aufstellen soll, den man dem Schaupiel - Patienten dann auf verständliche Art und Weise nahe bringt. Ihr merkt: Die Prüfung ist durch und durch an der der Realität orientiert.

 

Der Prüfer hält sich im Normalfall verbal zurück und setzt seine Kreuze auf einer Liste. Vollständig erfüllt – zum Teil erfüllt – nicht erfüllt. Da gibt es dann so Bewertungsangaben wie „Student stellt sich vor“ – desinfiziert sich die Hände – ist kompetent – hat einen knitterfreien Kittel - kann den Herold auswendig usw..
Orientiert ist der ganze Spaß am amerikanischen Staatsexamen (USMLE). Zur Vorbereitung hatte ich sämtliche USMLE-Bücher bestellt und die Fälle mit meiner Lerngruppe drei Wochen lang bis zur kompletten körperlichen und emotionalen Dekompensation durchgespielt. Für Tag X fühlte ich mich also einigermaßen gewappnet.

 

Im Vorfeld hatten wir tatsächlich noch Scherze darüber gemacht, dass einige Untersuchungen aufgrund mangelnder Umsetzungsmöglichkeiten sicher nicht abgeprüft werden würden. Ich war also wie vom Donner gerührt als ich vor Tür Nr. 6 stand und folgendes las: „Herr Roland (72) hat Probleme beim Wasserlassen. Bitte führen Sie eine Anamnese und die entsprechende Untersuchung durch und teilen Sie dem Patienten Ihren Befund mit.“

 

Ernsthaft? Wollen die mich verarschen? Meine Knie begannen zu zittern, mir wurde speiübel und meine ohnehin schon bestehende Tachykardie lief Gefahr in Kammerflimmern überzugehen. Mit komplett entgleisten Gesichtszügen betrat ich den Raum und nahm gegenüber von Herrn Roland Platz.

 


Wir unterhielten uns ein Weilchen über seine Pinkelprobleme, die das Sexualleben glücklicherweise nicht beeinträchtigten. Parallel betete ich insgeheim inständig, dass ein Wunder geschieht und ich davon verschont bleibe, dem Schauspieler meinen Finger in den Allerwertesten stecken zu müssen, um meine Verdachtsdiagnose „Prostatavergrößerung“ zu verifizieren. Nun ja, letztendlich kam ich nicht umhin. Die Zeit lief gnadenlos weiter und ich bat Herrn Roland, die Hosen runterzulassen und mir den Popo entgegen zu strecken.

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