- Bericht
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- Beate Mendelski
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- 22.04.2009
Chirurgie-Tertial im Hospital Ramos Mejía
Da Beate schon während des Studiums sehr nette und interessante Erfahrungen in spanischen Krankenhäusern gesammelt hatte, wollte sie während ihres Praktischen Jahres gern noch mal in ein Spanisch sprechendes Land. Diesmal sollte die Herausforderung aber noch etwas größer und weiter weg von zu Hause sein: Argentina!
Organisatorisches
Über die Homepage der Universidad de Buenos Aires auf der Seite der Facultad de Medicina kann man sich direkt für ein PJ-Tertial an der Universitätsklinik Las Clinicas bewerben bzw. einschreiben: Einfach Bewerbungsschreiben ausdrucken und ausgefüllt an die Universität zurück schicken. Dafür wird eine Studiengebühr von ca. 150 Euro gefordert.
Wünscht man, an ein anderes Krankenhaus zu gehen, kontaktiert man dieses am besten per Telefon oder Email. Private Krankenhäuser verlangen allerdings von ausländischen Studenten oftmals bis zu 100-200 Euro pro Monat. Deshalb sollte man sich unbedingt vorab nach Gebühren oder sonstigen Kosten erkundigen.
Eine große Auswahl an Wohnungen und Unterkunftsmöglichkeiten findet man über Google oder auf den folgenden Homepages:
Des Weiteren sind am Schwarzen Brett in der Medizinischen Fakultät oder im Goethe Institut in der Straße Av. Corrientes oft Annoncen zu finden. Aber auch das internationale Office der medizinischen Fakultät kann einem bei der Wohnungssuche behilflich sein. Durchschnittlich ist mit einer Miete von 150-200 Euro zu rechnen.
Seit der Wirtschaftskrise 2001 ist Argentinien ein zunehmend beliebtes und vor allem günstiges Reiseland geworden. Es ist gut möglich mit nur ca. 200 Euro pro Monat auszukommen. Ein komplettes Mittagsmenü in einem netten Restaurant mit Getränk und Nachtisch kostet z.B. ca. 12-16 Peso, also umgerechnet etwa 3-4 Euro.
Meinen Flug habe ich über das Studentenreisebüro STA-Travel gebucht. Am günstigsten sind die Tarife mit Iberia oder AirItalia ab 700-900 Euro. Lufthansa, Delta und AirFrance kosten ca. 850-1000 Euro. Bei allen europäischen Airlines sind nur 20kg Reisegepäck erlaubt. Wer mehr Kilos benötigt, sollte mit Delta oder United Airlines über Amerika fliegen. Diese erlauben 2 Gepäckstücke à 32 kg.
Für die Einreise benötigt man einen noch mindestens 6 Monate gültigen Reisepass. Bei Ankunft erhält man automatisch ein Touristenvisum, das 90 Tage lang gültig ist. Wer länger als 3 Monate bleibt, muss entweder ein kostenpflichtiges Visum beantragen oder was viel einfacher ist, mit dem normalen Touristenvisum einzureisen, nach drei Monaten für ein Wochenende (z.B. mit der Fähre nach Uruguay) wieder auszureisen und so sein Visum um drei weitere Monate verlängern.
Devisen braucht man eigentlich keine mitzubringen. Überall ist es möglich mit der Kreditkarte oder sogar EC-Karte an Geldautomaten Pesos zu beziehen. Meine Bank hat allerdings pro Bezug zusätzlich eine Bearbeitungsgebühr von 5 Euro verlangt. Wenn eure Bank Filialen oder Partnerbanken vor Ort hat, besteht sogar die Möglichkeit, gebührenfrei Bargeld am Automaten abzuheben, dies gilt zum Beispiel für die Citibank.
Über das Krankenhaus
Täglich gegen 8 Uhr begann bei uns der Arbeitsalltag mit der Visite auf Station. Ähnlich wie in Deutschland waren 2 mal pro Woche die Ober- und Chefärzte dabei. Nach einem anschließenden Kaffee, ging es entweder zurück auf die Stationen oder in den OP. Operiert wurde aber an unserem Krankenhaus nur montags, mittwochs und freitags.
Im OP herrschten spezielle Hygienemaßnahmen, an die wir Deutsche uns erstmal gewöhnen mussten. So wurde der blaue, bereits getragene Amboss anbehalten und die Straßenschuhe mit Überziehern versehen. Mit Kappe und Mundschutz durfte man dann ziemlich nah an den Operationstisch und konnte so den Operationen aus der zweiten Reihe zuschauen. Steril machen durften sich die PJler leider nur sehr, sehr selten.
Dienstags und donnerstags gab es anstelle der OPs ambulante Sprechstunden, wo meistens Patienten zur Nachsorge oder Wundversorgung kamen.
Das Hospital Ramos Mejía ist zwar ein großes, öffentliches Krankenhaus, doch man merkt gleich, dass dem Staat Geld fehlt. Patienten liegen teilweise in großen Massenbettlagern (bis zu 25 in einem Raum), die Hygienemaßnahmen sind sehr bescheiden, oft fehlt medizinisches Material oder steriles Operationsbesteck, so dass nicht operiert werden kann.
Die Ärzte in Argentinien sind zwar genauso gut ausgebildet wie Europäer - 5 Jahre Uni, anschließend 1 Jahr Praktikum im Krankenhaus - dennoch ist es mir beim Anblick mancher Methoden meiner argentinischen Kollegen kalt den Rücken runter gelaufen: "Andere Länder, andere Sitten!"
Prinzipiell gab es auf Station für uns PJler leider nicht so viel zu tun. Da die Ausbildung in Argentinien bis zum Ende des Studiums sehr theoretisch gehalten ist, sollte man nicht zuviel an praktischem Einsatz erwarten. Grundsätzlich haben erst einmal die Residentes, also die Assistenzärzte Vorrang. Stationseintritte erfolgten fast immer über den Notfall und eine Anamnese war gar nicht so leicht zu erheben. Oft war die Sprachbarriere doch etwas groß, sodass ich mich freiwillig mehr auf die "handwerklichen" Sachen wie Verbandswechsel, Nähen und Gipsen beschränkte.
Empfehlenswert ist auf jeden Fall ein kleines Nachschlagewörterbuch Spanisch für die Kitteltasche. Von Thieme gibt es außerdem ein hilfreiches "Spanisch für Mediziner"-Buch, genauso wie von Lehmanns "Spanisch im klinischen Alltag". Zu der Sprachbarriere kamen am Anfang noch die ungewohnte argentinische Aussprache und gewisse Eigenarten hinzu. Doch dieses legte sich schnell. Am Ende sprach ich dann sogar fast selbst das argentinische "Castellano" und habe mich auch an das allgemeine morgendliche Begrüßungsküsschen und den obligatorischen Mate gewöhnt.
Gearbeitet wird in Argentinien bis maximal 14 Uhr. Es bestand darüber die Möglichkeit, 24-Stunden-Notfalldienste mitzumachen oder mit den Ärzten zu ihrer anderen Arbeitsstellen mitzugehen. Viele Ärzte müssen nämlich zwei Jobs annehmen, da die argentinischen Löhne an öffentlichen Krankenhäusern sehr gering ausfallen. So verdienen Ärzte im 1.Assistenzjahr etwa 250 Euro.
Wir waren aber unseren Ärzten auch nicht böse, wenn wir den freien Nachmittag zu Sightseeing oder sonstigen Freizeitbeschäftigungen nutzen konnten.
Freizeit
Argentinien ist ein wunderschönes Land und hat so viel zu bieten. Es ist fast unmöglich, alles innerhalb kurzer Zeit zu bereisen. Aber man sollte auf jeden Fall versuchen, soviel mitzunehmen, wie man kann.
Von Buenos Aires kann man problemlos mit Bus oder Flugzeug ganz Argentinien erreichen. Im Gegensatz zu anderen südamerikanischen Bussen stellen argentinische Busse richtige Luxusliner dar. Mit manchen Busunternehmen hier ist es sogar bequemer zu reisen als mit europäischen Fluggesellschaften. Super Komfort, bequeme Sitze mit enormer Beinfreiheit und auf längeren Strecken werden sogar warmes Essen und Getränke geliefert. Die Entfernungen sollten aber nicht unterschätzt werden. So braucht man von Buenos Aires nach Salta im Nordwesten 18 Stunden mit dem Bus, aber nur 2 Stunden per Flugzeug.
Doch allein in der Millionenstadt Buenos Aires, einer Stadt voller Gegensätze, kann man jeden Tag etwas Neues entdecken. Geprägt durch ihre vielen Einwanderer wirkt die Stadt sehr europäisch und modern. Rund um die Uhr gibt es hier viel zu unternehmen (Sightseeing, Theater, Oper, Kino, Bars, Tango, Discos, Caf und vieles mehr) und außerdem das beste Rindfleisch der Welt.
Buenos Aires verfügt über ein gut ausgebautes Verkehrsmittelnetz. Züge und Subte (U-Bahn) fahren tagsüber im 5-10-Minuten-Abständen bis etwa 23 Uhr. Busse fahren sogar die ganze Nacht über, ab 0 Uhr im 20-bis-30-Minuten-Takt. Das verwirrende Bussystem muss man erst einmal mit Hilfe des "Guía T", der an allen Zeitungskiosken erhältlich ist und alle Verbindungen aufführt, begreiflich machen. Die Fahrpreise für alle öffentlichen Verkehrsmittel liegen bei 20 Cent pro Fahrt. Im Bus sollte man immer Kleingeld bereithalten, da der Automat nur Münzen nimmt und der Busfahrer kein Geld wechselt. Auch wenn Busfahrten generell auch nachts möglich sind, sollte man sich in bestimmten Vierteln oder wenn man allein unterwegs ist, lieber ein Taxi nehmen. Auch eine Taxifahrt ist durchaus erschwinglich.
Was die Sicherheit angeht, ist Buenos Aires generell vergleichbar mit anderen Großstädten auf der Welt. Man sollte sich erkundigen, welche Gegenden zu meiden sind oder wo man zumindest nicht alleine durch die Gegend laufen sollte. Außer ein paar Taxifahrern, die absichtlich Umwege in Kauf nahmen, um mehr abzukassieren, habe ich während meines Aufenthaltes zum Glück keine unangenehmen Situationen erlebt. Freunden von mir wurde aber zum Beispiel in der Subte die Digi-Cam oder in der Innenstadt das Handy geklaut. Deshalb sollte Vorsicht immer geboten sein.
Argentinier sind sehr freundliche und aufgeschlossene Menschen, mit denen man sehr leicht ins Gespräch kommen kann. Ich habe leider die Erfahrung gemacht, dass es dann aber auch oft nur bei diesem ersten Gespräch bleibt. Vieles wird versprochen, aber dann nicht gehalten. Mit meinen Ärzten im Krankenhaus bin ich leider auch überhaupt nicht warm geworden und wenn, dann eben nur oberflächlich. Doch zum Glück gab es ja noch meine WG oder andere PJler, mit denen man viel unternehmen konnte.
Resümee
"Argentina es un sueño!" Das Land, das Essen, die Kultur. Der Aufenthalt in Argentinien hat mir sehr gut gefallen! Ich habe in dieser Zeit viele interessante Erfahrungen gesammelt. Buenos Aires ist eine aufregende Stadt, in der ein längerer Aufenthalt auf jeden Fall lohnt. Unbedingt sollte man sich aber auch etwas Zeit fürs Reisen einplanen, um Argentinien und vielleicht sogar seine Nachbarländer zu erkunden. Ich werde bestimmt noch mehrere Male dorthin zurückkehren.
Medizinisch gesehen hat es mich leider nicht viel weiter gebracht. Die erste Hälfte habe ich auf der Allgemeinchirurgie verbracht, wo mich zwar das Fach sehr interessiert hat, jedoch die Ärzte uns gegenüber nicht besonders freundlich waren. Etwas erklärt bekommen, haben wir eigentlich nur auf Nachfrage. Bei Visite standen wir nur in der zweiten Reihe und wurde je nach Arzt sogar ignoriert. Wenn man Glück und einen netten Assistenzarzt bzw. Oberarzt hatte, wurde ab und zu etwas erklärt.
Am Anfang war ich noch motiviert und habe viele Fragen gestellt. Aber nachdem ich nicht nur einmal eine genervte oder gar keine Antwort bekam, habe ich irgendwann auch keine Lust mehr ständig nachzuhaken.
Auf der Traumatologie hingegen war das anders! Die andere Hälfte meines Tertials verbrachte ich bei den Unfallchirurgen, die sehr nett und hilfsbereit waren und einem immer gern was erklärt haben. Der Lerneffekt war etwas größer, auch wenn wir auch hier nur selten an den OP-Tisch durften. Immerhin habe ich während meiner 12 Wochen etwas Nähen und Verbandwechseln gelernt.