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  • Felix Hutmacher
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  • 23.11.2021

So viel mehr als nur Geld verdienen: über ein PJ-Tertial in der Schweiz

Wenn es um ein berufliches Traumland geht, wird von deutschen Ärztinnen und Ärzten oft die Schweiz genannt: Gehalt, Umstände, Umgang, alles scheint zu stimmen. Wie nah ist dieses Bild an der Realität? Felix hat in seinem PJ in Basel einen Einblick gewonnen.

 

 

Wenn man als Deutscher sagt, man möchte in der Schweiz arbeiten, meinen viele genau zu wissen, weshalb: Natürlich wegen des Geldes. 6000 Franken Assistenzarztgehalt statt 3000 Euro in Deutschland: Das klingt doch doppelt so gut! Oder?


Denn natürlich: Außerhalb der Schweiz ist man mit einem schweizerischen Gehalt sehr wohlhabend. Im Urlaub kann man definitiv auf großem Fuß leben. Innerhalb der Schweiz aber unterscheidet sich der Lebensstandard gar nicht so sehr: Mit seinem höheren Gehalt muss man auch die höheren Schweizer Preise berappen. Das zusätzliche Geld ist so recht schnell wieder aufgebraucht.


So habe ich während meines Unterassistenz genannten PJ in der Schweiz 1200 Franken verdient. Der gemeine deutsche PJ-Studierende wird meist mit um die 500 Euro entschädigt. Wenn man aber weiß, dass ein Wohnheim- oder WG-Zimmer oft erst für um die 600 Franken zu bekommen ist, ahnt man schon, dass dieses finanzielle Plus recht schnell wieder abschmilzt.


Es gibt aber trotzdem eine Menge guter Gründe, bei unseren Nachbarn nach Arbeit zu suchen. Dazu zählen die Arbeitsbedingungen: Die Hierarchien sind flacher, der Umgangston ist sehr freundlich. Da Medizin viel Teamarbeit ist, hilft das im Alltag enorm. Es mag nach einem trivialen Unterschied klingen, wenn man als Studierender seine Oberärzte duzen darf, aber man traut sich, die eine oder andere Nachfrage zusätzlich zu stellen, weil man weniger fürchten muss, schlecht dazustehen.


Auch die personelle Besetzung auf Seiten der Pflege ist besser, was das Arbeiten ungemein erleichtert. Insbesondere Studierende profitieren enorm, weil es etwa keinen Blutentnahmedienst gibt, der besetzt werden muss. Stattdessen darf man eigene Patientinnen und Patienten betreuen, was für das eigene Lernen von unschätzbarem Wert ist. Ich hatte die Gelegenheit, mehrere Wochen ein eigenes Zimmer mit zwei Patienten zu betreuen, diese direkt mit den Oberärzten zu besprechen, Visite zu gehen, Untersuchungen anzumelden, die Patienten im Röntgenrapport vorzustellen und für alle eventuellen Rückfragen zur Verfügung zu stehen. Genau so sollte ein PJ nach Möglichkeit aussehen.


Noch dazu profitiert man in der Schweiz von einer ungemein schönen Landschaft. Es ist kein Wunder, dass der Alpentourismus im Berner Oberland erfunden worden ist. Da die schweizerischen Bundesbahnen, die Postautos und Regionalbusse zudem ein überaus dichtes und preiswertes Nahverkehrsnetz bilden, kommt man sogar ganz ohne Auto zu einigen wunderschönen Wanderungen.


Natürlich aber ist auch die Schweiz nicht perfekt. Sehr selten, aber manchmal trifft man auf Schweizerinnen oder Schweizer mit merklichen Vorbehalten gegenüber Deutschen. Als ich zu einem Kollegen meinte, die Gründe hierfür seien mir manchmal nicht ganz klar – schließlich sind sich Schweizer und (Süd-)Deutsche kulturell doch recht ähnlich – bemühter dieser eine musikalische Analogie. Er sagte, es sei vielleicht wie in der Musik, wo sehr nahe beieinanderliegende Töne zusammen sehr dissonant klingen können – eine Terz, Quart oder Quint aus Tönen mit ausreichendem Abstand hingegen schön. Will sagen: Die Unterschiede, die es gibt, fallen vielleicht nur umso deutlicher und störender auf.


Was einen aber im alltäglichen Leben viel mehr berühren kann, wenn man eine Familie hat, ist, dass viele gesetzliche Regelungen in der Schweiz weniger familienfreundlich sind als in Deutschland. Die Elternzeit für Väter wurde mittels einer Volksabstimmung im Jahr 2020 auf ganze zwei Wochen erhöht. Die Kinderbetreuung ist relativ teuer, was den schnellen beruflichen Wiedereinstieg für Frauen nach der Geburt erschwert.
Was für ein Glück also, dass Basel im Dreiländereck liegt und man sich das Beste aus drei Ländern heraussuchen kann. Eine Kollegin empfahl mir jedenfalls, in der Schweiz zu arbeiten, in Frankreich zu wohnen und in Deutschland einzukaufen. Denn so würde man am meisten verdienen, von der guten Kinderbetreuung in Frankreich profitieren und zudem günstig einkaufen können.


Aber auch ganz ohne eine solche Rosinenpickerei lässt es sich in der Schweiz sehr gut leben. Die Schweiz hat sich ihren Ruf als berufliches Traumziel durchaus verdient.

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