• Bericht
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  • Ernst Mayerhofer
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  • 19.07.2016

Famulatur in der Flughafenklinik Frankfurt: Zwischen Hausarzt und Herzinfarkt

Der Flughafen Frankfurt am Main ist Deutschlands größter Flughafen. Es ist also naheliegend, dass ein so großer Betrieb medizinische Versorgung benötigt. Ernst hat in der Flughafenklinik famuliert und berichtet hier über seine Erlebnisse.

© tourismus frankfurt

Mit 61 Millionen Passagieren im Jahr und über 80.000 Mitarbeitern ist der Frankfurter Flughafen der drittgrößte in Europa. Die Frankfurter Flughafenklinik leistet für Passagiere und Beschäftigte primärmedizinische Versorgung. Bei einem medizinischen Zwischenfall erheben zunächst Krankenschwestern und -pfleger die Anamnese und bestimmen die Vitalparameter.

Danach sichtet der diensthabende Notarzt die Patienten und ordnet die Therapie an. Bei blutigen Angelegenheiten wird der Unfallchirurg hinzugezogen. Die Rettungskräfte liefern Patienten vom Vorfeld an. Meistens können die Patienten schnell wieder entlassen werden, manchmal bleiben sie jedoch auch mehrere Stunden in der Ambulanz.

Flugpassagiere aus aller Welt konsultieren die Ärzte am Frankfurter Flughafen und müssen im Hinblick auf ihre Flugtauglichkeit untersucht werden. Wichtig ist, dass die Patienten kurzfristig wieder fit werden und weiterfliegen können. Einige Patienten bekommen eine Kurzinfusion gegen Übelkeit und Erbrechen, um ihre Reise fortsetzen zu können. Andere wiederum müssen eine von der Airline angeordnete sogenannte "Fit-to-fly" Untersuchung machen, um einer ungeplanten Zwischenlandung vorzubeugen.

Anders als in der ambulanten und stationären Regelversorgung wird hier zielbasiert auf die Flugtauglichkeit eines Patienten hingearbeitet: es geht meistens um die bevorstehende (Weiter)reise. Es erfordert viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung der hier tätigen Ärzte, um zu entscheiden, ob der Patient fliegen kann bzw. darf oder nicht.

Die ausgesprochene Empfehlung hat weitreichende Folgen für die finanzielle und persönliche Situation der Patienten: eine Familie mit 7 Mitgliedern an der Weiterreise nach Los Angeles zu hindern, könnte einerseits absolut notwendig sein (z.B. bei Verdacht auf Meningitis), andererseits aber große Unannehmlichkeiten nach sich ziehen. In solchen Fällen sind Patienten entweder froh oder enttäuscht, (k)eine Reiseversicherung abgeschlossen zu haben.

Ein spezieller Fall ist mir im Kopf geblieben: eine junge Frau kam aus Mittelamerika und wollte nach Portugal weiterfliegen. Sie wurde von Sanitätern gebracht, weil sie erbrochen hatte und vegetative Symptomatik (Angst, Schwitzen, Zittern, Atemnot) zeigte. Bei näherer Befragung stellte sich heraus, dass sie längere Zeit höhere Mengen Marihuana konsumiert und vor drei Tagen damit aufgehört hatte. 

Es wurde schnell klar, dass sie durch den Marihuana-Entzug, kombiniert mit dem langen Flug, eine Entzugssymptomatik zeigte. Da es ihr wirklich schlecht ging, bekam sie mehrere Infusionen mit Beruhigungsmittel und konnte sich in der abgedunkelten Kabine stundenlang ausschlafen. Ihr Zustand verbesserte sich schließlich, so dass sie ihre Weiterreise antreten konnte.

Ein weiterer Aufgabenbereich ist die Impfberatung. Die Flughafenklinik ist eine Außenstelle des Gesundheitsamts Frankfurt und eine eingetragene Gelbfieberimpfstelle. Die Gelbfieberimpfung ist eine Lebendimpfung, die nicht von jedem Arzt verabreicht werden darf. Diese Impfung wird von einigen Staaten im tropischen Afrika vor der Einreise für den Visumantrag benötigt. In der Flughafenklinik können alle Impfungen direkt durchgeführt werden und Auskunft über wichtige Tropenkrankheiten (Malaria, Dengue, Ebola, etc.) eingeholt werden.

Der diensthabende Notarzt kann direkt auf das Vorfeld oder sogar ins Flugzeug geholt werden. Häufige medizinische Notfälle am Flughafen sind Lungenembolien, bei denen die Patienten nach der Landung meist noch im Flugzeug leblos zusammenbrechen. Dann entscheiden Minuten über Leben und Tod.

Fazit

Meine Famulatur war ein voller Erfolg. Ich habe viel gelernt und wurde direkt ins Team integriert. Zu Beginn wurden mir die Abläufe und Örtlichkeiten erklärt. Zu meinen Aufgaben gehörten eine zielgerichtete Anamnese und körperliche Untersuchung durchzuführen sowie Diagnose- und Therapievorschläge zu machen. Außerdem wurde ich mit den Diagnostikmethoden vor Ort vertraut gemacht (Ultraschall, Point of Care Labordiagnostik, Röntgen). Schließlich konnte ich Patientenfälle im EDV-System unter Supervision dokumentieren.

Einziger Wermutstropfen: aufgrund der erhöhten Sicherheitsbestimmungen am Flughafen durfte ich nicht im Rettungswagen mitfahren. Insgesamt kann ich die Flughafenklinik Frankfurt nur empfehlen und bin dem Team dankbar für den netten Empfang und die lehrreiche Zeit.

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