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- Sarah Gruninger
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- 01.04.2022
Eine Doktorarbeit in Madagaskar
„Madagaskar? Gab es da nicht einen lustigen Film mit Tieren drüber?“, so oder so ähnlich wurde auf Sarahs Auslandaufenthalt im Rahmen ihrer medizinischen Doktorarbeit reagiert. Dass es am Ende nicht nur um Tiere in lustigen Filmen ging, berichtet sie in diesem Artikel.
Als ich in der Doktorandenbörse auf eine Anzeige des Bernhard-Nocht-Institutes für Tropenmedizin (BNITM) stieß, konnte ich meinen Augen nicht glauben. Ein Auslandsaufenthalt in Madagaskar und eine Doktorarbeit, besser kann es ja nicht werden. Also bewarb ich mich und hatte sogleich einen Skype-Termin mit der Betreuerin. Sie erzählte mir von den Projekten vor Ort und dass ich nach dem Aufenthalt in Madagaskar mit den gesammelten Daten eine Doktorarbeit schreiben kann.
Auf ins Abenteuer
Gesagt, getan und so saß ich nach einem Besuch in Berlin für das Visum im Flugzeug. Stop. Da waren noch einige weitere Vorarbeiten zu leisten, schließlich reiste ich während der Corona-Pandemie. Ein PCR musste gemacht, ein Quarantänehotel gebucht und drei verschiedene Formulare ausgefüllt werden. Willkommen zu der Bürokratie Madagaskars! Und dann endlich, saß ich im Flugzeug. 10 Stunden flog ich von Paris nach Antananarivo, die Hauptstadt Madagaskars. Nach Ankunft wurde erneut ein PCR durchgeführt und ich durfte das Quarantänehotel erst mit einem negativen Resultat verlassen. An sich waren die zwei Tage aber nicht schlecht, um mich an das doch eher heiße Klima mit hoher Luftfeuchtigkeit anzupassen.
Bürokratie und Chaos
In Antananarivo leben alle Doktoranden, es sind meistens 2-3 Deutsche vor Ort, in einem geschützten Wohnbereich, wo auch andere Europäer leben. Dort wurde ich herzlich von meinen Kolleginnen und Kollegen empfangen. Ich bekam ein wenig Zeit, um mich einzuarbeiten, aber nach einigen Wochen war ich komplett in die Abläufe eingebunden. Ich telefonierte viel mit Partnern vor Ort oder traf sie persönlich. Dann fuhr ich in die medizinischen Versorgungszentren, wo die Studien stattfinden. Dort musste ich dann schauen, ob alles laut dem Studienprotokoll läuft. Manchmal kann diese Arbeit sehr chaotisch sein, die Abläufe in den Zentren sind mit den deutschen nämlich nicht zu vergleichen. Außerdem kann die bereits angesprochene langsame Bürokratie manchen Stein in den Weg legen, wenn es um das Zulassen von neuen Projekten geht. Nicht alle Studienorte befinden sich in der Nähe von der Hauptstadt, es kann also sein, dass man auch im Inland oder in einer Küstenstadt eingesetzt ist.
Land und Leute
Madagaskar ist im Vergleich zu anderen afrikanischen Ländern ein recht sicheres Land. In der Küstenstadt zum Beispiel konnte ich mich auch als europäische Frau unbeschwert bewegen. In der Hauptstadt sollte man vorsichtiger sein und spätestens ab der Abenddämmerung immer mit dem Taxi, am besten mit bekannten Taxifahrern, unterwegs sein. Ansonsten habe ich die Madagassen als sehr freundliche Menschen erlebt. In Antananarivo, von allen Tana genannt, gibt es auch einige Freizeitmöglichkeiten. In sehr vielen Restaurants und Cafés kann man sehr gutes Essen für sehr wenig Geld genießen. Die Luft in der Hauptstadt selbst ist sehr stickig, da dort Autos herumfahren, die zum Beispiel in Deutschland vor 40 Jahren aussortiert und dort herunter geschifft wurden. Man sitzt also des Öfteren mal in einem Taxi, wo der halbe Boden fehlt oder der Taxifahrer aussteigt, weil der Motor mal wieder nicht geht. Das nähere Umland ist geprägt von Reisfeldern und kleinen Dörfern, wo man den Alltagsstress vergessen kann.
Natur pur
Einige Nationalparks mit den typischen Lemuren und anderen Tieren, wie Chamäleons, Schlangen und Vögeln befinden sich ebenfalls in der Nähe. Außerdem konnte ich während der Zeit vor Ort Urlaub nehmen und mit einem Fahrer und meinen Kolleginnen und Kollegen weiter wegfahren. So konnte ich zum Beispiel mit der einzigen für Personen zugelassenen Eisenbahn fahren. Im Norden befinden sich zudem traumhafte Sandstrände und an der Westküste die berühmte Baobab-Allee, mit den typischen madagassischen Bäumen.
Ich konnte auf der großen Insel also nicht nur auf wissenschaftlicher Ebene sehr viel lernen, sondern auch viele Erfahrungen und Erlebnisse sammeln.
Wichtig zu Wissen
Einige Voraussetzungen solltest du für einen Aufenthalt in Madagaskar mitbringen. Es wäre zum Beispiel gut, wenn du auf Auslandserfahrung, am besten auch in anderen afrikanischen oder südamerikanischen Ländern zurückschauen kannst. Das wird dir vor allem die Eingewöhnung leichter machen und dich auf die längere Zeit entfernt von der Heimat vorbereiten. In Madagaskar wird madagassisch und französisch gesprochen. Wenigstens eine der beiden Sprachen solltest du beherrschen, damit du dich nicht nur im Alltag, sondern auch während der Arbeit mit den meisten Menschen verständigen kannst. Zuletzt solltest du bereit sein, für diese Doktorarbeit mindestens ein, wenn nicht sogar zwei Freisemester einzulegen. Die wirkliche Schreibarbeit wirst du wahrscheinlich erst wieder in Deutschland erledigen können. Wenn du diese Voraussetzungen mitbringst, kann ich dir diese Erfahrung nur empfehlen!