• Info
  • |
  • Mona Herz
  • |
  • 08.09.2014

Public Health-Projekte der bvmd

Viele Medizinstudenten haben das große Ziel, später als Arzt in ärmeren Ländern bedürftigen Menschen zu helfen. Warum warten? Bei den Public-Health-Projekten der bvmd kann man schon im Studium Entwicklungsarbeit kennenlernen und einen Beitrag zur Gesundheitsversorgung in vielen Regionen der Welt leisten. Wir stellen dir diese Projekte vor und geben Tipps zur Entscheidung, welches am besten zu dir passt.

 

Weltkarte - Foto: PhotoDisc

 

Wann ist ein Mensch gesund?

Wann ist ein Mensch gesund? Reicht es, "nicht krank" zu sein? Reicht ein bisschen Essen und Trinken, damit Menschen sich wohlfühlen? Unsere Gesundheit hängt von vielen Faktoren ab: Die geistige und körperliche Fitness spielt eine Rolle, das Alter, die Gene, aber auch die Region, in der wir leben. Was letzteres anbelangt, haben Milliarden Menschen schlechte Voraussetzungen.

Ein großer Teil der Weltbevölkerung lebt in Gegenden, die medizinisch schlecht versorgt sind und in denen der Mangel an Nahrung und Trinkwasser das tägliche Leben bestimmt. Laut Welthungerhilfe wächst die Zahl der Menschen, die hungern, schneller als die Weltbevölkerung: Seit zwei Jahren leiden weltweit mehr als 1 Milliarde Menschen an Hunger. Millionen leben ganz ohne Gesundheitsfürsorge, und nur etwa 60 Prozent der Menschen können gute sanitäre Anlagen benutzen [1].

Organisationen, die an dieser Situation etwas ändern möchten, fassen ihre Aktivitäten gern mit einem "Zauberwort" zusammen: "Public Health". Darunter versteht man alles, was zum Wohlergehen der Menschen beiträgt: von sauberem Wasser über Hygiene, Prävention und Behandlung von Krankheiten bis zur Aufklärung und psychologischen Betreuung der Bevölkerung.

Auch als Medizinstudent kann man in diesem Bereich schon aktiv mitarbeiten: Die AG Public Health und Entwicklungszusammenarbeit der "Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland" (bvmd) bietet Projekte an, die so vielseitig sind, dass sowohl für Erstsemestler als auch PJler was dabei ist und der künftige Pädiater genauso profitieren kann wie die Unfallchirurgin in spe.

Derzeit offeriert die bvmd in Zusammenarbeit mit ihrem österreichischen Pendant "Austrian Medical Students Association" (AMSA) zwölf Projekte (Karte). Wer mitmacht, kann in Afrika, Asien, Lateinamerika oder Europa Entwicklungsarbeit leisten und gleichzeitig fremde Kulturen kennenlernen. Einige dieser Aufenthalte können auch als Famulatur anerkannt werden.

Wohin? Wie lange? Die Qual der Wahl …

Für die Frage, welches Projekt am besten zu einem passt, spielt zunächst einmal die Anzahl der bereits studierten Semester eine Rolle. Die Mitarbeit im "Rwanda Village Project" in Ruanda eignet sich z. B. sehr gut für Vorkliniker. Dieses Projekt will die Lebensstandards von Dorfbewohnern verbessern. Die Mitarbeiter klären die Menschen über Themen wie HIV und Hygiene auf und unterstützen sie in landwirtschaftlichen oder sanitären Fragen wie Bienenhaltung oder Toilettenbau.

Für das Projekt "Vivir en amor" in Guatemala dagegen müssen die Studenten ein größeres Repertoire an medizinischem Fachwissen vorweisen. In der kleinen Krankenstation in den Bergen übernehmen die Studenten die tägliche Sprechstunde und bilden Hebammen aus; Krankenbesuche in umliegenden Dörfern gehören ebenso zum Alltag. Deshalb müssen die Teilnehmer das vierte Studienjahr absolviert haben und Famulaturen in Pädiatrie und Gynäkologie vorweisen können.

Egal wohin - ganz ohne medizinische Grundlagen sollte man auf keinen Fall losfahren. Hanna Schröder, die Bundeskoordinatorin der AG Public Health und Entwicklungszusammenarbeit, rät: "Je später im Studium man an einem Projekt teilnimmt, desto besser versteht man die medizinischen Hintergründe und kann praktisch mitarbeiten." Relevant ist auch, welche Sprachkenntnisse man hat. Zwar muss ein Teilnehmer in Äthiopien nicht Amharisch können, er hat es aber natürlich leichter, wenn er die Landessprache beherrscht.

Ansonsten reicht Englisch bei den meisten Projekten aus - es gibt aber auch Ausnahmen: Wenn Sie in den westafrikanischen Staat Burkina Faso gehen, sollten Sie Französisch sprechen, in Lateinamerika müssen Sie Spanisch können. Für Lateinamerika-Fans, die (noch) kein Spanisch können, bietet sich das Projekt in Quito an: Hier nehmen alle zuerst an einem Sprachkurs teil. Mit dem Geld, das die Studenten dafür bezahlen, finanziert sich dieses ecuadorianische Projekt.

Eine weitere wichtige Überlegung ist, wie viel Zeit man investieren möchte: Die Projekte dauern alle unterschiedlich lange. Für die Mitarbeit in einem Waisenhausprojekt in Rumänien, in dem Studenten zum Teil behinderte Kinder betreuen, muss man drei Wochen einplanen. Deutlich länger dauert die Teilnahme am Projekt "Ak'Tenamit" in Guatemala. Ziel dieser Initiative ist es, das Leben der ländlichen Bevölkerung zu verbessern. Dafür sind mindestens sechs Monate vorgesehen.

Breite Palette: von Basteln bis Malaria

Auch die Aufgaben, die einen erwarten, können sehr unterschiedlich sein: In der "Clínica Comunitaria Nueva Esperanza" in Chaculá können Medizinstudenten z. B. vor allem hausärztlich tätig sein, Studentinnen können zusätzlich noch gynäkologische Aufgaben übernehmen. Franz Ratzinger war im Sommer 2008 in dieser Klinik im Nordwesten Guatemalas. "Die Arbeit dort kann man sich vorstellen wie in einer entlegenen Hausarztpraxis mit ungefähr sechs Patienten am Tag", erzählt er. Er behandelte die Patienten eigenverantwortlich und klärte sie über präventive Maßnahmen auf.

Weil es in der Klinik keine Ärzte gab, lernte Ratzinger das meiste von einer erfahrenen Krankenschwester. Am häufigsten hatte er es mit Magen-Darm-Infekten, Hypertonie, Diabetes, sowie psychosomatischen Leiden wie Depressionen zu tun, die oft durch den Bürgerkrieg verursacht waren. "Tropenkrankheiten wie Leishmaniose oder Malaria hatten wir dagegen nicht", erklärt er. "Die Klinik liegt auf 1.600 Metern Höhe. Da kommen diese Krankheiten nicht vor."

Das glatte Gegenteil gilt für das Projekt "Action vie pour tous" in Burkino Faso, einem der ärmsten Länder der Welt. Hier steht die Malaria im Mittelpunkt, da sie eines der größten Gesundheitsprobleme darstellt. Entsprechend müssen die Teilnehmer gut über Tropenkrankheiten Bescheid wissen, und eine wichtige Aufgabe ist, die Menschen darüber aufzuklären, wie sie sich vor ihnen schützen können. Daneben können die Studenten unter Aufsicht einheimischer Ärzte in burkinischen Krankenhäusern hospitieren.

Wiederum völlig andere Aufgaben haben Studenten, die in dem Waisenhausprojekt in Rumänien mitarbeiten: "Wir haben mit den Kindern meist Ausflüge unternommen. Oft haben wir auch mit ihnen im Waisenhaus gebastelt und gespielt", erinnert sich Tina Sojat, die in Cluj Napoca gesunde und autistische Kinder betreute.

Da sie einheimische Studenten als Übersetzer zur Seite gestellt bekam, war die Kommunikation mit den Kleinen von Anfang an kein Problem. Tina Sojat denkt noch gerne an die Zeit zurück: "Die Kinder dort waren unheimlich dankbar für unsere Betreuung, ich habe in der Zeit viele kleine Freunde gewonnen." Sie bedauert aber, dass das Projekt in Rumänien für die meisten Studenten nicht exotisch genug sei.

Organisation: bvmd vermittelt, Partner bestimmt

Egal ob Rumänien oder Burkina Faso: Die Projekte funktionieren alle nach dem gleichen Prinzip. Um die konkrete Hilfe kümmert sich die Organisation vor Ort. Diese bekommt von der bvmd zuvor ausgewählte Studenten vermittelt. Bevor ein Student die Reise antritt, nimmt er mit dem dortigen Koordinator Kontakt auf und kann so alle Fragen im Detail klären.

Ein Kooperationspartner der bvmd ist z. B. der Verein "Die Brücke", der sich um den deutsch-kenianischen Kulturaustausch an der Uni Nairobi kümmert; oder das "Cruz Roja" in Mexiko, an dessen Niederlassung in Bahías de Huatulco Medizinstudenten mithelfen können. Die Organisation vor Ort bestimmt, wie hoch der finanzielle Beitrag des Teilnehmers ist. In dem Projekt "Die Brücke" in Kenia nimmt der Student z. B. an Seminaren mit Projektarbeiten zum Thema "community health" teil, die mit 500 US-Dollar berechnet werden. Hinzu kommen die Lebenshaltungskosten, die in Kenia 15 Euro pro Tag betragen.

In Mexiko dagegen organisiert das Rote Kreuz Unterkunft und Mittagessen, sodass nur Abendessen und Anreise die Reisekasse belasten. Eine Projektgebühr fällt meist dann an, wenn Ausflüge vor Ort organisiert werden oder ein Beitrag zur Unterstützung des Projekts verlangt wird. Finanziell schlecht aufgestellte Studenten können sich aber auch über die bvmd für Zuschüsse bewerben.

Prinzipiell sind es immer die gleichen Projekte, die angeboten werden, wobei aber auch mal eines pausiert, wegfällt oder ein neues hinzukommt (Linktipps). Derzeit kann man sich z. B. vorübergehend nicht in Venezuela, Uganda und Äthiopien bewerben. Dafür bietet die bvmd in diesem Jahr ein zweites Projekt in Ecuador an: "Bei dem Projekt im Hospital Andino Alternativo ist vorgesehen, dass die Studenten zunächst in verschiedene Bereiche wie Schulmedizin, andine Schamanenmedizin oder Homöopathie reinschnuppern", erklärt Hanna Schröder. "Danach entscheiden sie, wo sie weitere drei Wochen arbeiten möchten."

Bewerbung: Motivation wichtiger Faktor

Hat man sich für ein Projekt entschieden, schickt man seine Bewerbung an die Bundeskoordinatorin für Public Health und Entwicklungszusammenarbeit. Diese entscheidet dann zusammen mit den Projektkoordinatoren, wer genommen wird. Im letzten Jahr bewarben sich mehr als 80 Studenten, 60 Auslandsaufenthalte kamen zustande. Für eine erfolgreiche Bewerbung sind Hanna Schröder vor allem die Motivation und das Engagement der Studenten wichtig.

Sie empfiehlt für alle Projekte, einen ehrlichen Motivationsbrief und die vollständigen Bewerbungsunterlagen fünf Monate vorher abzuschicken: "Die Zusagen kommen bei einigen Projekten innerhalb von drei Wochen", erklärt Hanna Schröder. "Für das Projekt in Indien hingegen bekommt der Bewerber erst zwei Monate vorher Bescheid. Das hängt immer davon ab, wie viele Instanzen involviert sind."

Selbsterfahrung garantiert, Anerkennung nicht immer

Leider kann die bvmd nicht garantieren, dass der Auslandsaufenthalt auch als Pflegepraktikum oder Famulatur anerkannt wird. Das entscheidet das zuständige Landesprüfungsamt (LPA) oder an manchen Unis auch die Studiengangsleitung. Hanna Schröder hat während des achten Semesters einen Monat beim Roten Kreuz in Mexiko in der Gesundheitsversorgung mitgeholfen. Sie hatte keinerlei Probleme mit der Anerkennung als Famulatur. Ihr Tipp: "Wichtig ist, sich vorher beim LPA und der Studiengangsleitung über die aktuellen Bedingungen zu erkundigen."

Dazu gehört z. B. auch, zu klären, ob man verpflichtet ist, den akademischen Grad des Krankenhauses nachzuweisen, oder ob der Klinik für die Anerkennung eines Pflegepraktikums eine Bettenstation angegliedert sein muss. Oft gibt es bilinguale Vorlagen der LPAs, die man sich ausdrucken und mitnehmen sollte. Hanna Schröder warnt vor den kleinen Tücken: "Man muss die Vorgaben genau einhalten. Lasst unbedingt einen Arzt unterschreiben und achtet darauf, dass er Datum und Unterschrift nicht in den Stempel reinschreibt. Manche Unis verlangen sogar, dass der Stempel übersetzt wird."

Andererseits sollte die Frage, ob nun der Aufenthalt "offiziell" als Studienabschnitt anerkannt wird, nicht im Vordergrund stehen. Die wichtigsten Voraussetzungen für einen gelungenen Einsatz in einem Public-Health-Projekt sind Eigeninitiative und Neugier: "Egal wohin man geht. Man lernt und sieht am meisten, wenn man auf die Menschen zugeht und viel fragt", legt Hanna Schröder künftigen Teilnehmern ans Herz. "Zudem sollte man offen für andere Kulturkreise sein und keine Angst vor einfachen Unterkünften haben."

Wer den Kulturschock fürchtet, der kann auch in Deutschland viel Gutes tun. So kann man z. B. beim Aufbau neuer nationaler Public-Health-Projekte wie "Adipositas Prävention - Keep in Balance" mitwirken. Und diejenigen, die ihre Stadt nicht verlassen wollen, können sich für das Teddy-Krankenhaus an ihrer Uni engagieren. Denn ganz egal ob man sich in Quito, Oagadougou oder Köln engagiert: Wichtig ist, dass man überhaupt mal über den eigenen Horizont hinausblickt!

Hanna Schröder betont: "Ein Medizinstudium kann weitaus mehr sein als Lehrbücher, MC-Klausuren und Untersuchungskurse. Die Chance, während des Studiums mal die Fühler auszustrecken und zu gucken, welche Herausforderungen es für junge Mediziner sonst noch so gibt, sollte man nicht verpassen!"

Linktipps

Eine Übersicht der Public-Health-Projekte gibt‘s hier:

Public-Health-Projekte der bvmd

 


Mein Studienort

Medizinstudenten berichten aus ihren Unistädten

Werde Lokalredakteur Die Unistädte auf Google Maps
Medizin im Ausland

Erfahrungsberichte und Tipps aus über 100 Ländern

Erfahrungsbericht schreiben Auslands-Infopakete
Cookie-Einstellungen