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  • Lara Stracke
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  • 11.10.2017

Famulatur in der Chirurgie in Recife

Lara war für eine Chirurgie-Famulatur im Norden Brasiliens. Hier erfährst du, was sie im Krankenhaus und in ihrer Freizeit erlebt hat, warum Land und Leute sie begeistert haben und woran du unbedingt denken solltest, wenn du ein Praktikum in Brasilien planst.

Alto da Sé – der Blick über Recife. © Lara Stracke

Motivation

Nach meiner ersten Auslandsfamulatur war für mich klar, dass ich gerne noch eine Famulatur im Ausland machen möchte und zwar außerhalb Europas. Nachdem ich die erste Famulatur selbst organisiert hatte, habe ich für die zweite Famulatur entschieden, mich für einen Platz bei der bvmd zu bewerben, da ich gerne nach Brasilien wollte und dieses Land für mich vorher noch vollkommen unbekannt war. 

Bewerbung

Die Bewerbung lief über die Seite der bvmd bzw. IFMSA. Die Bewerbungsphase für Famulaturen im März findet im Mai des Vorjahres statt. Dementsprechend sollte man Famulaturen über die bvmd schon rechtzeitig im Voraus planen. Wünsche zu Ort und Fachrichtung kann man angeben, allerdings habe ich nichts davon bekommen. Letztendlich bin ich in der Chirurgie in Recife gelandet. Recife ist die fünftgrößte Stadt Brasiliens und liegt im Nordosten des Landes im Bundesstaat Pernambuco, etwa drei Flugstunden von Rio entfernt.

Sprache

Gesprochen wird in Brasilien Portugiesisch und zwar nur Portugiesisch. Bevor ich nach Brasilien geflogen bin, wusste ich, dass dort insgesamt wenig Englisch gesprochen wird. Aber, dass selbst Ärzte und Studenten wenig bis gar kein Englisch sprechen, habe ich nicht erwartet. Deshalb würde ich jedem empfehlen, der zur Famulatur nach Brasilien geht, so viel Portugiesisch wie möglich zu lernen. Die Brasilianer freuen sich über jedes Wort Portugiesisch, das man spricht und helfen einem, wo es nur geht. Medizinische Begriffe sind häufig ähnlich zu den deutschen Fachbegriffen, was das Verständnis z.B. von radiologischen Berichten erleichtert.

Formalitäten

Ein Visum war für die Famulatur nicht notwendig. Es gibt wohl ein paar Studentenwohnheime, für die eins benötigt wird, falls man dort wohnen möchte. Eine Auslandskrankenversicherung würde ich auf jeden Fall vorher abschließen. Es gibt von der „Deutschen Ärzte Finanz und der Deutschen Ärzteversicherung“ ein Versicherungspaket extra für Famulaturen, das aus Krankenversicherung-, Haftpflicht- und Unfallversicherung, je nach Bedarf, bestehen kann.

Geld

In Brasilien zahlt man mit Reais (1 Real). Als ich in Brasilien war, entsprach 1€ circa 3,3 Reais. Ich habe vorher schon etwas Geld bei der Reisebank gewechselt, damit ich vor Ort ein bisschen Bargeld dabei habe, vor allem, weil ich wusste, dass ich innerhalb Brasiliens noch umsteigen muss. Mir wurde davon abgeraten, am Flughafen Geld zu tauschen, da der Kurs dort immer wesentlich schlechter ist. Die Reisebank bietet an, Geld, das am Ende übrig bleibt, ohne Wechselgebühren wieder zurück zu tauschen.

Ausgenommen von importierten Produkten, vor allem auch Kosmetikprodukte, waren die meisten Sachen günstiger als in Deutschland. Einen Caipirinha bekommt man zum Beispiel umgerechnet für 2-3 €. Ich würde dazu raten, Sonnencreme und ähnliches selbst mitzubringen, weil es sonst wirklich teuer werden kann.

Sicherheit

Sicherheit ist in ganz Brasilien ein großes Thema, besonders natürlich in den Großstädten wie Rio de Janeiro und auch Recife. Mir wurden diesbezüglich einige Tipps gegeben, an die ich mich auch gehalten habe. Handy und Geld bleiben in der Tasche während man sich auf der Straße bewegt. Außerdem: immer etwas Bargeld griffbereit in der Hosentasche haben, falls man doch in die Situation eines Überfalles kommen sollte. Nachts nicht alleine durch die Straßen gehen und auch tagsüber aufmerksam bleiben und einsame Straßen besser meiden. Außerdem natürlich von Favelas fern halten. Für abends hatte ich ein altes Handy dabei und habe mein Smartphone dann lieber zuhause gelassen. Meine Kamera hatte ich auch mit, allerdings habe ich diese nicht in der Kameratasche mitgenommen, sondern in einem Stoffbeutel. Für Geld und Papiere hatte ich eine dünne Bauchtasche eingepackt.

Sonnenuntergang am Strand. © Lara Stracke

Gesundheit

Recife zählt zu den Gebieten, in denen Dengue und Chikungunya sehr verbreitet sind. Daher hatte ich zwei Flaschen AntiBrumm dabei, was ich nur weiterempfehlen kann. Dagegen gehört Recife nicht zum Gelbfieber- und Malariagebiet. Eine Malariaprophylaxe hatte ich nicht mit, habe mich aber gegen Gelbfieber impfen lassen und außerdem gegen Hepatitis A, Typhus und Tollwut sowie natürlich nochmal alle für Deutschland sowieso erforderlichen Impfungen überprüfen lassen. Das hängt natürlich auch davon ab, in welche anderen Städte oder Regionen man in Brasilien reisen möchte. Das Krankenhaus fordert aber keine bestimmten Nachweise oder Impfungen.

Unterkunft

Dadurch, dass der Austausch über IFMSA lief, musste ich mich selbst um keine Unterkunft kümmern. Gewohnt habe ich bei einer brasilianischen Medizinstudentin und ihrer Schwester in Derby direkt neben den Unigebäuden einer der Privatuniversitäten. Daher waren in den Straßen auch immer viele Leute unterwegs, weswegen man sich dort nicht unsicher fühlen brauchte und sich tagsüber problemlos auch alleine bewegen konnte.

Mitnehmen

Für das Krankenhaus brauchte ich Kittel, Stethoskop, lange Hose und feste Schuhe, wobei Farbe und Aussehen dafür egal waren. Letztendlich wurde darauf auch kein Wert gelegt. Man hat nicht wenige Ärzte und Pfleger auch in offenen Schuhen rumlaufen gesehen. Dann hatte ich noch Antimücken-Spray dabei (s.o.), was sich als wirklich nützlich herausgestellt hat. Sonnencreme darf auch nicht fehlen und man sollte auf gar keinen Fall daran sparen. Aber das, was ich persönlich am wichtigsten fand, war Handdesinfektionsmittel. Ich hatte zwei große Flaschen Sterilium eingepackt und war sehr froh darüber, denn im Krankenhaus gab es keins, weder im OP noch in der Notaufnahme. 

Außerdem hatte ich noch ein kleines Portugiesischwörterbuch dabei, das super in die Kitteltasche gepasst hat. An Fachbüchern hatte ich nichts dabei, schon allein weil ich gar keinen Platz mehr im Gepäck dafür gehabt hätte. Zudem gibt es die meisten Bücher ja mittlerweile auch in digitaler Form. Ansonsten würde ich auf jeden Fall freien Platz für Souvenirs, Havaianas etc. im Koffer lassen. Da es in Recife konstant das Jahr über 30°C sind, würde ich auf jeden Fall viele kurze Sommersachen einpacken.

Reise

Ich bin wahrscheinlich etwas umständlicher geflogen als es hätte sein müssen, allerdings war das der Tatsache geschuldet, dass ich an relativ fixe Daten gebunden war. Daher bin ich von Düsseldorf über Rom und Rio nach Recife mit AirBerlin/Alitalia/Tam geflogen und zurück von Recife über São Paulo und Amsterdam nach Düsseldorf mit GOL/KLM. Durch das Umsteigen ist man dann auch gute 24 Stunden unterwegs. Zudem muss man in Rio bzw. generell sobald man das erste Mal in Brasilien landet sein Gepäck abholen, durch Pass- und Zollkontrolle und dann wieder zum Check-In, was bei mir zeitlich noch so eben gepasst hat, jedoch aufgrund von Verspätungen sehr knapp geworden ist und auch ehrlich gesagt ziemlich anstrengend sein kann. Von Frankfurt gibt es aber auch die Möglichkeit mit Condor direkt nach Recife zu fliegen. Am Flughafen wurde ich von meiner Gastfamilie abgeholt. Für den Flug habe ich ca. 1100€ gezahlt, wobei ich den Flug auch erst Anfang Januar buchen konnte, da die IFMSA erst dann die Städtezuteilung bekannt gibt.

Verkehr

Ein wirklich sehr interessantes Thema in Recife: Es gibt ein Bussystem mit Bussen, die mal mehr oder weniger zuverlässig fahren. Zudem habe ich mir sagen lassen, dass es eher sichere und eher unsichere Busse gibt. Die Medizinstudenten dort nutzen keine Busse und haben auch mir von zumindest einem Teil der Busse abgeraten (unter anderem auch von dem, der zum Krankenhaus fährt). Ich hatte das Glück, dass mich eigentlich immer irgendwer abgeholt und zurückgebracht hat. Ansonsten gibt es auch noch die App „Uber“, die von vielen Studenten dort genutzt wird.

Ich bin zum Beispiel auch schon in Paris Auto gefahren, was schon dort wirklich keinen Spaß macht, in Recife habe ich mich ehrlich gesagt nicht getraut, selbst zu fahren. Die meisten Leute fahren dort wie Verrückte, egal ob Auto-, Roller-, Bus- oder Taxifahrer, wobei letztere die Schlimmsten sind. Vorfahrt hat man nicht, man nimmt sie sich einfach. Teilweise weiß man nicht, wie viele Spuren eine Straße hat, gerne wird auch mal der Bürgersteig dazu genommen. Jeder versucht sich irgendwo durchzudrängeln und zwischen den ganzen Autos laufen noch die Straßenverkäufer hin und her. Während der Autofahrt habe ich kaum Unfälle gesehen, dafür aber in der Traumatologie im Krankenhaus.

Das Hospital Otávio de Freitas. © Lara Stracke

Das Krankenhaus

Die meiste Zeit habe ich im Hospital Otávio de Freitas, einem öffentlichen Krankenhaus in Recife, verbracht. Das Krankenhaus lag von meiner Unterkunft gesehen am anderen Ende der Stadt und grenzt auf der einen Seite an ein Gefängnis und an der anderen Seite an eine Favela. Wie in jedem öffentlichen Krankenhaus gibt es reichlich bewaffnetes Sicherheitspersonal und für Besucher auch Taschenkontrollen. Die Standards, was Ausstattung und Hygiene betrifft, unterscheiden sich sehr stark von deutschen Krankenhäusern, was vor allem daran liegt, dass für öffentliche Krankenhäuser nicht genug Geld zur Verfügung steht. 

Daher wird der meiste Papierkram dort auch noch per Hand erledigt, was jeden Tag unglaublich viel Zeit in Anspruch nimmt und dazu führt, dass jeder Patient mit einem Haufen an Zetteln und auch überraschend vielen Röntgenbildern in die Notaufnahme kommt. Da es für Patienten, die zum Beispiel mit einer Appendizitis oder anderen akuten Problemen eingeliefert werden, keine Betten gibt, verbringt der Großteil der Patienten die Nächte auf Liegen in den Fluren, was für mich persönlich am ersten Tag einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat.

Die Famulatur

Am Anfang war ich die meiste Zeit in der chirurgischen Notaufnahme oder im OP. Später konnte ich auch mit in die Traumatologie in einem anderen Krankenhaus gehen, wo ich auch mal die ein oder andere Nacht verbracht habe, was gerade als Student super spannend sein kann. Außerdem habe ich vor allem die letzten zwei Wochen noch viel Zeit in der „Área vermelha“ verbracht, was ursprünglich mal für die Aufnahme von den „Red flags“ gedacht war, aufgrund des Platzmangels aber gleichzeitig zur Intensivstation für diese Patienten geworden ist. Insgesamt habe ich während meiner Zeit in Brasilien vier verschiedene öffentliche Krankenhäuser kennengelernt. 

In der chirurgischen Notaufnahme beginnt der Tag um 8 Uhr, je nach Tag aber auch mal früher oder später. Da ich von einem der Studenten mitgenommen wurde, war ich meistens von 8 bis 17 Uhr im Krankenhaus. Als erstes werden morgens nochmal die Patienten untersucht, die an dem Tag operiert werden sollen, um so den endgültigen OP-Plan zu bestätigen. Je nach OPs gehen dann 2-3 der Studenten in den OP, um dort zu helfen. Studenten halten im OP nicht nur Haken, sondern reichen auch das OP-Besteck an. Wenn man mit am Tisch stehen möchte, ist das kein Problem, allerdings sollte man sich die Vokabeln für das Besteck vorher anschauen. Die meisten OPs waren mit Abstand Appendektomien. 

In der chirurgischen Notaufnahme waren vor allem Patienten mit abdominellen Beschwerden: Appenizitis, Hernien, Cholezystitis etc. Da ich persönlich kein großer Chirurgie-Fan bin, ist es manchmal etwas langweilig geworden. Dann bin ich meistens in die „Área vermelha“ gewechselt, da man dort Patienten aus allen Fachrichtungen sehen konnte. Insgesamt durfte ich wirklich viel machen und habe auch viel gelernt, gerade auch, weil man Krankheitsbilder oder Verletzungen sieht, die in Deutschland eher seltener vorkommen. Je besser das Portugiesisch, desto einfacher ist es natürlich, da manche Ärzte nur Portugiesisch sprechen und dadurch auch nur auf Portugiesisch anleiten können. Essen gab es im Krankenhaus für Mitarbeiter umsonst. Das brasilianische Essen - nicht nur das im Krankenhaus - besteht meistens aus Reis, Bohnen und Fleisch, was wenn man es wirklich jeden Tag isst gewöhnungsbedürftig sein kann.

Brasiliens wunderschöne Strände. © Lara Stracke

Land, Kultur und Freizeit

Flächenmäßig ist Brasilien das fünftgrößte Land der Welt. Flüge innerhalb des Landes sind oft gar nicht so günstig wie erwartet, da die Distanzen zwischen den Städten sehr groß sind. In Recife selbst lohnt es sich, die Altstadt „Recife antigo" anzuschauen und die Strandpromenade in Boa Viagem. Nicht weit von Recife befindet sich Olinda. Von dem kleinen Teil der Stadt „Alto da Sé“ hat man wirklich einen wunderschönen Blick über die Küste Recifes. Der Nordosten Brasiliens ist bekannt für seine Strände. Im März beginnt in Recife die Regenzeit, die sich zwischendurch immer mal wieder bemerkbar gemacht hat. Dennoch gab es genug sonnige Tage, um viele verschiedene Strände der Region kennenzulernen.

Fazit

Es waren tolle Wochen und für mich eine einmalige Erfahrung. Ich hatte vorher überhaupt keine Ahnung, was mich erwartet und war, bevor ich geflogen bin, unglaublich aufgeregt. Ich bin so froh, mich für dieses Land entschieden zu haben und bin auch sehr glücklich darüber, wo ich letztendlich gelandet bin. Auch wenn gerade Allgemeinchirurgie weiterhin nicht zu meinen Lieblingsfächern zählt, habe ich dort und auch in der Traumatologie wirklich viel gelernt. Ich habe tolle Menschen kennengelernt, neue Freunde dazu gewonnen und bin mit einer Menge schöner und besonderer Erinnerungen zurückgeflogen und möchte natürlich wiederkommen.

 

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