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  • Alisha Qamar
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  • 11.10.2023

Auslandsfamulatur in Tokyo – 4 Wochen Kinderchirurgie am Showa University Hospital

Alisha hat eine Famulatur in der japanischen Hauptstadt gemacht und war begeistert. Hier berichtet sie ausführlich über ihre Erfahrungen im Krankenhaus und gibt dir Tipps für Freizeitaktivitäten.

 

 

Eine Auslandsfamulatur war immer ein Traum von mir – ein neues Gesundheitssystem, neue Therapiemethoden und gleichzeitig ein neues Land und eine völlig neue Kultur kennenlernen. Zu Japan hatte ich nie einen Bezug – erst als die Ruhr Universität ankündigte, dass Plätze für eine Famulatur in Tokyo frei werden, wurde ich neugierig und begann, mich über Japan und die Universität zu informieren. Das spannende an der Showa University ist, dass dort Medizin, Pharmazie und Zahnmedizin gelehrt werden und alle drei Fakultäten verknüpft sind und zusammen als Einheit lernen, anstatt sich als separate Fakultäten zu sehen. 

 

Bewerbung

Die Bewerbung verlief problemlos über das verantwortliche Lehrkrankenhaus der RUB, dem Herz und Diabeteszentrum in Bad Oeynhausen. Man benötigt lediglich den Lebenslauf und ein Motivationsschreiben auf Englisch. Die Zusage kam Ende Mai.

 

Planung

Eine Kommilitonin und ich wurden nach erfolgreicher Bewerbung verknüpft und begannen gemeinsam, die Zeit in Japan zu planen. Wir reisten vor Famulaturbeginn knapp zwei Wochen durch Japan und besuchten Osaka und Kyoto und fuhren dann nach Tokyo, um mit der Famulatur zu beginnen. Vor Anreise standen wir in ständiger Kommunikation mit Dr. Mike Myers aus dem International Exchange Office. Er sendete uns zahlreiche Dokumente und hilfreiche Informationen bezüglich der Einreise nach Japan zu. 

Folgende Unterlagen wurden von uns verlangt, diese sind aber grundsätzlich bei jeder Form von Auslandspraktikum notwendig:

 

  • Empfehlungsschreiben der RUB
  • Lebenslauf
  • Transcript of Records
  • Kopie des Reisepasses
  • Sogenannte „Immunization Records“ – im Prinzip eine Kopie des Impfpasses und eine Übersicht über Titer Ergebnisse – von uns wurden folgende Titerergebnisse gewünscht: Masern, Mumps, Röteln, Varizellen 
  • Thorax Röntgen, das keinen Hinweis auf Tuberkulose liefert
  • Hepatitis B Immunisierung
  • Covid Impfungen (Stand 2023: 3 Impfungen notwendig)
  • Krankenversicherung
  • Internationale Haftpflichtversicherung
  • Passfoto
  • Flugdetails
  • Visiting International Student Application Form – dieses Dokument erhält man bei Zusage des Famulaturplatzes von der University. Grundsätzlich werden hier persönliche Angaben nochmals abgefragt sowie Abteilungswünsche. 

 

Unterkunft

Bei unserer Ankunft wurden wir freundlich empfangen und zu unseren Dorms gebracht. Die Internationalen Studierenden leben in dem sogenannten „Showa University Flag Dormitory“ und haben ein eigenes Apartment ausgestattet mit einer Küche, einem Bad, einer Waschmaschine, einem Bett, einem Kleiderschrank und einem Schreibtsich. In den Dorms mussten wir zunächst einen Corona Test machen – glücklicherweise war dieser negativ. Anschließend wurden wir gemeinsam mit einem weiteren Studenten in das International Exchange Center gebracht und haben uns einander vorgestellt. Hier haben wir auch weitere Informationen bezüglich der Famulatur und alltäglichen Dingen wie Einkaufsmöglichkeiten, Supermärkten, Lernmöglichkeiten etc. erhalten. Die Famulatur fand nicht im Zentrum Tokyos statt, sondern in der Präfektur Shinagawa im Ort Hatanodai. Hier war es ruhiger als im Zentrum und viele Familien wohnten um das Krankenhaus- und Universitätsgelände herum. Die Tatsache, dass es ein Kontrast zu dem doch sehr lauten und aktiven Zentrum Tokyos war, hat mir gut gefallen, da man einen authentischeren Einblick in das Leben in Japan erhalten hat.

 

 

Famulatur

Meine Famulatur am Showa University Hospital habe ich in der Abteilung der Kinderchirurgie absolviert. An meinem ersten Tag wurde ich herzlich vom stellvertretendem Chefarzt empfangen und zu dem Doctor’s Office gebracht. Dies dient als Büro für alle Mitglieder*innen der Kinderchirurgie. Dort wurde ich allen vorgestellt und habe meinen Dienstplan erhalten. Ich musste montags bis freitags arbeiten und durfte verschiedene Einblicke erhalten. So wurde montags und freitags operiert, Montagnachmittag gab es um 15 Uhr eine Konferenz, in der Patientenfälle besprochen wurden und täglich gab es die Möglichkeit, entweder in der sogenannten Outpatient Clinic oder auf der Pediatric Ward tätig zu sein. Die meiste Zeit habe ich entweder in der Outpatient Clinic oder im OP verbracht, da es dort mehr für mich zu sehen und verstehen gab.

Alle Ärztinnen und Ärzte der Abteilung haben gutes Englisch gesprochen, sodass ich inhaltlich sehr viel aus der Famulatur mitnehmen konnte. Sollte es doch Sprachschwierigkeiten geben, haben wir uns mit Apps wie Google Translate, DeepL oder Papago weitergeholfen! Allen war es trotz Sprachbarriere wichtig, dass ich viel aus der Famulatur mitnehme. Deshalb war es gewünscht, dass ich mich bei allen Operationen einwasche und mit am Tisch stehe. Dort wurden mir ausführlich die einzelnen Schritte der OP erklärt und meine Fragen beantwortet. Die Outpatient Clinic ist gleichzusetzen mit einer Ambulanz – hier wurden OP Aufklärungen gemacht oder Kontrolluntersuchungen durchgeführt. Häufig habe ich hier Hernien und die Therapie dieser gesehen. In der Outpatient Clinic herrschte eine größere Sprachbarriere als in dem OP, jedoch gab es einen Assistenzarzt, der sich die Mühe gemacht hat und mir täglich die Liste der kommenden Patientinnen und Patienten auf Englisch übersetzte und mir noch Zusatzinformationen dazuschrieb, sodass ich ein klareres Bild über die Situation hatte.

Gleich an meinem ersten Tag erhielt ich eine Einladung zu einem Welcome Dinner, welches Ende der Woche stattfinden sollte. „We would like to welcome you to our department “, sagte der stellvertretende Chef zu mir. Wir trafen uns Freitagabend vor dem Krankenhaus und gingen gemeinsam Yakitori essen! Ich habe hierbei das gesamte Team nochmal von einer anderen Seite kennengelernt und mich wirklich sehr wohl und angekommen gefühlt!

Neben der Famulatur war es gewünscht, dass wir jeden Donnerstagnachmittag im ChatClub der Showa University mitmachen. Dies ist eine Art Hochschulgruppe mit 10-15 Studierenden, die entweder Medizin, Zahnmedizin oder Pharmazie studieren und durch den Austausch mit internationalen Studierenden neue Eindrücke erhalten. Im Rahmen dessen durften wir eine Präsentation über die RUB halten und das Herz und Diabeteszentrum vorstellen. An einem ChatClub Termin waren wir Essen und haben uns über verschiedenste Themen bei unfassbar leckerem japanischem Essen unterhalten. 

Die Kooperation zwischen der Showa University und dem Herz und Diabeteszentrum (HDZ) existiert unter anderem auch deshalb, da ein japanischer Arzt vor einigen Jahren für 4 Jahre am HDZ gearbeitet hat und aktuell als Herzchirurg am Showa University Hospital tätig ist. Er lud meine Kommilitonin und mich zum Sushi essen ein! In seinem Auto fuhren wir nach Kyodo, um dort unfassbar leckeres Sushi zu essen. Die Atmosphäre war gelassen und wir haben viel Spannendes über seinen Werdegang und seine Inspiration für die Herzchirurgie erfahren. 

 

Finanzierung

Die Famulatur war trotz gestellter Unterkunft teuer. Ein Erasmus Stipendium käme aufgrund der Geografie nicht infrage, aber es gibt Möglichkeiten über Anbieter wie MLP oder Medizinernachwuchs Beträge von einigen Tausend Euro zu erhalten. Alternativ gibt es Stiftungen wie die Hans-Böckler Stiftung, die Avicenna Stiftung etc., die nicht nur Auslandsaufenthalte fördern, sondern das gesamte Studium. Hierbei sind die Bewerbungsvoraussetzungen unterschiedliche, da man sich häufig bereits nach dem Abitur oder zu Studienbeginn bewerben sollte. 

 

Japan – Tipps!

  • Transport: In Osaka und Kyoto waren wir für nicht mehr als 6 Tage, sodass es sich hier gelohnt hat, sogenannte Tagespässe zu kaufen. So gibt es den Kansai 3-Day Pass, mit dem man die Öffentlichen Verkehrsmittel kostenfrei nutzen kann und auch Vergünstigungen für Attraktionen erhält. In Tokyo habe ich mich mit der Suica Card fortbewegt. Diese wird aktuell nicht mehr verkauft. Für iPhone User war es dennoch möglich, sich die Transportkarte über die Apple Wallet hinzuzufügen und über ApplePay aufzuladen. Ein weiterer wichtiger Hinweis: Die Metros fahren nach 0 Uhr nicht mehr. Taxis sind ziemlich teuer, sodass man abends doch versuchen sollte, vor Mitternacht zuhause zu sein.
  • Essen: Die Auswahl an gutem Essen ist riesig. Ich würde dir raten, einen Local nach Empfehlungen zu fragen oder die Convenience Stores wie 7/11 und Familymart auszuprobieren. Eines meiner Lieblingslokale war Matsuya. Dort findet man traditionell japanisches Essen, hat eine riesige Auswahl und kann bei Bedarf auch alleine sitzen, da es dort sogenannte Booths gibt.
  • Things to do: Unbedingt Karaoke singen! Es macht riesigen Spaß und häufig gibt es auch die Möglichkeit Englische Lieder zu singen! Außerdem – Japans Natur ist wunderschön. Wer also eine Auszeit von dem Trubel am Shibuya Crossing möchte, kann ich nur empfehlen in die Natur zu fahren. Nicht allzu zweit von Tokyo entfernt befindet sich der Mount Takao, der eine wunderschöne Sicht auf den Mount Fuji gewährt (wenn es nicht bewölkt ist). Alternativ ist es auch möglich, Tagestrips nach Kamakura zu machen und von dort aus in 20 Minuten in Enoshima zu sein und Japans wunderschöne Natur zu erleben. 

 

Fazit

Die Famulatur hat mir unfassbar viel Freude bereitet und mir einen einzigartigen Blick in das japanische Gesundheitssystem, die Medizin, Kultur und Land gegeben, den ich so nie erhalten hätte. Auch die Mischung zwischen der Famulatur am Krankenhaus und der aktiven Beteiligung im universitären Rahmen am Beispiel vom ChatClub war sehr bereichernd. Ich hatte wirklich eine unfassbar schöne Zeit in Japan und am Showa University Hospital und blicke mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf die Zeit zurück! Arigato gozaimasu!

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