• Bericht
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  • Johannes Herold
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  • 01.06.2017

Famulatur in Khartoum

Johannes arbeitete im Sudan unter einfachsten hygienischen Bedingungen. Trotzdem würde er Khartoum jederzeit wieder für eine Famulatur wählen. Was ihn an dem Land begeistert und was er dort erlebt hat.

 

Warum in den Sudan?

Den letzten Sommer hatte ich als Rucksackreisender in Peru verbracht und viel Armut, mangelnde Hygiene und Infektionskrankheiten gesehen, die wir sonst nur aus dem Lehrbuch kennen.

Kurzerhand entschloss ich mich, nach einer Famulatur in der Tropenmedizin eines Dritte Welt Landes zu suchen. Bei meiner Recherche stieß ich auf die Vergabe der Restplätze der bvmd und siehe da: ein Restplatz im Sudan war noch zu vergeben.

Als ich meinen Freunden und Familie von meinen Plänen erzählte, war die Reaktion sehr gespalten. Die einen freuten sich für mich, bei den allermeisten jedoch überwogen Zweifel und Bedenken bezüglich der Sicherheitslage und der kriegerischen Konflikte. Dazu möchte ich gerne sagen, dass diese Bedenken unbegründet sind. Ich habe mich zu jedem Zeitpunkt der Famulatur sicher gefühlt und die Menschen haben mich mit einer Herzlichkeit und Freude aufgenommen, die ich sonst noch nicht erlebt habe.

 

Dokumentenkram ohne Ende

Nach der Kontaktaufnahme und Einreichung der notwendigen Dokumente bekam ich innerhalb weniger Tage eine vorläufige Zusage für den Restplatz. Von da an wartete ich acht Wochen, bis die endgültige Zusage eintraf und ich sowohl das Visum beantragen als auch die Flüge buchen konnte. Leider kam es durch bürokratische Schwierigkeiten zu einer Verzögerung, sodass ich die finale Zusage erst drei Wochen vor der eigentlichen Abreise erhielt. Noch stressiger machte es die Tatsache, dass sowohl die Beantragung des Visums als auch die Vorbereitung etwas Zeit in Anspruch nahm und ich zu diesem Zeitpunkt nach den Prüfungen für zwei Wochen in Israel bei Freunden zu Besuch war (was mich später vor unerwartete Probleme stellte…).  

Um ein Visum für einen Aufenthalt im Sudan zu erhalten, benötigt man ein Einladungsschreiben aus eben diesem Land. Die Gebühr beträgt 45 Euro und dauert etwa 2-3 Wochen. Die Dokumente, welche einzureichen sind, können zwar auf der Internetseite der Botschaft eingesehen werden, decken sich aber nicht immer mit dem, was auch wirklich benötigt wird. Ich empfehle, mit der Botschaft telefonisch in Kontakt zu bleiben und zur Abholung persönlich vorbeizukommen. Mein Visum wurde z.B. in einen falschen Reisepass geklebt.

Zusätzliche Probleme hatte ich leider, da ich mich zu der Zeit in Israel befand und die Sudanesen kein Visum erteilen, falls sich ein israelischer Stempel im Pass befindet. Dies ist normalerweise kein Problem, da die Israelis keine Stempel mehr eintragen, sondern nur Visa auf extra Papier vergeben (was die Sudanesen nicht wissen). Leider bekam der Botschafter meinen Aufenthalt mit, weshalb ich extra zur Botschaft kommen musste, um meinen Reisepass zu zeigen. Als er keinen israelischen Stempel fand und ich sagte, dass es sich um ein Missverständnis handelte, wurde mir allerdings zwei Tage vor meinem Abflug das Visum noch ausgestellt.

Must-have für die Reise

Von den einschlägigen Verlagen sind keine Reiseführer für den Sudan erschienen, allerdings gibt es ein kleines Buch vom Bradt-Verlag, das ich sehr empfehlen kann. Es beschreibt in groben Zügen die Geschichte und Kultur des Landes, Sehenswürdigkeiten und man kann die letzten Seiten mit nützlichen Vokabeln zum Einstieg in die Sprache nutzen. Für Politikinteressierte gibt es noch das Buch: Krieg im Land des Mahadi: Über den Zerfall des Sudan. Ein sehr zu empfehlendes Buch.

Dazu habe ich mir aus der Uni Bibliothek ein Buch zum Arabisch lernen ausgeliehen, das ich, mehr oder weniger erfolgreich, in meiner Zeit durchgearbeitet habe.

Festes Schuhwerk, Wasserfilter (Lifestraw), Taschenmesser, Handtuch, Ohrstöpsel, Besteck, Taschenemsser, Schlafsack, Laptop, Schreibzeug, Notizbuch, Pupillenleuchte, Reflexhammer, Desinfektionsmittel, Hut und ein Tuch für die Sonne sind die Sachen, die mir am meisten genützt haben.

 

Ankunft

Bei meiner Ankunft um halb vier nachts, wurde ich gleich von einer Person angesprochen, ob ich Johannes sei. Als ich dies bejahte, stellten sich mir sogleich fünf junge Männer vor, die alle Selfies mit mir machen wollten und mir dutzende Fragen stellten. Wir fuhren zu meiner Unterkunft, wo ich Hygieneartikel, Sim-Karte, Essen usw. bekam und verbrachten den ersten Tag mit der Besichtigung des Krankenhauses, der Universität und einem Bootstrip auf dem Nil. Ich war total überwältigt von der sudanesischen Willkommenskultur und freute mich auf die kommende Zeit.

Unterkunft

Für mich wurde eine sehr schöne Unterkunft in einer guten Wohngegend bereitgestellt. Es gab einen Kühlschrank, ein Wohnzimmer, einen kleinen Vorhof, Bad und Küche. Sehr einfach gehalten, aber ich hatte wesentlich mehr Platz zur Verfügung, als in meiner Wohnung in Deutschland. Hin und wieder war zu meiner Verblüffung die Elektrizität „alle“ und man musste zum Laden nebenan, um wie bei einer Prepaid-Karte Strom zu kaufen. oder das Wasser fehlte für ein paar Tage. Da musste man dann improvisieren…Außerdem empfehle ich, einen dünnen Schlafsack mitzunehmen.

Gesundheit

Die Hygiene des Landes ist weit unter dem Durchschnitt von dem, was wir in Deutschland gewohnt sind. Kein Klopapier, Essen mit Händen, im Krankenhaus kein Sterilium (stattdessen Seife), ein Wasserbecher für sehr (!) viele Personen, offene Tbc Patienten ohne Masken und Auswurf machen einem manchmal mental zu schaffen. Aus Deutschland habe ich nur etwas Ibuprofen und Mittel gegen Reisedurchfall mitgenommen, da ich davon ausging, im Notfall hier alles in den Apotheken zu bekommen. Dies ist auch der Fall, allerdings sind die Sachen sehr teuer und oft schlecht gelagert. Ich habe mich komplett dem Lebensstil der Sudanesen angepasst und keine Probleme gehabt; wobei ich mich manchmal frage, wie das eigentlich sein kann…
Wer hier unterwegs ist, braucht, was Hygiene angeht, ein dickes Fell oder sollte sich auf jeden Fall Sterilium aus Deutschland mitbringen.

Khartoum gilt als Malaria frei, weswegen ich mir nur Stand-by Medikamente mitgenommen habe. Allerdings empfehle ich ein Moskitonetz für das Bett und auf jeden Fall Sonnenschutz. Ich habe Hauttyp 2 und definitiv mit der Sonne und Hitze am meisten Probleme gehabt.

Sicherheit

Obwohl man als Europäer bestimmt am meisten Bedenken in puncto Sicherheit hat, habe ich definitiv keine negativen Erfahrungen gemacht. Am Anfang fühlt man sich etwas unwohl, wenn man die Straße entlang läuft, da viele Ortsteile so aussehen wie Stadtteile in Deutschland, die wir mit „Kriminalität“ assoziieren. Wenn man sich daran gewöhnt, die Menschen akzeptiert und respektiert, ihnen zuhört und nicht als „arroganter Weißer“ auftritt, hat man nichts zu befürchten. Im Gegenteil helfen einem die Menschen so gut sie können und ich kann gar nicht mehr zählen, wie oft ich spontan angesprochen und eingeladen wurde.

Da der Sudan ein muslimisches Land ist, sollte man sich angemessen kleiden. Eine lange Hose, T-Shirt und normale Sportschuhe sind allerdings ausreichend. Nur vor den Polizisten sollte man eine gesunde Skepsis wahren. Viele sind ehemalige Verbrecher und Schulabbrecher; lasst sie nicht mit euren Pässen weglaufen!

Geld

Außer meiner Kreditkarte, v-Pay Geldkarte und 50 Euro in der Tasche bin ich ohne Geld nach Khartoum gekommen. Auf der Internetseite des IFMSA konnte ich sehen, das ich ein Taschengeld von ca. 450 Euro erhalten werde. In einem so günstigen Land, dachte ich mir, sollte das reichen.

Nach meiner Ankunft habe ich dieses Geld allerdings nicht in einer Zahlung erhalten. Meine Kontaktpersonen haben sich um alles gekümmert, meinen Einkauf, Essen und Fortbewegung für mich gezahlt und mir ein Taschengeld von umgerechnet 7-10 Euro am Tag ausgezahlt. Das hat fast immer gereicht, da man auch ständig eingeladen wird. Allerdings habe ich im späteren Verlauf noch einmal Geld umgetauscht, um etwa Souvenirs zu kaufen. Ich empfehle, Geld mit einem Studenten auf dem Schwarzmarkt zu tauschen. Der offizielle Kurs ist 1 zu 7, der reale 1 zu 18.

Sprache

Die jungen Studenten und meine Kontaktpersonen konnten ausnahmslos sehr gutes Englisch sprechen. Auch im Krankenhaus wurde, zu meiner Verwunderung, in den Seminaren, am Krankenbett und in den Vorlesungen hauptsächlich Englisch geredet, obwohl die Amtssprache Arabisch ist. Für die Kommunikation mit den Patienten und im Alltag ist es gut, etwas Arabisch zu können. Aus Deutschland habe ich mir ein Arabisch Lehrbuch aus der Bibliothek mitgenommen und in einem kleinen Notizbuch die wichtigsten Redewendungen, Wörter und Anweisungen notiert. So konnte ich nach einiger Zeit selbstständig die Verkehrsmittel nutzen, einkaufen, Essen bestellen und mit Patienten kommunizieren. Außerdem freuen sich die Sudanesen riesig, wenn man versucht sich in gebrochenem Arabisch zu unterhalten oder auf Arabisch einen Kaffee bestellt. In meiner Erfahrung ist das Lernen der Landessprache eine Form von Respekt und die Sudanesen danken es einem mit Geschenken, Einladungen und tollen Gesprächen. Außerdem ist es ziemlich cool, ein wenig von dieser fremden Sprache lesen und verstehen zu können…

Verkehrsverbindung

Der Straßenverkehr im Sudan ist ein reinstes Abenteuer. Von einem berittenen Esel zum Tuktuk (Dreirad), über total gedrängte und schmutzige Minibusse bis zu modernen Überlandbussen kann man alles finden. Die erste Zeit wurde ich noch regelmäßig von meinen Kontaktpersonen morgens abgeholt und mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Universität gebracht und nachmittags / abends nach einem „Social Programm“ nach Hause begleitet. Später konnte ich auch alleine zur Uni fahren, allerdings war ich immer froh, wenn mich abends jemand begleitete, da die Busse in Khartoum an verschiedenen, nicht ausgeschilderten Stellen abfahren und die Fahrer fast nur arabisch sprechen.

Kommunikation

Entgegen meinen Erwartungen war Internet, Telefon und Kommunikation überhaupt gar kein Problem. Kurz nach meiner Ankunft gaben mir meine Kontaktpersonen eine Sim-Karte, in der ich alle notwendigen Nummern speicherte. Regelmäßige Rücksprachen und Telefonate sind notwendig, da sich viele Ereignisse und Vorgänge erst kurzfristig ergeben, oder sich im vornherein geplante nicht ergeben. Internet Guthaben konnte man regelmäßig aufladen und hatte dann pro Tag 25 MB zur Verfügung, was für Whats App und Facebook gereicht hat.    

  

Fachliche Eindrücke

Obwohl ich mich für eine Famulatur in der Tropenmedizin beworben hatte, stellte sich heraus, dass dies leider nur teilweise möglich war. Auf Grund einer Umstrukturierung wurde just in diesem Monat die Tropenklinik zur Dermatologie und kümmerte sich von nun an nur noch um bekannte tropenmedizinische Fälle, die ein Follow up benötigen und solche, die an die Klinik überwiesen wurden. Trotzdem hatte ich meistens zwei Tage in der Woche, an welchen ich mit anderen Studenten zusammen Patienten untersuchen konnte, die an tropischen Krankheiten litten. Von Elephantiasis, Bilharziose über Leishmaniose bis zur Tbc in allen Stadien und Formen habe ich auch dort viel gesehen und meine Fähigkeiten in der körperlichen Untersuchung verbessern können.

Geplant war auch eine Medical Mission in die ländlichen Gebiete des Sudans. Diese Missionen bestehen aus mikroskopische Diagnosen mit uralten Mikroskopen im Zelt, Kinder wiegen, impfen, untersuchen und Wunden verarzten. Leider wurde die Mission ein paar Stunden vor der Abfahrt aus finanziellen Gründen abgesagt, aber bei einer Famulatur empfehle ich dringend nach einer dieser Medical Missions zu fragen.

Foto: Elephantiasis

Alternativ hatte ich bei meiner Bewerbung „Notaufnahme“ angegeben, wo ich auch den Großteil meiner Zeit verbringen sollte. In der Notaufnahme finden sich meistens junge Ärzte, die gutes Englisch sprechen und bei denen man auch sehr viel machen darf. So konnte ich mit ihnen Patienten besprechen, Patienten untersuchen, alle möglichen Verletzungen chirurgisch, sowie Verbrennungen, Luxationen und Knochenbrüche versorgen. Obwohl morgens noch nicht viel passiert, ist die Notaufnahme ab dem frühen Nachmittag komplett überfüllt mit Verkehrsunfällen, Schnittverletzungen, Stichverletzungen, Schusswunden, Hochspannungsunfällen, hochgradige Verbrennungen, Kopfverletzungen, Polytraumata, gebrochenen Knochen und und und…. die Ärzte und Pfleger freuen sich, wenn jemand nähen kann und man einige Patienten mit kleineren und mittleren Verletzungen eigenständig versorgen kann. Was ich dort erlebt habe, lässt sich schwer in ein paar Zeilen beschreiben. Die chirurgischen Bedingungen sind soweit von steril entfernt, wie man sich das nur vorstellen kann. Brüche und hochgradige Verbrennungen werden teilweise ohne irgendeine Analgesie versorgt, jeder Patient bringt mindestens zehn Angehörige mit. Es kommen Kinder, die am ganzen Körper verbrannt sind und reanimiert werden müssen und Männer, die auf gebrochenen Beinen in die Notaufnahme gelaufen kommen. In dieser Zeit konnte ich auf jeden Fall sowohl meine praktischen Fähigkeiten verbessern als auch lernen, Ruhe zu bewahren. Oft war es frustrierend zu sehen, dass die schwerwiegenderen Fälle sterben, weil in der Notaufnahme weder Intubationsbesteck noch Defibrillator vorhanden sind, aber man lernt auch zu improvisieren und mit möglichst wenig Ressourcen gute Medizin zu betreiben.

Nach kurzer Zeit habe ich von vielen verschiedenen Ärzten die persönliche Handynummer bekommen und konnte diese in "Ruhephasen" anrufen und fragen, ob es eine spannende OP gibt, bei der ich assistieren könnte. So verbrachte ich auch Zeit in der Unfallchirurgie, Neurochirurgie und Viszeralchirurgie und konnte parallel in der Einleitung bei den Anästhesisten Flexülen legen, intubieren und beatmen. Wenn man möchte, kann man ggf. auch eine Spinale legen.

In der letzten Woche durfte ich auf der Geburtenstation arbeiten. Dies war besonders interessant, da viele Frauen noch beschnitten sind, bzw. noch beschnitten werden. Ich wurde Zeuge einer Zwillingsgeburt in der 30. SSW mit Dammschnitt und anschließender Reanimation (glücklicherweise erfolgreich) der Neugeborenen.

Wenn man fragt, darf man außerordentlich viel machen und die Ärzte bringen den Studenten auch gerne praktische Fähigkeiten bei. Ich kann sehr empfehlen, auch in andere Fachbereiche reinzuschauen; man sieht fast überall sehr interessante Fälle.

Land und Leute

Neben meinem "Academic Programm" waren meine Kontaktpersonen bemüht, mir fast jeden Tag ein "Social Programm" zu ermöglichen. So verbrachte ich die Wochenenden und die Nachmittage damit, Khartoum und die Umgebung zu erkunden, die Märkte unsicher zu machen, auf Konzerte zu gehen und mit den Sudanesen bei Kaffee und Tee Politik, Religion, Medizin, Geschichte, Fußball und Kultur zu besprechen. Sehr oft wurde ich von diesen oder ihren Verwandten zum Essen eingeladen, was es mir ermöglichte, die sudanesische Kultur und das Essen besser kennenzulernen. Innerhalb kürzester Zeit hatte ich mich durch die sudanesische Küche durchprobiert und nach anfänglichen Berührungsängsten – alle essen mit der Hand von einem Teller – hat mir dies später sogar richtig Spaß gemacht. Am liebsten essen die Sudanesen Brot, Fleisch, Bohnen, Fruchtshakes und Falafel. Eine Einladung zum Essen ist ein Zeichen des Respektes und sollte nicht abgelehnt werden!

Innerhalb von Khartoum gibt es nur wenige, aber lohnenswerte Sehenswürdigkeiten. Meine Favoriten sind der Omdruman Markt, direkt neben dem Krankenhaus, Hamed Al-Nil Gebetstanz am Freitag, die Farmen auf Tutti Island und die Bootsfahrten auf dem Nil. Ebenfalls lohnenswert sind das Nationale Museum, Khalifas Haus, Mahadis Tomb und der "Black Mans Market".

Eines meiner Highlights war ein Ausflug zu den Pyramiden bei Meroe (Al - Bejerawia ausgesprochen), wo wir auf Kamelen geritten sind und diese tolle Touristenattraktion nur für unsere Studentengruppe alleine hatten. Man hätte bestimmt noch mehr Ausflüge außerhalb Khartoums unternehmen können, aber leider braucht dieses einiges an organisatorischer Vorbereitung. Um in die anderen Regionen zu reisen, benötigt man verschiedene "Permits" und jemanden, der Arabisch sprechen kann, da man außerhalb von Khartoum nur noch wenige Menschen mit guten Englischkenntnissen findet. Die Busse und Verkehrsmittel sind nicht ausgeschildert und die Haltestellen sind ebenfalls nicht festgelegt und variieren je nach Tageszeit und Anzahl der Passagiere.

Foto: Die Pyramiden bei Meroe

 

Besonders haben mich die Menschen überrascht. Wenn auch selten pünktlich, haben sie eine Gastfreundschaft und Herzlichkeit, die ich noch nicht erlebt habe. Die Male, die ich mein Essen selber bezahlen musste, konnte ich an einer Hand abzählen, da die Sudanesen nach der Regel: "Guests don't buy" handeln. Dies hat mich als wohlhabenden Europäer so manches Mal in Verlegenheit gebracht, wenn die Studenten mir jeden Kaffee, Tee, Transport oder Essen bezahlt haben. Außerdem habe ich auch oft kleine Geschenke und Souvenirs bekommen, mit der Bitte: Don't forget Sudan! Ich hatte den Eindruck, dass den Menschen der Respekt der Europäer und deren Interesse über ihre Tradition, Religion und Situation wesentlich mehr bedeutet, als das Geld. People before money.

Ein weiterer Punkt, der mich außerordentlich beeindruckt hat, war die Belesenheit der Studenten. Egal ob Geschichte, Literatur, Politik, Ökonomie oder Literatur, die Gespräche waren fast immer sehr gut und fundiert und so mancher deutsche Student oder Abiturient könnte sich vom Wissen über die deutsche Geschichte von den Sudanesen eine Scheibe abschneiden. Die Menschen sind im Allgemeinen sehr an der westlichen Welt interessiert und freuen sich, wenn man Bilder aus Deutschland zeigt oder Fragen zur Arbeit in Deutschland und Europa beantworten kann.

Der Sudan ist ein sehr religiös geprägtes Land. Viele junge Sudanesen sind gläubig und traditionsbewusst, aber auch sehr weltoffen und liberal in Bezug auf andere Religionen und Lebenskonzepte. Andere sind religionsverdrossen und fühlen sich von den Grenzen, Regeln und Traditionen sehr eingeengt. Die Diskussionen sind sehr spannend und man kann eine Menge lernen. Durch verschiedene Bücher und Gepspräche habe ich viel über den Islam gelernt und kann viele der heutigen Ansichten und Konflikte, sowohl in Deutschland als auch in der Welt wesentlich differenzierter einordnen. Die Religion durchdringt jeden Bereich des gesellschaftlichen Lebens, sowohl zum Guten als auch zum Schlechten.

Foto: Gottesdienst des Sufi Ordens       

 

Schon während der Vorbereitung auf den Austausch war ich aufgeregt und gespannt in so ein anderes, exotisches Land zu fahren. Obwohl die Hitze und die sehr unterschiedliche Kultur mir anfangs einiges abverlangt haben, wurden meine Erwartungen übertroffen. Besonders beeindruckt bin ich von den Menschen und ihrer Gastfreundschaft. Viele der Gespräche und Erfahrungen rücken das Leben in Europa in ein anderes Licht und man lernt ruhiger und gelassener mit den "first world problems" umzugehen. Ich kann jedem empfehlen, eine Famulatur im Sudan zu absolvieren, alleine um seine praktischen Fähigkeiten zu verbessern und Krankheiten zu sehen, die man sonst nur aus dem Buch kennt. Ich hatte eine wundervolle Zeit und hoffe, dass es mich eines Tages wieder in den Sudan verschlägt.

One day Inschahllah.

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