• Bericht
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  • Victor Bustinza
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  • 28.10.2010

Arzt sein in Peru

Victor Bustinza hat in Bolivien und Deutschland Medizin studiert und arbeitet nun als Arzt in Peru. Er erzählt als Insider vom peruanischen Gesundheitswesen, von den Problemen des Landes und von einem faszinierenden kulturellen Erbe.

Zonen

Peru liegt im westlichen Südamerika und gliedert sich in drei landschaftliche Zonen: Die Küste (Costa), die Sierra (Anden, Hochland) sowie die Selva (Regenwald) und Montaña (Nebelwald).

 

Bevölkerung

Ähnlich wie in Guatamala und Bolivien ist Peru ein Land mit vorwiegend indianischer Bevölkerung, vor allem Queschua und Aymara. Des weiteren leben hier Menschen mit europäischer und asiatischer Abstammung. Im Departamento Oxapampa gibt es sogar deutschstämmige Siedler.

Peru ist mit ca. 160 Sprachen ein mulitlinguales Land. Spanisch ist die am weitesten verbreitete Sprache und wird von ca. 80 % der Bevölkerung gesprochen.

 

Wirtschaftskrise

1970 wurde Peru von einer wirtschaftliche Krise heimgesucht, die bis in die 90er andauerte und vielfältige soziale Probleme mit sich brachte. Während dieser Zeit hatte Peru die höchste Armutsrate seiner ganzen Geschichte. Insbesondere die ländliche Bevölkerung wurde von der Krise schwer getroffen. 1994 lebten noch 20% unter der Armutsgrenze. Heutzutage sind es immerhin nur noch 13,7%.

 

Landflucht

Mit der Hoffnung auf bessere Lebensbedinungen sind sehr viele Menschen vom Land in die großen Städte, vor allem nach Lima, gezogen. Durch diese Landflucht und dem damit verbundenen raschen Bevölkerungszuwachs der Städte verschärften sich soziale Probleme: Vor allem die indigenen Bevölkerung lebt in den Randgebieten der Städte in großer Armut. Die schlechten Lebensbedingungen führten zu einer erhöhten Kriminalität.

Durch den schnellen Anstieg der Einwohnerzahl wurden in den letzten Jahren in Lima zunehmend große Krankenhäuser erbaut. Dadurch verbesserte sich die medizinische Grundversorgung deutlich.

 

Alle Fotos von Victor Bustinza

 

Das Gesundheitswesen

Gliederung

Der Gesundheitswesen besteht aus einem öffentlichen Sektor und privaten Institutionen. Die privaten Gesundheitseinrichtungen sind deutlich teurer. Der öffentliche Sektor hat 224 Krankenhauser, 1.271 Health Centers (Polikliniken) und 5.651 Health posts (kleine Einrichtungen, in denen meinstens ein Arzt im Praktikum und eine oder zwei Krankenschweter arbeiten). Im Jahr 2004 gab es insgesamt 18.561 Ärzte. Die meisten davon arbeiteten in Lima und Arequipa. Es gibt ein Zentrallabor in Lima und 11 Regionallabors in den Provinzen. Seit 1996 gibt es ein Blutbank-Programm, was wichtig für die Transfusionsmedizin ist.

Vor allem in den ländlichen Regionen ist das Gesundheitsnetz nicht ausreichen ausgebaut.

 

 

Krankenversicherung

Das soziale Netz in Peru ist nicht sehr dicht. Wer arbeitslos ist oder ein nur geringes Einkommen hat, ist in der Regel nicht krankenvesichert. Eine Versicherungspflicht wie in Insustrieländern gibt es nicht. Die oftmals fehlende Versicherung und die Behandlungskosten haben zur Folge, dass sich viele Menschen selbst behandeln und sich eigenständig Medikamente aus der Apotheke holen. In manchen Fällen hilft die Seguro Integral de Salud (SIS). Die SIS übernimmt für Arme Behandlungskosten. Allerdings gibt es Ausnahmen: So sind z.B. die Behandlung von angeborenen oder degenerativen Erkrankungen sowie Ultraschall-und Röntgenuntersuchungen von der Regelung ausgenommen.

 

Arzt sein in Peru

Ich möchte Arzt werden

Als ich ein Kind war, fragte mich meine Oma eines Tages: " Wann bist du endlich groß genug, um Arzt zu sein? Ich brauche doch so sehr einen Arzt..." Damals konnte ich mir nicht vorstellen, Arzt zu werden. Doch meine Oma behielt recht und als ich älter wurde, erkannte ich, wie dringend Peru Ärzte braucht. So habe ich mich Jahre später dann tatsächlich für diesen Beruf entschieden.

Heutige Situation

Heutzutage ist es schwieriger, in Peru Arzt zu sein, denn die Konkurrenz ist größer geworden. Von 680 Ärzten schaffen letztendlich nur 40 die Facharztausbildung. Dies liegt daran, dass es nur wenige Weiterbildungsstellen in Krankenhäusern gibt. Außerdem wandern Fachärzte, die für die Ausbildung benötigt werden, oft ins Ausland ab. Die bevorzugten Auswanderungsziele für Ärzte sind Nordamerika, Europa und Chile.

Als Arzt im Praktikum arbeitet man in der Regel in den Polikliniken am Stadtrand, wo die Armut am höchsten ist. Ein AIPler verdient in der Regel nur 680 US-Dollar pro Monat.

 

Krankenhausalltag

Fachärzte arbeiten meistens in Krankenhäusern. Die Arbeit beginnt morgens um 7:30 mit der Frühbesprechung und der gemeinsamen Visite. Die Stationsarbeit wird in der Regel von Internos (PJler) und Residentes (Ärzte in der Facharztausbildung) erledigt. Die Oberärzte überwachen die Station, führen die Visite durch und sind in der Lehre tätig.

Unterschiede zu Deutschland

Im Unterschied zu Deutschland wird sehr viel Wert auf die körperliche Untersuchung gelegt. Oft stützt sich die Behandlung nur auf Anamnese und Untersuchung. Apparative Untersuchungen werden nur manchmal durchgeführt - in Abhängigkeit von der Krankheit und den Kosten.

Ein wichtiger Bestandteil der Arbeit ist die Prävention. Regelmäßig gibt es Präventionskampagnen, die von Krankenschwestern geleitet werden. Dieses Jahr (2008) wurde eine Hepatitis B-Kampagne durchgeführt.

Eine fundierte Ausbildung im Bereich der Pädiatrie ist in Peru besonders wertvoll, da es in Peru sehr viele Kinder gibt.

 

Meine Tagesklinik

In meiner kleinen Tagesklinik möchte ich neben der klassischen Schulmedizin auch die alte Heilkunst aus Peru nutzen. Dies bedeutet z.B. bei der Geburt Parto Vertical: Die Frau bringt ihr Kind im Stehen zur Welt, wie es bereits bei den Inkas üblich war. Generell behandle ich vor allem arme Menschen. Der Schwerpunkt liegt im Bereich Orthopädie und Pädiatrie.

Allerdings steht unsere Arbeit noch in den Anfängen.

 

Inka-Kultur

Nun habe ich viel von Armut und Medizin erzählt. Natürlich ist Peru viel mehr. Besonders faszinierend sind die Zeugnisse der Inka-Kultur, z.B. Machu Picchu, die alte Stadt der Inkas. In der Queschua-Sprache bedeutete dies "Nabelschnur der Welt".

Die Linien von Nazca sind riesige Bilder in der Wüste, die der Nazca-Kultur entstammen. Durch die Arbeit der deutschen Archäologin Maria Reicht wurden diese Linien weltberühmt.

Auch die Berglandschaft Perus beeindruckt durch Schönheit und Vielfalt.

 

Fazit

Das und viel mehr ist Peru. Abschließen möchte ich mit folgenden Worten: "Bienvenidos amigos alemanes que esta es su casa."(Willkommen, deutsche Freunde - fühlt euch wie zuhause!) Und wie ein peruanischer Dichter sagte: "Hay hermanos mucho por hacer." (Wir Menschen haben noch viel zu tun.)

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