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- Ulrike Ahlfeld
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- 22.04.2009
Famulatur in der gastroenterologischen Chirurgie
Freundliche Ärzte, flache Hierarchien und das alles in einem wunderschönen Land. Die Famulatur in Finnland hat sich auf jeden Fall gelohnt!
Foto: Galyna Andrushko/shutterstock
Meine Motivation, nach Finnland zu gehen
Ich habe Finnland gewählt, weil die skandinavischen Länder sehr beliebt sind und ich die Chance, einen Platz in Schweden zu bekommen, als sehr gering eingestuft habe. Nein, ich wollte nach Finnland, da ich durch frühere Brieffreundschaften und durch den Schulunterricht auf das Land aufmerksam geworden bin! Ausserdem ist die Natur mit ihren endlosen Wäldern und zahlreichen Seen wunderschön. Finnland hat auch einige sportliche Erfolge vorzuweisen, die mich neugierig gemacht haben, dieses Land einmal zu besuchen.
Da ich mir nicht sicher war, diesen Platz zu bekommen, hatte ich mich zudem auch für die Schweiz und Österreich beworben. Um so grösser war natürlich der Jubelschrei , als ich die Zusage für Finnland in der Hand hatte.
Die Vorbereitungen auf Finnland
Die Vorbereitungen sind bei mir aufgrund von privaten Aufgaben relativ zu kurz gekommen. Zumindest was das Planen von Ausflügen in Finnland angeht.
Die finnischen LEOs (Local Exchange Officer) sind echt schnell, so dass ich meine Unterlagen so gegen Mai bekommen hatte. Meine Fragen sind von den LEOs umgehend per email beantwortet worden. Keine Scheu vor Fragen, auch wenn sie noch so dumm klingen sollten. Die Leute haben vollstes Verständnis dafür!
Man braucht für Finnland einen MRSA-Test [NAchweis von Methicillin-resistenten Staphyl. aureus, Anm. der Redaktion], den ich kostenlos bei meinem Hautarzt machen konnte. Und zu meinem Erstaunen musste ich diesen auch der Sekretärin der Chirurgie vorzeigen. In anderen Bereichen ist dies nicht der Fall gewesen. Aber sicher ist sicher und ich würde jedem raten, vorher einen Test machen zu lassen.
Die benötigte Kranken-und Unfallversicherung habe ich mir bei der Deutschen Ärzteversicherung besorgt, der Preis lag bei 19€ pro Monat.
Ich bin von Hamburg nach Tampere geflogen. Als Alternative kann man auch von Helsinki den Zug nach Tampere nehmen, was ca. 2 Stunden dauert.
Kommunikationsprobleme gab es keine
Die anfängliche Skepsis, ob man ohne Finnisch dort überhaupt überleben kann, verflog gleich bei meiner Ankunft.
Ich wurde in fließendem Englisch von meiner "contact-person" begrüsst. Unsere finnischen Studenten und auch die Ärzte in der Klinik konnten nahezu perfekt Englisch sprechen; auch der Rest der Bevölkerung in Finnland konnte relativ fliessend Englisch sprechen. Ab und zu fand sich jemand, mit dem man sich auf deutsch unterhalten konnte.
Die Kommunikation zwischen uns exchange students war manchmal echt verwirrend und super witzig. Aber letztendlich haben wir uns doch immer wieder verstanden.
Der Klinikalltag
Ich hatte einen Platz in der gastroenterologischen Chirurgie bekommen. Jeder Tag begann mit der obligatorischen Kaffeepause um ca. 8Uhr. Dort tauschte man sich über die Geschehnisse des vorigen Tages aus und besprach das OP-Programm.
Anschliessend war Visite. Dort konnte ich die Patienten kennenlernen, die oft nur wenige Tage auf der Station lagen. Die einzelnen Fälle wurden besprochen. Bei Unklarheiten konnte ich natürlich Fragen stellen. Aber auch die Ärzte haben hin und wieder mein Wissen geprüft. Keine Angst vor dummen Fragen und falschen Antworten! Die Leute sind echt nett und keiner wird dort ausgelacht!
Nach der Visite konnte ich entweder mit in den OP, zur Endoskopie oder Laparaskopie gehen.
Die OPs waren richtig toll! Ich durfte mit an den Tisch stehen und bei "einfachen" Eingriffen auch assistieren. Die Ärzte haben mir alles gezeigt und erklärt, was sie bei der jeweiligen OP machen. Die OPs sind recht "abwechslungreich" gewesen: von einer simplen Appendektomie bis hin zur Whipple-OP ist alles dabei gewesen. Wir hatten eine Menge Spass während der Operationen, denn zwischendurch ist immer wieder der eine oder andere Witz gefallen.
Zu meinem Erstaunen werden die Endoskopien in Finnland nur von Chirurgen durchgeführt. Ich konnte mir in diesen 4 Wochen zahlreiche ERCPs und Gastroskopien anschauen und natürlich auch Fragen über Fragen stellen.
Flache Hierarchien
Das Arbeitsklima war einfach prima. Eine bestimmte Hierarchie, wie sie in vielen deutschen Kliniken vorherrscht, gab es nicht und jeder hat jedem die Tür aufgehalten. Die Schwestern haben einen immer freundlich begrüsst und einem mit dem einen oder anderen Mittelchen ausgeholfen, wenn man mal gekränkelt hat. Die Ärzte hatten auch vollstes Verständnis gehabt, wenn man ab und zu etwas früher die Station verlassen hat um den Nachmittag mit den anderen exchange students zu verbringen.
Unterkunft und Verpflegung
Meine Unterkunft war sehr gemütlich. Ich habe sie mir mit einer japanischen Studentin geteilt, die immer nett und freundlich gewesen ist. Die Kommunikation mit ihr war nicht immer einfach, aber wir haben uns trotzdem verstanden. Wir hatten eine grosse Küche, ein Bad und ein Zimmer gehabt, wo wir beide geschlafen haben.
Die Verpflegung war top! Das Frühstück konnte man sich eigentlich sparen, da es ein riesiges Mittagessen in der Mensa gab. Dafür haben wir von unseren LEOs Essenmarken bekommen. Das beste Mensa-Essen, was ich je hatte: Salat, Hauptmahlzeit, Dessert, Tee und Kaffee. Und nicht zu vergessen die leckeren Cookies.
Für den Rest des Tages und auch für das Wochenende geb es in kleines Taschengeld.
Die Freizeit war bestens organisiert!
Nach dem Mittagessen war Treffen in der Bibliothek angesagt, um den kostenlosen Internetzugang zu nutzen und um die Kontakte nach Hause zu pflegen. Dann haben wir uns meistens für den Nachmittag verabredet. Jeden Tag stand etwas anderes auf dem Programm. Wir haben die Stadt und die Umgebung auf unseren Rädern erkundet. Die haben wir allerings erst später bekommen, da unsere "Vorgänger" nicht so gut mit ihnen umgegangen sind und sie erst repariert werden mussten.
Menschen aus aller Welt im Café Europe
Sehr empfehlenswert ist das Café Europe, wo sich Leute aus der ganzen Welt treffen und man gemütlich über dies und jenes plaudern kann. Das Tag- und Nachtleben ist recht vielfältig und es gibt dort eine Menge zu sehen: von einer einfachen Strassenparade über eine "Night of Events" bis hin zum grossen Feuerwerk war alles dabei.
Ausflüge in die Umgebung
Man kann von Tampere aus schöne Ausflüge per Schiff machen, über die man sich am besten bei der "tourist information" informiert.
Am liebsten sind wir an den See bzw. Strand gefahren und dort schwimmen gegangen. Am Anfang konnten wir uns noch in der Sonne aalen, aber es wurde dann von mal zu mal kühler. Am Strand haben wir oft ein Feuerchen gemacht und uns mit anderen finnischen Studenten getroffen. Wir haben Sausages gegessen , viel miteinander erzählt, zusammen Lieder gesungen und Spiele gespielt.
Ein MUSS: die Sauna
Es ist ein MUSS in die Sauna zu gehen, wenn man in Finnland ist. Es macht tierischen Spass und ist total anders als in Deutschland. Aber Vorsicht: bei uns hatte es alle nach und nach mit einer Erkältung und Co erwischt, nachdem wir in der Sauna gewesen sind. Aber man muss es trotzdem mal geniessen und ausprobieren.
Ein weiteres Muss ist Joggen! Wohin man auch schaut, man sieht immer Leute, die Walken oder Joggen. Und in der wunderschönen Natur macht es doppelt soviel Spass.
An einem Wochenende hatten wir alle anderen exchange students aus Finnalnd getroffen und 3 wunderschöne Tage in Tampere verbracht. Wir haben u.a. eine Seightseeing-Tour gemacht, sind Rudern gegangen und haben einen Freizeit-Park besucht.
Lappland besuchen
An unserem vorletzten Wochenende sind wir nach Lappland gefahren, was wirklich eine Reise wert ist! Unendliche Wälder und viele Seen sind ein Augenschmaus! Man kann dort toll wandern und wenn man viel Glück hat, kann man sogar wilde Rentiere sehen.
Weitere empfehlenswerte Reiseziele, die wir zum Teil besucht haben: Helsinki, Turku, Stockholm, Rovaniemie, Oulu und auch Tallin.
All in all
Im Großen und Ganzen war es ein wunderschöner Monat und ich bin froh, diese Erfahrung gemacht zu haben. Es ist ein unvergessliches Erlebnis, so viele Leute aus der ganzen Welt an einem einzigen Ort kennengelernt zu haben.
Neben neuer fachlichen Kenntnisse habe ich vor allem das menschliche Miteinander schätzen gelernt! Ich kann jedem nur eine Auslandsfamulatur empfehlen, da es seine einzigartige Erfahrung ist.
Trotz anfänglicher Skepsis wurden alle meine Erwartungen voll erfüllt und ich kann die finnischen Studenten nur loben. Sie haben sich jederzeit um uns gekümmert und wenn es Probleme gab, standen sie uns immer mit Rat und Tat zur Seite.
Finnland ist ein tolles Land, in dem man viel erleben kann.
Adresse und Kontakt
Tampereen Yliopistolinnen Sairaala
Teiskontie 35/ PL 2000
33521 Tampere
Finnland
Bei Fragen könnt Ihr mir gerne eine mail schicken: