- Bericht
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- Tobias Spitzner
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- 22.04.2009
Famulatur Unfallchirurgie/Orthopädie in Südtirol, Italien
Gut erinnere ich mich noch an die Tage nach dem bestanden Physikum. Überschwängliche Freude, Erschöpfung und Stolz über das Geleistete erfüllten mich zu dieser Zeit. Doch ein weiterer Gedanke kam schnell auf. Wo machst Du Deine erste Famulatur? Nach dem ersten klinischen Semester im März 2009 sollte es soweit sein. Und was bietet sich im Winter für einen begeisterten Snowboardfahrer mehr an, als eine Famulatur mit Wintersportmöglichkeit?
Bergbahnen Kronplatz - Alle Fotos von Tobias Spitzner
Bewerbung - schnell und unkompliziert
Im Oktober 2008 schrieb ich meine ersten Bewerbungen für eine Famulatur. Ein paar E-Mails in die Schweiz brachten bald Gewissheit - für eine Famulatur im März 2009 ist die Bewerbungsfrist zu knapp.
Da erinnerte ich mich an einen Sommerurlaub vor zwölf Jahren in Südtirol. Famulieren und die faszinierende Bergwelt der Dolomiten genießen - dieser Gedanke gefiel mir! Also recherchierte ich ein paar Abende im Internet nach Krankenhäusern in dieser Gegend und begann, meine Bewerbungen zu verschicken.
Innerhalb kürzester Zeit hatte ich zwei Zusagen - eine aus Bruneck und eine aus Brixen. Die Zusage aus Bruneck erhielt ich zuerst. Nach einigen Telefonaten mit Ärzten und Verwaltung hatte ich auch die schriftliche Zulassung zu einer Famulatur in der Orthopädie/Traumatologie in meinem Briefkasten.
Der Famulaturplatz war ein Glücksfall, wie sich später herausstellen sollte!
Die Unterkunfts-Suche war nochmals mit Internetrecherchen und Telefonieren verbunden. Doch auch hier hatte ich Erfolg: Schon bald wurde mir die Zusage für eine Ferienwohnung zum Spezial-Festpreis gegeben, die nur drei Minuten vom Krankenhaus entfernt liegt.
Schloß Bruneck
Es ist soweit - meine erste Famulatur
Am 28.02.2009 machte ich mich dann bepackt mit Lehrbüchern, Snowboard und Rennrad auf den Weg über den Brenner ins Pustertal nach Bruneck.
Dank eines kurzen Besuchs im Krankenhaus gleich am Ankunftstag erfuhr ich, dass ich am Folgetag um 7.30 Uhr zur Morgenbesprechung kommen sollte. "Alles Weitere sehen wir dann schon", hieß es. Also machte ich mich am Montagmorgen kurz nach 7 Uhr auf den Weg zum ersten Famulaturtag meines Lebens. Ich war der Erste an diesem morgen, nach und nach trafen auch meine ärztlichen Kollegen ein.
Schon beim Vorstellen war zu spüren, dass alle Ärzte sehr freundlich waren. Nach der halbstündigen Besprechung musste ich mir meine Mietwäsche, einen Spind und eine Stempelkarte besorgen, bevor ich dann im sogenannten Gipsraum, der vergleichbar mit einer Unfallchirurgischen Notaufnahme ist, den Ärzten über die Schulter schauen konnte. Da die Ski-Saison in Bruneck im März noch in vollem Gang ist, war im Gipsraum immer Hochbetrieb, vorzugsweise mit verunglückten Hobbywintersportlern. Gegen 12 Uhr konnte ich mich erstmalig von der wirklich sehr guten Küche des Krankenhauses Bruneck überzeugen. Reichhaltig, lecker, abwechslungsreich und für mich als Famulant kostenfrei - viel besser geht es nicht! Zum Abschluss meines ersten Tages durfte ich dann noch mit in den OP: Ein frakturierter Unterschenkel war zu verplatten. Im Anschluss gab es die obligatorische Röntgenbesprechung, bevor ich gegen 16.30 Uhr, vollgepackt mit vielen neuen Eindrücken und begeistert über die Freundlichkeit (von der Verwaltungsangestellten, über die Schwestern und Pfleger in Gipsraum, vom OP- und Anästhesie-Personal bis hin zu Assistenz-, Ober- und Chefärzten) nach Hause ging.
Herzlichen Dank an dieser Stelle nochmals an Dr. Mauro Martin, der sich die ersten Tage ganz von sich aus um mich gekümmert und mir so geholfen hat, mich schnell im Krankenhaus zurecht zu finden.
Die nächsten Tage waren dann von vielen Erlebnissen im OP geprägt. Bei Hüftprothesen musste ich die Kraftausdauer meiner Oberarme unter Beweis stellen. Aber es gab auch genügend Eingriffe, bei dehnen ich als erster Assistent freien Blick auf das OP-Gebiet hatte.
Wintersport am Wochenende groß geschrieben
So verging die erste Woche wie im Flug und das Wochenende stand vor der Tür. Pünktlich zum Freitag gab es Sonnenschein pur. Also verbrachte ich das komplette Wochenende auf dem Kronplatz mit Snowboarden, Sonnen und Relaxen. Der Abend durfte natürlich nicht ohne Après-Ski zu Ende gehen. Mit neu gewonnen Freunden und mir bisher völlig unbekannten Getränken erlebte ich viele schöne Stunden, die mir sicher lange in Erinnerung bleiben werden.
Meine ersten selbständigen Behandlungsversuche
Ab der zweiten Famulaturwoche konnte ich immer mehr Tätigkeiten alleine übernehmen. Im Gipsraum bestand meine Hauptaufgabe darin, die Erstanamnese der Patienten zu erfragen und die jeweiligen Röntgenanforderungen auszustellen. Aber auch Infiltrationen von Knie- und Schultergelenken durfte ich selbständig durchführen.
Im OP gab es weiterhin das gesamte Spektrum der Unfallchirurgie zu operieren. Außerdem wurde mir das Nähen beigebracht. Während ich mit meinen ersten Nähversuchen noch die Geduld der OP-Pfleger und der Anästhesisten auf die Probe stellte, habe ich später im kleinen OP-Saal der Notaufnahme Wundversorgungen alleine durchgeführt. Ein wenig komisch ist es schon, wenn man dann als Famulant mit einem Pfleger alleine ist und einen Patienten behandeln soll, ohne dass ein Arzt neben einem steht, den man bei Problemen heranziehen kann. Dein einziger Freund in diesen Situationen ist die Schwester oder der Pfleger, die Dir assistieren. Daher mein Tipp: Verscherzt es Euch als Famulanten nie mit dem Pflegepersonal!
Geschafft - eine 8cm Schnittwunde fachmännisch versorgt!
Noch mehr Wintersport durch Spätdienst
Nach dem ich die Hälfte meiner Famulatur geschafft hatte, erhielt ich Unterstützung von zwei weiteren Famulantinnen aus Deutschland. Damit wir uns nicht gegenseitig im Weg rumstanden, teilten wir uns die Zeit in der Klinik auf. Da ich in meinen ersten zwei Wochen hin und wieder länger geblieben war, wenn nachmittags zusätzliche OPs anstanden, durfte ich nun den Spätdienst übernehmen. In Deutschland vielleicht wenig beliebt, war für mich der Spätdienst äußerst angenehm. Konnte ich doch so bis in die frühen Nachmittagsstunden Snowboard fahren und das traumhafte Wetter genießen, welches meine Famulatur begleitete.
Dolomitenimpressionen
So kurz kann ein Monat sein
Wer sich so wohl fühlt, wie ich im Krankenhaus Bruneck, für den vergeht ein Monat Famulatur viel zu schnell.
Am letzten Tag hieß es für mich, noch einmal im OP vorbeischauen, ein paar Stunden im Gipsraum helfen und Stempelkarte, Spind und Mietwäsche zurückgeben. Nach dem Mittagessen war es dann soweit: Ich musste mich von allen verabschieden! Leicht ist es mir nicht gefallen mit gepacktem Auto wieder in Richtung Brenner aufzubrechen! Doch rundum positive Erinnerungen und viele neue praktische und theoretische Kenntnisse durfte ich mit nach Hause nehmen.
Tipp: Alleine ins Ausland
Mit Sicherheit wird diese Famulatur nicht meine letzte Auslandsfamulatur bleiben. Viele englischsprachige Länder stehen für ein weiteres Praktikum zur Auswahl. Ich kann in diesem Zusammenhang nur jedem empfehlen Famulaturen im Ausland zu absolvieren. Wagt Euch dabei durchaus auch alleine auf Reisen. Die ersten Tage müsst Ihr Euch dann zwar ohne die Hilfe eines Mitstreiters durchkämpfen und Ihr müsst auf andere Menschen zugehen um Kontakte knüpfen. Wenn es dann wieder nach Hause geht habt Ihr aber mit Sicherheit viel für Euer Studium und Euer Leben gelernt - und mit ein wenig Glück auch ein paar neue Freundschaften im Gepäck!
Krankenhaus Bruneck
Informationen für Interessierte
Wer sich nach dem Lesen dieses Artikels von meiner Begeisterung hat anstecken lassen und nun selbst eine Famulatur oder ein PJ-Tertial in Bruneck verbringen möchte, bewirbt sich am besten per E-Mail bei Primar Dr. E. A. Demetz.
Kontakt zu Dr. Demetz könnt Ihr über folgende E-Mail-Adresse aufnehmen:
ernst.demetz@sb-bruneck.it
Wer vorher noch mehr über Organisation, Unterkunft, Ablauf wissen möchte kann sich auch gern per Email bei mir melden. Informationen über Bruneck und das Krankenhaus findet Ihr unter folgenden Internetadressen:
Offizielle Homepage der Stadt Bruneck