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  • Judith Ehresmann
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  • 17.10.2017

Die Generalwiederholung

Das Wort Generalwiederholung ist in Aachen gefürchtet. Judith erzählt warum das so ist und was einen in der Generalwiederholung erwartet.

In Aachen findet einmal im Jahr die gefürchtete Generalwiederholung statt. Sie ist ausschließlich für Studierende der Humanmedizin bestimmt, die eine Klausur oder mehrere Klausuren des ersten Studienabschnittes (1. und 2. Semester) nicht bestanden haben.
Die Generalwiederholung ist somit der zweite Wiederholungsversuch und gleichzeitig die letzte Möglichkeit, im Medizinstudium in Regelstudienzeit weiter zu kommen, ohne eine sogenannte Ehrenrunde – ein Begriff, den man aus Schulzeiten kennt – drehen zu müssen.
Im Medizinstudium sitzenbleiben.


Anders als in anderen Universitäten, an denen man „Altlasten“ mitnehmen und weiter studieren darf, wird man in Aachen nämlich nur dann in den zweiten Studienabschnitt zugelassen, sprich ins 3. Semester, wenn man alle Klausuren erfolgreich bestanden hat.


Die Fächer des ersten Studienabschnittes, also des 1. und 2. Semesters, die bestanden werden sollten, sind folgende neun Prüfungsfächer:
- Einführungsklausur
- Chemie
- Physik
- Medizinische Terminologie
- Zellbiologie 1
- Zellbiologie 2
- IPO (Interdisziplinäre Propädeutik der Organsysteme)
- Biometrie (medizinische Statistik)
- Psychologie


Mit jeder bestandenen Klausur, rückt der Gedanke der gefürchteten Generalwiederholung in den Hintergrund. Schließlich sollten doch irgendwie in jeder Klausur 60 Prozent zu schaffen sein, glaubt man.
Aber auf eine nicht bestandene Klausur – jeder kann schließlich einmal einen schlechten Tag haben oder den Lernstoff nicht auf Anhieb beherrschen – folgt eine Wiederholungsklausur, die vom Schwierigkeitsgrad schwerer ist als der Hauptversuch, so Erfahrungen der Kommilitoninnen und Kommilitonen aus höheren Semestern. Und ganz schnell kann es passieren, noch bevor man daran hätte denken können, überhaupt jemals in so eine ungünstige Situation zu geraten, beginnt der Teufelskreis.
Auf die nicht bestandene erste Wiederholungsklausur folgt die zweite Wiederholungsklausur, die Generalwiederholung.
Die letzte Chance. Weiter studieren.
Oder versagen?!


Besteht man nämlich auch diese Klausur nicht, wird man nicht ins 3. Semester zugelassen und muss die nicht bestandene Klausur erst bestehen. Das bedeutet unter Umständen: Wieder 1. Semester!
Wieder Ersti sein, anstatt Dritti.
Eine unangenehme Vorstellung.
Der Leistungsdruck steigt, die Prüfungsangst nimmt zu, je näher der Tag der Generalwiederholung rückt.

Vier Wochen vor Beginn des zweiten Studienabschnittes, Anfang September, findet dieser Tag statt; nur vier Wochen, die einen trennen zwischen Weiterkommen oder „Sitzenbleiben“.


Um euch einen kurzen Überblick zu verschaffen, was man sich genau unter dem Begriff „Generalwiederholung“ vorstellen kann, hier ein kurzer Ablauf:
An einem Tag finden die Generalwiederholungen des ersten Semesters statt und am darauf folgenden Tag die Generalwiederholungen des zweiten Semesters. Hat man beispielsweise im ersten Semester die Fächer Zellbiologie 1 und Physik zweimal nicht bestanden, so muss man an diesem Tag zwei Wiederholungsklausuren zu festgelegten Zeiten ablegen. Die Klausurdauer ist im Vergleich zu den ersten beiden Versuchen kürzer und die Form der Klausur findet ausschließlich im Multiple-Choice-Format statt.
Hat man im zweiten Semester beispielsweise die Fächer Zellbiologie 2 und IPO zweimal nicht bestanden, so muss man am darauf folgenden Tag leider wieder das Uniklinikum betreten und unter Beweis stellen, dass man den Lernstoff doch noch beherrscht.
Psychoterror? Folter? Nichts für schwache Nerven? Ihr lest genau richtig!
Je weniger Generalwiederholungen man ablegen muss, desto größer scheint wohl die Wahrscheinlichkeit zu bestehen…Aber es ist natürlich auch möglich, an nur einer einzigen Klausur zu scheitern und trotz allem eine Ehrenrunde drehen zu müssen.


Ein Hoffnungsschimmer bleibt, wenn ich nun erwähne, dass die bereits bestandenen Klausuren aus dem ersten und zweiten Semester mit in die Bewertung der Generalwiederholung einfließen, sodass in einem gewissen Maße ein Ausgleich innerhalb aller Prüfungsfächer möglich sein kann.


Liebe Erstis, die zum Wintersemester 2017/18 hier in Aachen beginnen, ich kann euch den Rat geben, euch zum Ziel zu machen, direkt im Hauptversuch zu bestehen, damit ihr mit der „Generalwiederholung“ keine Erfahrungen machen müsst und den Begriff nur vom Hörensagen kennt.
Sicherlich ist es keine Dummheit, eine Klausur nicht zu bestehen und sicherlich ist es auch kein Versagen, sich in der Wiederholungsklausur wieder zu sehen, aber das Gefühl einer bestandenen Prüfung, das Gefühl, für Fleiß und Ehrgeiz belohnt zu werden, ist wertvoll und definitiv unbezahlbar.
Ich wünsche euch das Aufkommen dieser Gefühle! Bleibt stark und macht euch nicht verrückt!

Nun steht das dritte Semester an.
Ein Semester, welches für mich leider ohne einen Teil meiner neu dazugewonnenen Freunde beginnt. Wie sehr habe ich mir gewünscht, dass sie im Kampf gegen die „Generalwiederholung“ als Sieger hervorgehen würden und wir alle im gleichen Semester sind.
Aber auch euch wünsche ich, dass ihr es im nächsten Anlauf schaffen werdet!
In diesem Sinne: In allem Negativen steckt (vielleicht) auch immer etwas Positives!

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