• Bericht
  • |
  • Mylène Thiel
  • |
  • 09.10.2013

In 549 Tagen zum Medizinstudium

Der Weg zum Medizinstudium ist oft nicht einfach und mit vielen Hindernissen verbunden. Auch Mylène musste sich nach ihrem Entschluss Medizin zu studieren damit befassen. In diesem Artikel erzählt sie von den Hürden, ihren persönlichen Erfahrungen, den absoluten Tiefpunkten und den Glücksmomenten, die allein die Bewerbung auf einen Medizinstudienplatz mit sich bringen kann.

Stethoskop und Kittel - Foto: M. Thiel

Alle Fotos: Mylène Thiel

Der Wecker klingelt um Punkt 7. Ich bin schon länger wach, wollte den Moment auf keinen Fall verpassen: Es ist Dienstag und in einer Stunde werde ich meine erste Vorlesung als Medizinstudentin haben. Jetzt sind all die Zweifel, die mich in den letzten anderthalb Jahren ständig begleitet haben, wie weggeblasen.Aber nochmal ganz auf Anfang – Wie bin ich eigentlich hier gelandet?

Der Entschluss ist gefasst – Ich will Medizin studieren

Es mussten erst 3 Semester in einem mich nicht erfüllenden Studiengang – Maschinenbau - vergehen, bis ich mich endlich dazu entschloss, den Schritt zu wagen. Ich wusste, ich hatte mit meiner 1,9 als Abiturschnitt nicht die besten Voraussetzungen auf eine Zulassung und ein Blick in die NC-Tabelle der letzten Jahre von hochschulstart.de machte mir diesbezüglich auch nicht wirklich Hoffnungen. Trotzdem wollte ich es versuchen und bevor ich überhaupt zu meiner Vorlesung am Vormittag gehen konnte, hockte ich mich vor den PC und stöberte im Internet nach Bewerbungsmöglichkeiten, Unistädten und Voraussetzungen für die Zulassung. Ich hatte Glück, denn ich war noch nicht zu spät um mich für das kommende Wintersemester zu bewerben – zumindest nicht in Deutschland. In Österreich war die Anmeldefrist bereits vor Februar abgelaufen. Ich hätte also 2 Monate früher dran denken müssen.

Egal, nicht lang Trübsal blasen! Es gibt noch viel zu tun und wenn ich mich zu lang mit dem aufhalte, was ich eh nicht ändern kann, komm ich nicht voran. Das war mein Motto, an das ich immer dachte, wenn ich das Gefühl hatte sonst die Geduld und den Verstand zu verlieren.

 

Die Bewerbung – Wie, wo, wann und hä?!

Die wohl wichtigste Arbeit in diesem ganzen Bewerbungsdschungel ist die Informationen richtig zu lesen, aufzunehmen und zu verarbeiten. Oftmals saß ich Stunden vor meinem Bildschirm, gebrauchte 5 Internet-Suchmaschinen gleichzeitig, um an die Informationen zu gelangen, die ich eigentlich haben wollte. Und selbst wenn ich dachte ich wäre um einiges klüger als zuvor, verlief sich meine Suche irgendwo im nirgendwo, zwischen Numerus Clausus und den Horoskopen der nächsten Woche.

Es ist eine Arbeit, die sehr ermüdend und aufreibend zugleich ist. Sie ist jedoch leider unumgänglich, wenn man wirklich all seine Möglichkeiten ausschöpfen will, um irgendwie an einen begehrten Studienplatz zu kommen.

Meine Möglichkeiten waren schnell an 2 Fingern abgezählt: Ich würde mich einerseits in Deutschland mit meiner 1,9 bewerben, an 6 Unis „meiner“ Wahl, andererseits in meinem Heimatland Luxemburg, wo ich dachte dass meine Chance einen Platz zu bekommen bei 90% liegt. Aber so wirklich wollte ich dort nicht landen, denn die Uni Luxemburg bietet keinen kompletten Medizinstudiengang an und so wird man bereits nach 2 Semestern wieder ins Ausland geschickt. Um dann an einer Partneruni übernommen zu werden, muss man sich gegen seine Kommilitonen durchsetzen. Gegen Jahresende darf sich dann der beste Kandidat seine Uni aussuchen, danach werden die freien Studienplätze den schlechteren Kandidaten je nach Verfügbarkeit zugeteilt.

Da ich aber, damals wie heute, immer noch auf meine Mutter höre, überlegte ich mir noch einen Plan B, falls aus dem Medizinstudienplatz in Luxemburg nichts werden würde. Ich war sicher, dass der Fall eh nicht eintreten würde. Deshalb war eine Alternative schnell gefunden: Pharmazie in Luxemburg. Das gleiche Studium wie das der Mediziner, mit geringfügigen Abweichungen.

 

Mylène auf dem Weg ins Medizinstudium - Foto: M. Thiel

 

Das lange Warten auf die Bescheide

Im Nachhinein weiß ich, dass es die Ungewissheit war, welche mich am meisten Nerven gekostet hat. Dieses lange Warten, von April bis August, bis ich endlich wusste wie es weitergeht. Das hat mich immer wieder zur absoluten Verzweiflung gebracht, und viele schlaflose Nächte bereitet. Vor allem, weil ich keine andere Beschäftigung hatte und an nichts anderes denken konnte.

Anfang August kam der Bescheid aus Luxemburg: Ablehnung für das Medizinstudium. Der schlimmste Fall war eingetroffen, denn die Hoffnung für Deutschland hatte ich eh schon fast aufgegeben. Was nun? Es blieb ja noch das Pharmaziestudium, aber das war doch eigentlich gar nicht das was ich wollte?!

Ich musste mir eingestehen, dass es nun mal so kommt wie es kommt und wieder einmal musste ich mir sagen, dass ich mich nicht mit der Niederlage aufhalten würde, denn das kostet nur Zeit. Zeit die niemand hat.

Der Bescheid für Pharmazie kam ein paar Wochen später: Ich war zugelassen, im quasi gleichen Studiengang, nur anders betitelt und mit 3 unterschiedlichen Fächern. Zeit zu überlegen hatte ich nicht, ich musste mich binnen 4 Tagen einschreiben, was ich dann auch tat und ich blickte einer Zukunft entgegen, die mir so überhaupt nicht gefiel. Ende September kam der Bescheid von hochschulstart.de: Ein Ablehnungsbescheid in seiner vollsten Pracht.

 

Ich war also von einem gewollten unerfüllenden Studiengang in einen nicht gewollten reingerutscht. Ich war am Ende meiner Kräfte. Konnte das noch gut ausgehen?

 

Eine neue Devise muss her: Nicht aufgeben!

Das Wintersemester zog an mir vorbei und schon wieder hieß es: Informationen suchen und bewerben! Diesmal konnte ich alle Möglichkeiten ausschöpfen und ich ließ nichts unversucht. Mein Ziel? Immer noch ein Humanmedizinstudienplatz!

Ich hatte die volle Auswahl: Nochmal Deutschland, nochmal Luxemburg, Belgien, Österreich, die Niederlande. Ich meldete mich zum TMS an und zum MedAT-H.Wieder einmal waren diese zahlreichen Bewerbungen sehr zeitaufwendig und ich wusste nicht immer sofort, was das Land/die Uni von mir wollte. Also schrieb ich gefühlte 100 E-Mails, markierte mir die Deadlines fett im Kalender, rannte von Behörde zu Behörde um mir mein Zeugnis übersetzen bzw. beglaubigen zu lassen. Und nebenbei lernte ich für die Klausuren des Studiums, mit dem ich mich mittlerweile mehr oder weniger, aber eher weniger, abgefunden hatte.

Die Zeit verging diesmal im Flug und schon prasselten die Bescheide fürs Sommersemester aus Deutschland ein. Mittlerweile konnte ich an der Dicke des Umschlags erkennen, dass es sich um Ablehnungsbescheide handelte. Aber das war ja auch zu erwarten, denn meine Situation hatte sich ja auch zum vorigen Semester nicht verändert. Meine Hoffnung war das kommende Wintersemester. Es war die letzte Hoffnung.

 

Europareise – 7500 Km!

Anfang April – Ich fing an mich vorzubereiten auf alles das, was noch kommt. Und das war eine ganze Menge!Ich brachte mir Niederländisch bei und meldete mich für einen Sommersprachkurs an (das Studium in den Niederlanden ist auf Niederländisch!). Für den Aufnahmetest im flämischen Belgien lernte ich Naturwissenschaften auf flämisch, ich paukte für den Aufnahmetest in Magdeburg (Ham-Nat). Ich bereite mich auf den TMS vor sowie auf den MedAT-H. Nebenbei hatte das Sommersemester in Luxemburg angefangen, die Praktika wollten bestanden werden und die Klausuren schrieben sich leider auch immer noch nicht von alleine.Die Monate in denen meine Freunde Urlaub machten, waren die schlimmsten. In der Zeit lernte ich 3 Wochen lang intensiv in Maastricht Niederländisch, fuhr nach Saarbrücken, Brüssel, Eindhoven, Innsbruck und Magdeburg - und das manchmal innerhalb weniger Tage. Für mich gab es keinen Urlaub, sondern intensives Lernen, teilweise 6 Stunden am Tag. Danach Tests ablegen und dabei hoffentlich gut abschneiden!

Und dann wieder warten…

 

Die finale Phase – Nichts geht mehr

Langsam aber sicher kamen die Ergebnisse und ich habe mich selbst nicht enttäuscht. Dank einem sehr guten Ergebnis im TMS habe ich meine Chancen in Deutschland von geschätzten 2% auf 95 % Prozent gesteigert und auch das Staatsexamen in einer Fremdsprache habe ich bestanden. Aber das nützte mir wenig: Der Ablehnungsbescheid aus den Niederlanden kam 2 Wochen zuvor. Den Test in Belgien hatte ich leider nicht bestanden. Aber das überraschte mich nicht. Schon bei der Abgabe war mir klar, dass das nicht gut gewesen sein konnte.Aus Luxemburg kam auch wieder ein Ablehnungsbescheid, die Gründe konnte man mir nicht genau erläutern.In Magdeburg lief es mäßig. Nicht schlecht aber auch nicht überragend.

Jetzt blieb nur noch Innsbruck. Beim Eingeben meiner Zugangsdaten auf der Ergebnisseite zitterten mir die Hände. Ich vertippte mich drei Mal bevor ich mein Ergebnis einsehen konnte. Dann die Erleichterung: Der grüne Hintergrund und die 1 hinter meiner Bewerbernummer zeigten, dass ich es tatsächlich geschafft hatte. Die Zulassung am gewünschten Studienort war möglich.Wie so oft in dieser letzten Zeit,  konnte ich es nicht verhindern dass mir das Wasser in den Augen stand. Diesmal allerdings waren es Freudentränen.

Mylène hat es geschafft - Foto: M. Thiel

 

Fünf Wochen später kam dann tatsächlich die Zulassung aus Deutschland, dank des TMS. Doch jetzt bin ich am Ziel angekommen und werde in Innsbruck bleiben um hier meinem Wunsch nachzugehen. Es scheint mir, als wäre der schwierigste Teil bereits überstanden.

Mein Studienort

Medizinstudenten berichten aus ihren Unistädten

Werde Lokalredakteur Die Unistädte auf Google Maps
Medizin im Ausland

Erfahrungsberichte und Tipps aus über 100 Ländern

Erfahrungsbericht schreiben Auslands-Infopakete
Cookie-Einstellungen