• Bericht
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  • Text und Fotos Constanze Czimmeck
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  • 05.12.2017

Mein Pflegepraktikum in Lausanne

Sprache, Kultur, Währung – vieles ist in der französischsprachigen Schweiz anders. Auf was du unbedingt achten musst, damit dein Praktikum erfolgreich wird.

Der Genfer See

Motivation


Die Idee für ein Pflegepraktikum im Ausland hatte ich schon vor Studienbeginn. Obwohl ich im Internet oft las, dass dies nur sehr schwer möglich sei, bewarb ich mich bei diversen Krankenhäusern in Frankreich, wo ich zu diesem Zeitpunkt als Au-Pair arbeitete. Auf Nachfragen bekam ich zwar die Antwort, dass es prinzipiell möglich wäre, allerdings nur für eingeschriebene Studenten. Damit hatte sich das erstmal geklärt.


Ich machte mein erstes Pflegepraktikum also in Deutschland und beschloss, mich nochmal während des Studiums um ein Auslandspraktikum zu kümmern.
An der Charité, wo ich seit einem Semester studiere, meldete ich mich für einen Sprachkurs für medizinisches Französisch an. Dort erzählte mir eine Kommilitonin, dass sie in den Semesterferien ein Pflegepraktikum in Lausanne machen würde. Von ihr habe ich dann auch die Kontaktdaten des Krankenhauses bekommen und sie hat mir bei Fragen geholfen.
Es war zwar nicht Frankreich, aber immerhin Französisch, außerdem kannte ich die Schweiz vorher nicht.

Bewerbung


Beworben habe ich mich dann Anfang Mai für ein Pflegepraktikum im September. Das war zwar noch in Ordnung, es wäre aber stressfreier gewesen, wenn ich mich schon früher beworben hätte, besonders weil man dann noch eine größere Auswahl an Stationen hat.


Auch ist es hilfreich zu wissen, dass die Pflegepraktika dort immer von Anfang bis Ende eines Monats gehen, in Ausnahmefällen auch bis zum 15. Das liegt daran, dass man die ersten zwei Tage zusammen mit den anderen Praktikanten verbringt und einem die während des Praktikums anfallenden Aufgaben und das Krankenhaus gezeigt werden.


Bewerben kann man sich direkt auf der Internetseite des Krankenhauses, wo man ein Online-Formular ausfüllen, sowie einen französischen Lebenslauf und ein Motivationsschreiben hochladen muss. Man hat zudem die Möglichkeit, sein Abitur und andere Zertifikate, wie zum Beispiel von Sprachkursen oder von vorherigen Praktika (auch auf Deutsch), hochzuladen.
Alles Selbstgeschriebene sollte auf Französisch verfasst sein, bei offiziellen Dokumenten braucht man aber keine französische Übersetzung, es reicht die deutsche Version.


Nach ca. vier Wochen bekam ich eine Antwort mit der Einladung zu einem Telefoninterview. Dabei wurden auch meine Sprachkenntnisse geprüft, man sollte also schon Französisch sprechen können. 
Bei dem Telefonat wurde mir auch erklärt, was während des Pflegepraktikums von mir erwartet wird, wie die ersten Tage ablaufen und dass die Unterbringung durch das Krankenhaus möglich ist. Wenn man halbwegs fließend Französisch spricht, muss man vor dem Telefonat keine Angst haben; sie redet extra langsam, erläutert direkt am Anfang, dass man nachfragen soll, wenn man mal etwas nicht versteht und ist generell sehr sympathisch und nett.
Bei Fragen oder Problemen kann man sie oder allgemein die Personalabteilung anrufen oder eine E-Mail schreiben und bekommt innerhalb weniger Tage eine Antwort.


Nach dem Telefonat bekam ich noch ein paar Formulare zugeschickt, die ich ausfüllen musste, zudem will die Personalabteilung die Kopie des Personalausweises und der Versicherungskarte (man braucht keine zusätzliche Arbeitsversicherung, darum kümmert sich das Krankenhaus, die normale (Auslands-)Krankenversicherung reicht). Auch ein polizeiliches Führungszeugnis wird verlangt, dieses kann man aber nachschicken, die (Berliner) Bürgerämter sind schließlich nicht so schnell mit den Terminen (obwohl es sein kann, dass man gar keinen Termin braucht, besser vorher kurz anrufen und nachfragen).


Nach ein paar Monaten bekommt man dann den Vertrag per Post zugeschickt. Da man diesen aber auch für die Unterkunft braucht, kann man schon vorher per E-Mail danach fragen.
Gearbeitet habe ich ca. 42h die Woche und bekam dafür brutto 1.000 Franken, netto waren das 930 Fr. in bar ( ca. 811 Euro).
Ansonsten fallen noch Kosten für das Führungszeugnis (14 Euro), An-/Abreise, Unterkunft, Verpflegung und Freizeit an. Ein Monatsticket für die öffentlichen Verkehrsmittel kostet ca. 50 Fr. und ist ganz praktisch, da Lausanne am Berg liegt und man immer nur auf oder ab geht und man so gut zum See, ins Zentrum oder in die Weinberge kommt.
Auch wenn Lausanne nicht in der EU ist: Man braucht keine Arbeitserlaubnis oder Sonstiges.

 

Unterkunft


Für 450 Fr. organisiert die Personalabteilung ein Apartment mit Küchenzeile und Bad in Fußnähe zum Krankenhaus. Die Miete und die Kaution von 400 Fr. kann man vor Ort in bar bezahlen. Das Apartment ist in einem Gebäude mit mehreren solcher Apartments, wo dementsprechend auch mehrere Praktikanten, Studenten und andere Angestellte des Krankenhauses wohnen. Eine ganz gute Möglichkeit, andere Leute kennenzulernen. Möchte man aber mal Partys veranstalten, muss jeder aus dem Haus seinen Stuhl und sein Geschirr mitbringen. A propos Geschirr: Die Küche ist nicht ausgestattet! Sie hat zwar einen Kühlschrank und zwei Herdplatten, allerdings gibt es weder Geschirr, noch Töpfe oder andere Kochutensilien. Diese muss man selbst mitbringen. Bettwäsche ist aber vorhanden und im Keller gibt es auch eine Waschmaschine und einen Trockner, wo man günstig waschen kann.
Ansonsten ist Wohnen in der Schweiz ziemlich teuer (700-1000 Fr. für ein Zimmer) und die Nachfrage ist höher als das Angebot.

 

Anreise


Angereist bin ich mit dem Flugzeug über Genf, viele meiner Freunde aber mit dem Zug. Beides funktioniert gut und kostet ca. 40 – 80 Euro. Fliegt man bis Genf, muss man von dort noch mit dem Zug nach Lausanne fahren, was ca. 28 Fr. kostet, wenn man das Ticket erst vor Ort kauft (ansonsten gibt es die auch günstiger). Mit dem Auto anzureisen würde ich aber nur empfehlen, wenn man hingebracht wird, da sich das Parken in Lausanne als äußerst schwierig und teuer gestaltet.

 

Größe und Abteilung des Krankenhauses


Das CHUV (Centre hospitalier universitaire vaudois) ist eine der fünf Schweizer Unikliniken, hat 1471 Betten und mehr als 10 000 Angestellte. Auf dem Klinikgelände gibt es auch eine orthopädische Klinik mit Handzentrum und eine Frauenklinik. Trotz ihrer Größe ist die Klinik gut organisiert, was ich im Laufe meines Pflegepraktikums immer wieder feststellen konnte.
Ich wollte eigentlich auf die Gynäkologie. Leider war dies nicht möglich, genauso wenig wie die Pädiatrie. Ob dies generell für Pflegepraktikanten gilt, kann ich nicht sagen. Bei dem Telefonat wurden mir die (noch) möglichen Stationen vorgeschlagen und ich entschied mich für die septische Chirurgie, was sich als ein Glücksgriff herausstellte.
Diese ist auf zwei Flure aufgeteilt. Je Flur gibt es ca. drei Pflegekräfte und drei Pflegehelfer, die jeweils in Zweierteams arbeiten, plus zusätzliche Schüler, Studierende und Praktikanten. Diese Zweierteams kümmern sich dann um je 4-7 Patienten.


Die Pflegenden kümmern sich um Medikamente, Verbände (diese nahmen einen Großteil der Zeit ein), Blutabnahmen und die Dokumentation; die Pflegehelfer kümmern sich um die Essensverteilung, das Waschen der Patienten, Toilettengänge und die Desinfektionen. Damit sind die Aufgaben klar getrennt. Allerdings gibt es in der Schweiz noch eine Zwischenform zwischen Pflegenden und Pflegehelfern: die ASSCs. Diese dürfen Medikamente verabreichen, einfache Verbände und Blutabnahmen machen, haben aber im Gegensatz zu den Pflegenden nicht studiert sondern eine Ausbildung gemacht.
Auf der Station waren Patienten der Plastischen Chirurgie, der Unfallchirurgie/Orthopädie und der Gefäßchirurgie. Viele hatten entzündete Gelenke(-prothesen), Dekubituswunden oder Nekrosen.

 

Verpflegung und Kleidung im Krankenhaus


Die Arbeitskleidung wurde vom Krankenhaus gestellt und gewaschen, genauso gab es einen Spind für die eigenen Klamotten, mitbringen musste man nur Turnschuhe oder Crocs.
Es gibt eine Kantine, jedoch kostet das Essen dort 8,30 Fr. Dementsprechend haben wir uns meistens etwas zu Hause gekocht und es in den Mikrowellen aufgewärmt. Für die Frühstückspause gab es immer Brot und Aufstrich, genauso wie Tee und Kaffee.
Allgemein ist das Essen in der Schweiz teurer als in Deutschland. Wenn man bei Aldi oder Lidl einkaufen geht, ist es zwar bezahlbar, aber man sollte sich trotzdem darauf einstellen, dass man mehr Ausgaben haben wird als in Deutschland.

 

Erforderliche Sprachkenntnisse


Französisch! Auch wenn in vielen Gebieten der Schweiz Deutsch gesprochen wird, sollte man für ein Praktikum in Lausanne Französisch sprechen können. Es wird zwar kein bestimmtes Level gefordert, dafür wird bei dem Bewerbungstelefonat getestet, ob man sich verständigen kann. Man sollte also schon halbwegs fließend sprechen können, um sich zu verständigen. Es gibt zwar immer wieder Leute die gut Englisch und Deutsch sprechen, das sollte man sich aber nur in Ausnahmefällen zu Nutzen machen. Allerdings hat man dort schon viel Verständnis, wenn man mal nicht direkt versteht, was gemeint ist oder die pflegespezifischen Wörter noch nicht kann. Mit einem guten Schulfranzösisch und dem Mut, trotz Fehlern zu reden, sollte es keine Probleme geben.


Inhalt des Praktikums


Nun zum eigentlichen Praktikum: Am ersten Tag wurden alle Praktikanten von den verschiedensten Personen begrüßt, wir gingen zur Wäscherei, den Umkleiden und liefen die üblichen Wege des Krankenhauses ab. Zudem gab es eine Hygienevorlesung, es wurde erklärt, was wir im Krankheitsfalle machen sollen und was am Ende des Praktikums zu tun ist. Für die letzte Stunde ging es dann auf unsere Station, um die/den ICUS (sowas wie die Stationsleitung) kennenzulernen. Dort wurden dann auch die Arbeitszeiten für den Monat und die Station grob vorgestellt.


Am zweiten Tag haben wir morgens mit den anderen Praktikanten (ca. 20) ein Quiz gemacht, in dem wir über grundlegende Pflegedinge abgefragt wurden (dafür gab es am ersten Tag Informationen, die wir lesen sollten) und die Theorie nochmal durchsprachen. Am Nachmittag haben wir Dinge wie z.B. das Waschen an uns selbst geübt und waren so doch eindeutig besser auf unser Praktikum vorbereitet, als ich es in Deutschland erlebt habe. Das war gerade für die, die noch nie in der Pflege gearbeitet haben, interessant. Meines Erachtens ist das ein großer Vorteil, wenn man dann am dritten Tag auf die Station kommt. Am fünften Tag trifft man sich nachmittags noch einmal, um die ersten Eindrücke zu besprechen.
Ab dann arbeitete ich immer von montags bis freitags von 7 bis 16 Uhr und hatte eine Stunde Mittagspause.


Die Arbeit war an sich die gleiche wie bei einem deutschen Pflegepraktikum, allerdings mit der Tatsache, dass ich in Lausanne noch weniger alleine machen durfte. Ich durfte z.B. nur unter Aufsicht Temperatur und Blutdruck messen. Dafür hatte ich aber die Chance auf Nachfrage hin vieles zu sehen. Ich ging also morgens mit dem Pflegehelfer mit und maß die Vitalparameter, verteilte das Essen, danach machten wir meistens eine kurze Frühstückspause. Anschließend wuschen wir die Patienten und gingen zu Schellen, bevor wir um zwölf dann das Mittagessen verteilten. Danach gab es noch eine Kaffeerunde, aber meistens war der Nachmittag etwas ruhiger als der Morgen. Wenn ich Zeit hatte, half ich den Pflegenden bei den Verbänden, wodurch ich viele spannende Wunden, Dekubiti und Nekrosen sehen konnte. Dabei habe ich auch vieles über Verbände gelernt.


Da ich mir vorgenommen hatte, während dieses Praktikums nicht nur zu putzen, fragte ich relativ schnell, ob ich eine Patientin zur Dialyse begleiten könne und bekam ein Ja. Allerdings musste ich solche Wünsche immer mit dem ICUS klären. Dieser sprach das dann mit den Kollegen ab. So wusste man bei der Dialyse schon, dass ich komme und hat mir mit Vergnügen alles erklärt. Die Schweiz ist  etwas organisierter als das, was ich in Deutschland gewohnt war. Das bringt Vor- und Nachteile. Auf penetrantes, aber höfliches Nachfragen hin durfte ich dreimal mit zur Visite und als ich in der zweiten Woche ganz vorsichtig nachfragte, ob ich denn mal mit in den OP könnte, wurde ich direkt der Stationsärztin vorgestellt und konnte sie selbst fragen. Als sie dann mit „Ja klar, später mal“ antwortete, dachte ich an eine Woche warten. Sie guckte allerdings nur kurz in den OP-Plan und sagte: „In einer Stunde hätte ich was, ich würde dich dann hier abholen.“ So einfach ging das.

In der dritten Woche durfte ich dann eine ERCP und eine Zehenamputation sehen. In der letzten Woche hatte ich dann noch einmal Lust in den OP zu gehen. Dank einer PJ-Studentin durfte ich eine Brustverkleinerung sehen. Danach nahm ich all meinen Mut zusammen und fragte den Arzt der plastischen Chirurgie, ob ich mit ihm in den OP gehen könnte. Dieser zeigte mir dann auch wie man sich einwäscht und ließ mich sogar ein wenig assistieren – das Highlight meines Pflegepraktikums! Ansonsten war ich noch zweimal mit im OP. Gerade die Unfallchirurgie/Orthopädie bereitete mir viel Spaß und mein Interesse für die Chirurgie wurde entfacht, dabei hatte ich die Chirurgie eigentlich schon abgeschrieben.


Die Atmosphäre auf der Station war unterschiedlich. Zu mir waren alle nett und ich habe mich sowohl mit dem Pflegepersonal als auch mit der Stationsärztin gut verstanden. Die meisten duzen sich, auch die Assistenzärzte. Spüren konnte ich allerdings die Hierarchie zwischen den Pflegenden und den Pflegehelfern. Die Pflegenden halfen nur selten bei den Wäschen und die Pflegehelfer waren nicht immer glücklich mit ihrer Arbeit. Im Großen und Ganzen war es aber eine gute Zusammenarbeit und ich habe mich sehr wohl gefühlt.


Nicht alle Praktikanten hatten so regelmäßige Arbeitszeiten wie ich, einige mussten auch mal in der Spätschicht oder am Wochenende arbeiten, die Nachtschicht ist für Praktikanten aber verboten. Obwohl die Atmosphäre zwar wohl auf allen Stationen recht gut war, durften doch eher die wenigsten in den OP, zu Untersuchungen durften aber die meisten. Leider kann man das vorher nicht herausfinden und muss es einfach vor Ort versuchen. Wenn man sich den Ärzten aber als Medizinstudent vorstellt, sollten die wenigsten Nein sagen, besonders wenn man es nicht während, sondern nach der Arbeitszeit machen möchte. Allgemein hatte ich das Gefühl, dass die Ärzte und Pflegenden sehr an der Lehre interessiert sind und mir wurde vieles erklärt und gezeigt, was ich in Deutschland während meines Pflegepraktikums so nicht erlebt habe.

 

Land/Kultur/Freizeit


Lausanne liegt am Genfer See und ist ca. 40 Minuten mit dem Auto oder der Bahn von Genf entfernt. Der Genfer See ist zwar im September schon etwas frisch, aber gerade anfangs lässt es sich noch gut darin baden und wenn man regelmäßig schwimmen geht, gewöhnt man sich auch an die Temperaturen. Zudem bietet Lausanne eine schöne Altstadt und ein nettes Studentenviertel. Bars gibt es en masse und man findet auch mehrere Clubs. Für ein Bier zahlt man abends schon 6-7 Fr. und der Eintritt in einen Club kostet ca. 15-25 Fr.
Ansonsten lohnt sich das Olympische Museum und am Wochenende kann man gut am See entlang oder in den Weinbergen wandern gehen. Auch Genf und das UN-Gebäude sind einen Besuch wert. Langeweile sollte in Lausanne bei keinem aufkommen.

 

 Die Stadt Lausanne

Besonderes


Das Pflegepraktikum in der Schweiz, wenn man schon Medizin studiert, heißt „stage propédeutique“, vor dem Studium kann man aber auch ein „pre-stage“ machen, dieses wird aber anders bezahlt. Das Personalbüro war allgemein sehr hilfreich und zuvorkommend, was das Formular für die Universität angeht, und auf der Station hat man am Ende noch ein Arbeitszeugnis auf Französisch bekommen.

Kontaktdaten des KHs/Internetadressen:
www.chuv.ch
http://www.chuv.ch/chuv_home/chuv-formation/chuv_formation-stages.htm

Bei Fragen schreibt mir gerne: constanze.czimmeck@charite.de

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