- Bericht
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- Ulrich Bork
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- 29.06.2007
Anästhesie PJ-Tertial in San Francisco
Flache Krankenhaushierarchien, hervorragende Ausbildung, ausgezeichnete Betreuung von Studierenden, volle Integration ins Team, lange Arbeitszeiten, learning by doing und Leben in der interessantesten und schönsten Stadt der Welt - das sind ein paar Schlagworte, die ein PJ-Tertial in der Anästhesie an der University of California, San Francisco (UCSF) gut beschreiben.
Allgemeine Infos und Organisation
An dieser Stelle möchte ich nicht im Detail auf die Probleme und den organisatorischen Aufwand eingehen, der mit einem PJ Tertial in den USA generell einhergeht. Hier sei nur auf das hervorragende Infopaket USA von Via medici verwiesen, in dem sich alle aktuellen Infos über das US-amerikanische Gesundheitssystem und landestypische Besonderheiten nachlesen lassen:
Insgesamt lohnt sich der organistorische Aufwand jedoch mit Sicherheit. Wohnen und Leben in San Francisco ist sehr teuer - neben Manhattan der teuerste Ort in den USA. Hier lohnt es sich, vor der Abreise aus Deutschland Stipendien, Reisekostenzuschüsse oder Ähnliches zu organsieren. Eine Unterkunft (UCSF hat keine eigenen Wohnungen für visiting Students) findet man am leichtesten über Craigslist oder ähnliche Seiten. Ansonsten kann man sich auch für einige Zeit erstman in einem "guest house" oder "bed & breakfast" einmieten.
Auf den Internetseiten der UCSF finden sich alle Informationen zu möglichen electives für visiting medical students, zu Studiengebühren, über housing, die Bewerbungsmodalitäten etc. Die Seiten werden regelmäßig aktualisiert und es lohnt sich einen Blick darauf zu werfen.
Infos für visiting students an der UCSF
Die University of California, San Francisco (UCSF)
Das UCSF Medical Center - Alle Fotos: U. Bork
Die UCSF ist der einzige Standort der University of California, mit der Mutterhochschule Berkley, der ausschließlich auf "health sciences" spezialisiert ist. Diese Spezialisierung auf Medizin, Zahnmedizin, Pflegewissenschaften und die damit verbundene Ausbildung und Arbeit in der Grundlagenforschung - den sogenannten "biomedical sciences" - haben die UCSF zu einer der fünf besten Hochschulen Amerikas in der Medizin gemacht und auch zu einem der attraktivsten Arbeitsplätze für Mediziner und Wissenschaftler weltweit.
Klinikalltag
Insgesamt war ich an der UCSF von Januar bis April 2007 als visiting student - mit denselben Rechten und Pflichten wie die amerikanischen Studenten, was für die Anerkennung beim LPA wichtig ist. Alle meine Kurse habe ich aus dem online einsehbaren Kurskatalog für die final year rotations aus dem Fachgebiet der Anästhesie gewählt und so mein Wahltertial in der Anästhesie im Rahmen meines praktischen Jahres absolvieren können. Die Studenten rotieren im Rahmen der electives in anesthesia, die man belegt durch OP, Aufwachraum, Schmerzklinik, Prämedikationsambulanz, etc. Grundsätzlich arbeitet ein Student stets mit einem resident (Arzt in der Facharztweiterbildung) zusammen und mit einem attending (Oberarzt). Studenten sind die dritte Person in einem solchen Team und übernehmen - stets unter Supervision - je nach Komplexität des Falles die Aufgaben des residents. Arbeitet man zusammen mit dem "perioperative Team", versorgt man zusammen mit dem Team die Aufwachstation, die Prämedikationsklinik und den akuten Schmerzdienst.
Während der Zeit, die ich in San Francisco verbracht habe war ich zu jeder Zeit vollständig in die jeweiligen klinischen Teams integriert, mit denen ich zusammenarbeitete. Es wurde sowohl im Bezug auf die residents, als auch die Studenten sehr viel Wert auf hervorragende praktische Ausbildung in der Aneignung von klinischen Fertigkeiten, aber auch Unterricht in der zugrundliegenden Klinik und der theoretischen Grundlagen gelegt.
Jede Woche fanden abwechselnd "Grand Rounds" oder Unterricht für die residents statt, an denen ich auch als Student teilnahm. In den "Grand Rounds" wurden komplexe Fallvorstellungen präsentiert, neueste Forschungsprojekte diskutiert und auswärtige Professoren stellen ihre Arbeit vor. An diesen Veranstaltungen nahm stets die gesamte Anästhesieabteilung statt - eine beeindruckende Grupppe von mehr als 100 Professoren und über 70 residents plus die Studenten und in der Forschung arbeitenden Wissenschaftler.
Zusätzlich gab es mehrmals die Woche Fallvorstellungen und spezielle Unterrichtsveranstaltungen für Studenten und residents. Ich selber habe auch Präsentationen sowie Fallvorstellungen erstellt, die ich Gruppen aus Professoren, residents und anderen Studenten vorgestellt habe und die anschließend diskutiert wurden.
Insgesamt kann man das Studium an der UCSF sehr gut mit den Worten "fordernd und fördernd" beschreiben. Von mir wurde zwar sehr viel erwartet aber im Gegenzug lernte ich auch sehr viel und hatte eine spannende und sehr bereichernde Zeit in San Francisco. Nicht zuletzt die flachen Hierarchien und der offene Charakter der amerikanischen Studenten, Ärzte, Professoren und Forscher machten meine Zeit an der UCSF so interessant und unvergesslich. Es war völlig normal und wurde sogar erwartet, dass man sich mit Fragen und Anregungen jederzeit an sämtliche Mitarbeiter wendete. Durch die Rotation nicht nur durch verschiedene Subspezialitäten der Anästhesie, sondern auch durch verschiedene Lehrkrankenhäuser der UCSF habe ich auch einen sehr guten Einblick in das amerikanische Gesundheitssystem erhalten.
Freizeit
Insgesamt kann ich sagen, dass die vier Monate in San Francisco sicherlich zu den anstrengensten, aber vor allem auch zu den interessantesten, lehrreichsten und produktivsten Monaten meines Medizinstudiums gezählt haben. Es war eine sehr lohnenswerte Erfahrung. Nicht zuletzt sollte ich nicht vergessen zu erwähnen, dass San Francisco eine wunderschöne Stadt ist, in der es einem praktisch nicht langweilig werden kann. Und auch die Umgebung in Kalifornien bietet vor allem für Outdoor-Interessierte mehr als genügend Freizeitangebote.