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- Petra Ludwig
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- 14.04.2021
Sicher handeln im Notfall
Notfälle können immer und überall passieren, aber wie reagierst du richtig, was solltest du alles können? Petra erzählt dir hier von einer Notfallsituation aus ihrem Krankenpflegepraktikum und gibt dir wertvolle Tipps, wie du selbst in Notfallsituationen souverän reagieren kannst.
Die schönsten Aufgaben, die man im Krankenpflegepraktikum zugeteilt bekommt – das habe ich ganz schnell gemerkt – enden mit dem Satz „Und lass dir Zeit dabei, du hast danach erstmal keine weitere Aufgabe, ich gehe auf die Glocken“. Die Zeit auf Station kann super anstrengend werden und wir verrichten viele unliebsame Aufgaben. Manchmal, aber wirklich nur manchmal, ist dann aber doch genügend Luft, um auch mal eine Stunde auf den Praktikanten verzichten zu können.
An jenem Tag fragte mich die Krankenpflegerin, ob ich nicht Frau Selzer* etwas zu essen geben könnte. Die Patientin war in keiner guten allgemeinen Verfassung und ich freute mich, ihr etwas gutes zu tun und mich ein wenig um sie kümmern zu können. „Wenn was ist, schrei einfach“, sagte die Pflegerin noch zu mir. Also machte ich mich voller Tatendrang an die Sache. Frau Selzer nickte auf die Frage hin, ob sie denn hungrig wäre, durstig sei sie auch. Nachdem ich es ihr im Bett gemütlich gemacht hatte und alles bereit gestellt war, nahm sie auch den ersten Schluck Wasser mit meiner Unterstützung. Bis hierher: so weit, so normal. Bei der zweiten Tablette, die sie schlucken wollte, war dann aber plötzlich nichts mehr normal.
Sie schluckte nicht und schaute mich auch nicht mehr richtig an. Auf Ansprache reagierte sie auch nicht mehr. Und jetzt? Jeder Medizinstudierende muss bis zur ersten ärztlichen Prüfung einen Erste Hilfe Kurs absolvieren. Vielleicht hast du ihn selbst schon belegt und denkst dir jetzt: Anschauen, Ansprechen, Anfassen, Atemkontrolle. Vielleicht kommt der Kurs aber auch erst noch auf dich zu. Hier lernst du viel darüber, was du tun kannst, um jemandem akut das Leben zu retten. Später kommen weitere Maßnahmen dazu, die du ergreifen kannst, abhängig von Situation und Patient*in. Drei Dinge gibt es jedoch, die so fundamental wichtig sind, dass wirklich jeder sie beherrschen und verinnerlichen sollte:
1. Bewahre einen kühlen Kopf. Atme einmal tief durch. Nur, wenn du einen kühlen Kopf bewahrst, kannst du dein Potential und Wissen voll ausschöpfen. Atmung unter Kontrolle?
2. Passe auf dich auf. Nur ein unversehrter Helfer kann helfen. In der Fachsprache wird das ganze mit dem tollen Wort „Eigenschutz“ versehen. Niemandem und am aller wenigsten dir selbst ist geholfen, solltest du dir voller Hektik das Bett über den Fuß rollst oder dich an Geräten stößt und dir am Ende eine Kopfplatzwunde zuziehst. Halte die Augen offen. Fühlst du dich nicht sicher in einer Situation: Geh! Dann wird der dritte und letzte Punkt sogar noch wichtiger!
3. Hole andere Leute hinzu. Alleine ist eigentlich kaum eine Notfallsituation zu bewältigen. Das Gute? Du musst und sollst das gar nicht! Egal wo du dich befindest, hast du immer Unterstützung zur Seite. Auf Station sind das ärztliche und pflegerische Kolleginnen und Kollegen und wenn du draußen unterwegs bist, gibt es Passanten und dein Telefon. Zögere niemals, dir Hilfe zu holen, etwa indem du den Stationsalarm auslöst oder die 112 wählst.
Wie ging es nun mit Frau Selzer weiter? Aufgrund meiner Erfahrungen aus dem Rettungsdienst konnte ich schnell die ersten Maßnahmen ergreifen und den Reanimations-Alarm auslösen, Frau Selzer atmete nämlich zu dem Zeitpunkt nicht mehr. Kurz nach dem Eintreffen der Pflegekräfte und Ärzte atmete Frau Selzer dann auch wieder – ohne reanimiert werden zu müssen. Im Fall der Fälle hatte sie verfügt, dies nicht zu wollen. Vermutlich war genau in dem Moment ein kleiner Schlaganfall abgelaufen, den ich beobachten konnte.
Richtiges Handeln im Notfall erfordert neben den drei genannten Punkten vor allem Übung. Wenn also das nächste Mal im Erste Hilfe Kurs von dir verlangt wird, dass du unbedingt nachdem du an der Schulter gerüttelt hast, „Hilfe!“ rufen sollst, lass dich darauf ein und mache mit! Nur, wenn du bei allen Übungen, Rollen- und Fallbeispielen mitmachst, kannst du üben, üben, üben und im Ernstfall Leben retten.
* Name von der Redaktion geändert