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  • Alisha Qamar
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  • 07.07.2025

Vom Hörsaal in die Welt: Tipps für den Auslandsaufenthalt

Im Ausland zu studieren, zu arbeiten und neue Kulturen kennenzulernen, war schon immer ein großer Traum von mir. Im Medizinstudium konnte ich ihn mir erfüllen – hier möchte ich dir zeigen, wie auch du deinen Auslandsaufenthalt planst und was du dabei beachten solltest.

 

 

Möglichkeiten im Medizinstudium:

Im Medizinstudium gibt es neben den vielen Pflichtveranstaltungen auch einige Möglichkeiten, deinen Weg frei zu gestalten. So kannst du ein Erasmus-Semester absolvieren, Famulaturen oder auch dein Praktisches Jahr im Ausland verbringen. Darüber hinaus gibt es zum Beispiel auch die Möglichkeit, für Forschungsprojekte oder eine Doktorarbeit ins Ausland zu gehen – dazu kann ich allerdings nicht aus eigener Erfahrung berichten, sodass ich mich hier auf die oben genannten drei Auslandserfahrungen beziehe.
 

Erasmus-Semester:

Für das Erasmus-Semester gibt es konkrete Deadlines für die Bewerbung. Diese sind ca. 1–1 ½ Jahre vor dem eigentlichen Aufenthalt angedacht, das heißt, eine gute und frühe Vorbereitung ist das A und O. Es gibt auf der Website des International Office viele Informationen zu den Bewerbungsunterlagen und den Deadlines: Zur Websibte des International Office

Es gibt viele Universitäten, mit denen die RUB kooperiert – sog. Partneruniversitäten, die in ganz Europa verteilt sind. Damals habe ich mich für die Università di Bologna in Italien entschieden. Ich habe mich für Italien entschieden aufgrund meiner Italienischkenntnisse, dem chirurgischen Schwerpunkt der Universität sowie dem persönlichen Interesse an dem Land und der Kultur.

Wichtiger Tipp: Ich würde mir Erfahrungsberichte im Internet zu den einzelnen Universitäten als Austauschstudent*in durchlesen. Such online nach Stichworten wie „Erasmus Medizin [Deine Wunschuni]“ – so findest du Erfahrungsberichte von Studierenden mit wertvollen Tipps, die auch häufig ihre Kontaktdaten teilen.

Ganz unabhängig aber von der Partneruniversität, die du auswählst, geht kein Weg daran vorbei, ein Learning Agreement zu erstellen. Hierfür kannst du auf der Website der Partneruniversität bzw. auf der fakultätsspezifischen Website nach dem Curriculum schauen und herausfinden, welche Kurse denen deiner Heimatuniversität am ehesten entsprechen.

Wichtiger Tipp: Kläre unbedingt im Vorhinein mit den Fakultäten, Lehrstühlen und einzelnen Professoren ab, ob dir die im Ausland erbrachte Leistung auch anerkannt wird. So wird der Anerkennungsprozess später deutlich einfacher. Zusätzlich kannst du damit vermeiden, Pflichtveranstaltungen nachholen zu müssen und somit ggf. ein Semester länger studieren zu müssen. Häufig lassen sich durch die Fakultät auch individuelle Vereinbarungen treffen hinsichtlich der Ableistung von Pflichtpraktika. So habe ich im 9. Semester neben den vorgesehenen Blockpraktika noch einen Kurs aus dem 7. Semester (meinem Auslandssemester) parallel gemacht, um kein weiteres Semester länger studieren zu müssen. Setze dich hierfür frühzeitig mit deiner Fakultät in Verbindung.

Hier findest du die Website der Fakultät, auf der du mehr Informationen zum Auslandsstudium und möglichen Ländern erhältst: Infos zum Auslandsstudium
Solltest du die Bewerbungsfrist verpasst haben, gibt es eine zweite Bewerbung im Februar. Sollten nach der regulären Vergabe noch Plätze unbesetzt sein, steht dir die Möglichkeit offen, dich auf diese Plätze zu bewerben. In Bochum erhältst du hierfür mehr Informationen auf dem Schwarzen Brett:
 

Famulatur:

Die größte Freiheit hinsichtlich deines Ziellandes und des Zeitraums hast du am ehesten bei Famulaturen. Für Famulaturen gibt es zumindest gemäß dem Landesprüfungsamt in Düsseldorf keine Einschränkungen wie z. B. beim PJ, für das es eine extra Liste mit anerkannten Partneruniversitäten und Krankenhäusern im Ausland gibt. Die Welt steht dir also erstmal offen – was nun? Es gibt viele Aspekte, die du beachten solltest.

Zunächst das Thema der Finanzierung. Denn auch wenn es dir rein theoretisch möglich ist, in jedes Land der Welt zu reisen, ist das praktisch häufig nicht umzusetzen. Es gibt je nach Dauer des Auslandsaufenthaltes auch die Möglichkeit, ein Erasmus-Praktikum zu beantragen oder sich für Förderungen durch Stiftungen zu bewerben. Kosten fallen natürlich auch weg, wenn eine Unterkunft gestellt wird. In meiner Famulatur in Japan wurde mir ein kostenloses Apartment fußläufig vom Krankenhaus gestellt, sodass ich hier viel Geld sparen konnte. Informiere dich, inwiefern es eine solche Möglichkeit gibt. Auch für einige Praktika in der Schweiz gibt es für Studierende Plätze in kostenfreien oder kostengünstigen Wohnheimen.

Wenn es darum geht, ein Zielland auszuwählen, spielt unter anderem auch die Sprache eine große Rolle. Wie gut sprichst du die Sprache? Sprichst du sie? Hast du Zeit und Kapazitäten, die Sprache zu lernen? Wäre es auch ohne Sprachkenntnisse möglich, dort zu famulieren? Zu letzterem Punkt geben Universitäten/Krankenhäuser häufig auch an, dass eine Kommunikation auf Englisch möglich ist. Dies war zum Beispiel in Japan der Fall, sodass ich mir Grundlagen (Begrüßung, Verabschiedung, eigene Vorstellung) angeeignet habe, aber der Großteil der Kommunikation mit mir auf Englisch stattfand.

Wenn du dir über all diese Dinge Gedanken gemacht hast, geht es an die Bewerbung, die sehr mühsam sein kann. Es gibt Kliniken, die explizit auf ihren Websites darauf hinweisen, dass man nicht die Ärztinnen bezüglich eines Praktikums anschreiben soll. Einige Kliniken ziehen daraus auch Konsequenzen und schließen dich, falls du dich nicht daran halten solltest, auch komplett aus dem Bewerbungsprozess aus. Also lies dir die Informationen auf den Websites genau durch. Über Famulatur-Ranking findest du zahlreiche Erfahrungsberichte, und häufig sind dort auch Kontaktdaten der Mitarbeitenden des International Office, engagierter Ärztinnneun und Ärzte oder Sekretär und Sekretärinnen hinterlegt, an die du dich wenden kannst. Häufig wirst du keine Antwort erhalten, aber lass dich nicht entmutigen. Du kannst dir am Wochenende einen Block von 1–2 Stunden setzen, in dem du dir die Kontaktdaten heraussuchst und E-Mails schreibst. Ich habe mich in den E-Mails nur vorgestellt (Heimatuniversität, Semester), meinen gewünschten Zeitraum und mein gewünschtes Fachgebiet genannt und darum gebeten, dass, falls jemand anderes für mein Anliegen verantwortlich ist, man meine E-Mail doch bitte weiterleiten möchte. Dies hat häufig gut funktioniert, sodass ich trotz anfänglich falscher Kontaktdaten am Ende dann doch am Ziel ankam.

Und dann wird es auch einfacher: Du bist nicht die erste Person, die ein Auslandspraktikum machen möchte, und häufig wissen die Universitäten/Kliniken schon genau, welche Dokumente sie von dir brauchen. Häufig sind dies Dinge wie ein Empfehlungsschreiben (dies kannst du bei deiner Fakultät erfragen oder sonst bei Dozierenden, die du kennst), einen Sprachnachweis und Versicherungsunterlagen.

Zuletzt gibt es noch viele Organisationen, die sich genau auf diese Thematik spezialisiert haben. Diese verlangen aber auch ziemlich viel Geld und bieten dafür ein Rundum-Sorglos-Paket. Am Ende des Tages liegt es an dir zu entscheiden, ob so etwas für dich infrage käme. Das E-Mail-Schreiben und die gesamte Recherche über die Auslandsfamulatur und Fördermöglichkeiten kann und ist wirklich anstrengend, aber es lohnt sich. Wenn es dich entlastet, dies über eine Organisation durchführen zu lassen, kannst du das gern machen. Im Prinzip kannst du es aber auch selbst.

Ein letzter Tipp – dies gilt aber für alle genannten Praktikumsformen – ist es, zu schauen, ob es Kooperationen gibt. So kam ich überhaupt auf Japan als mögliches Land für eine Famulatur, da das Herz- und Diabeteszentrum in Bad Oeynhausen eine Kooperation mit dem Klinikum in Tokyo hat und jedes Jahr 2–4 Studierende für einen Austausch nominiert. Die Universität Bochum hat ziemlich viele Kooperationen rund um den Globus, und es lohnt sich, dahingehend zu informieren. Hier findest du mehr Infos dazu.
 

Praktisches Jahr:

Last but not least: das Praktische Jahr (PJ). Im PJ kannst du zumindest in NRW (Stand 07/2025) alle deine Tertiale im Ausland absolvieren, sofern das Zielland/Zielkrankenhaus auf der PJ-Auslandsliste steht. Alle Krankenhäuser, die auf der Liste stehen, sind genehmigt für die Tertiale der Inneren Medizin und der Chirurgie. Bei einigen Krankenhäusern stehen explizit noch weitere Fächer wie z. B. Augenheilkunde, Pädiatrie etc. daneben. Dort ist der Wortlaut dann sinngemäß: „Auch [Fach XY] möglich“. Dies bedeutet, dass du also auch dein Wahltertial – sofern dies übereinstimmt mit der entsprechenden Freigabe gemäß Liste – auch im Ausland absolvieren kannst. Die Liste findest du hier:

Bei Fragen kannst du immer auf das Landesprüfungsamt zurückkommen und dich entsprechend beraten lassen. Solltest du bereits ein Krankenhaus im Kopf haben, das noch nicht auf der Liste steht, kannst du dies beim LPA beantragen. Sagen wir, du möchtest im Wahltertial „Orthopädie“ an einem Klinikum in Irland machen. Dies ist laut der Liste bisher nicht möglich. Hierfür kannst du dem Klinikum in Irland sowie der Fachabteilung der Orthopädie deiner Universitätsklinik die Äquivalenzbescheinigung für die Anerkennung neuer ausländischer Einrichtungen zuschicken, die du dann unterschrieben von beiden Parteien an das LPA zurückschickst. Sollte dies anerkannt werden, wird es in die PJ-Liste aufgenommen und du darfst dort dein Wahltertial absolvieren. Also lass dich nicht entmutigen, wenn dein Wunschkrankenhaus/Wahlfach nicht auf der Liste zu finden ist – du kannst dafür sorgen, dass es dort steht.
 

Finanzierung:

Es ist keine Pflicht, im Studium Auslandsaufenthalte zu absolvieren, aber eine große Chance. Mir war es persönlich wichtig, da ich die Aufenthalte genutzt habe, um meinen Horizont zu erweitern und fachlich als auch menschlich zu wachsen. Außerdem ist es ein großes Privileg, überhaupt erwägen zu können, ins Ausland zu gehen. Meine Auslandserfahrungen konnte ich mir nur aufgrund von Stipendien leisten. Für das Erasmus-Semester gibt es z. B. für jedes Land eine Pauschale, die meiner Erfahrung nach fast jährlich aktualisiert und angehoben wird. Zusätzlich erhalten u. a. Erstakademiker*innen, Menschen mit chronischer Erkrankung oder Menschen, die bereits Kinder haben, eine Zusatzförderung von 250 €. Wenn du dich dazu entscheidest, mit dem Zug in dein Zielland zu fahren (sofern möglich), erhältst du eine Mobilitätspauschale von 50 €. Mit einem zusätzlichen Stipendium wie von einem der 13 großen Förderwerke lässt sich dies gut kombinieren. Hierfür habe ich mich direkt nach dem Abitur beworben, eine Bewerbung ist aber auch im Studium möglich.
 

Kritik an Auslandsaufenthalten:

In Ländern mit knappen Ressourcen können Auslandspraktika manchmal mehr schaden als nutzen. Famulantinnen/PJlerinnen ohne ausreichende Sprachkenntnisse oder klinische Erfahrungen werden oft in Situationen eingesetzt, die ihre Kompetenzen überschreiten. Das gefährdet nicht nur die Sicherheit der Patientinnen und Patienten, sondern kann auch bestehende Ungleichheiten zwischen globalem Norden und Süden verstärken. Studierende aus dem globalen Norden übernehmen vor Ort Aufgaben, die sie in ihrem Heimatland aus gutem Grund nie eigenständig durchführen dürften, und „profitieren“ von der Lernerfahrung, während die Patientinnen und Patienten vor Ort ein höheres Risiko tragen und unfreiwillig zum „Übungsfeld“ werden. Daher mein großer Appell: Check yourself. Menschen in anderen Ländern sind kein Spielplatz für Praxiserfahrungen, die du zuhause nicht machen darfst (aus gutem Grund!). Patientinnen und Patienten sind keine Experimente – du wirst das Land nach einigen Wochen wieder verlassen, die Menschen leben weiter mit möglichen Nebenwirkungen, Komplikationen oder sogar Traumata.
Respekt, Demut und kritische Selbstreflexion sind bei dem Antreten eines Auslandspraktikums so viel wichtiger als jede Zeile im Lebenslauf.

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