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  • Lennart Möller
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  • 17.10.2024

Endspurt - Das vierte Semester in Kiel

Das vierte Semester ist (nicht nur in Kiel) das letzte reguläre Semester vor dem Physikum. Aber keine Panik, das Semester ist nicht allzu kompliziert. Das Gros des Stoffes hast du bereits hinter dir, nur in PsychSoz, Biochemie und Anatomie kommen noch Physikums relevante Inhalte. Und dann ist da noch dein Wahlfach, mit dem du deine erste Note fürs Staatsexamen erhältst. Lennart blickt zurück auf sein letztes vorklinisches Semester und gibt dir Tipps.

 

 

Und allsemestrig grüßt das Murmeltier

Willkommen zurück, das vierte Semester steht an und damit in der Regel dein letztes in der Vorklinik. Auch wenn der Gedanke, dass nach diesem Semester das Physikum ansteht, eventuell erschreckend sein mag, das Semester an sich ist es nicht. Allgemein kannst du dieses Semester in drei größere Abschnitte einteilen, die wir im Folgenden zusammen durchgehen.

Teil I - Biochemie, PsychSoz, EKM und Wahlfach

Der Stundenplan des vierten Semesters erinnert auf den ersten Blick stark an das erste Semester: viele Fächer, die sich abwechseln. An sich sieht der Stundenplan schlimmer aus als er ist, es empfiehlt sich hier definitiv, die Kurseinteilungen gut anzuschauen, damit du weißt, wann du zu welchem Kurs musst. Wir gehen die Fächer mal einzeln zusammen durch und ich gebe dir Tipps, wie du am besten durchkommst.

Biochemie [III & „IV“]:
„Was? Biochemie III und IV in einem Semester? Sind die irre? Und dann nur eine Klausur?“ Vielleicht gehen dir diese oder ähnliche Fragen durch den Kopf, als du deinen Stundenplan siehst. Okay, kurz durchatmen. Erstens: Es gibt nur eine Biochemie-Klausur dieses Semester und die fragt die In-halte des Praktikums (bzw. Biochemie III) ab. Die Vorlesung (bzw. Biochemie IV) ist daher nicht prüfungsrelevant.

„Und wozu gibt es dann die Vorlesung überhaupt?“ fragst du dich jetzt wahrscheinlich. Die ist wichtig für die Klinik. Es werden Themen wie die Tumorbiochemie, Grundlagen der Arzneistoffentwicklung oder die molekulare Zellbiologie behandelt. Spoiler: Die werden dir im ersten klinischen Studienjahr in Pathologie und Pharmakologie durchaus wieder begegnen, es schadet also nicht, die Vorlesung in Biochemie zu besuchen, auch wenn es keine Klausur gibt. Und ganz irrelevant fürs Physikum sind sie auch nicht, auch wenn dazu meist nur wenige Fragen kommen.

Nun zum Praktikum (bzw. BC III): Hier kriegst du ein Skript, das die Inhalte aus BC I & BC II laborpraktisch vermittelt, zudem wird noch die Bioinformatik behandelt. Klingt erstmal wild, ist es aber nicht. Die Inhalte sind absolute Basics der Biochemie, einiges kennst du wahrscheinlich sogar noch aus Biologie oder Chemie in der Schule. Und auch die Klausur ist absolut machbar. Diese schreibst du übrigens erst nach dem Kopfkurs (s.u.), also erst im dritten Teil des Semesters… Ich persönlich fand es ziemlich spannend, den Stoff, den man zwar aus der Theorie kennt, aber noch nie wirklich in der Praxis gesehen hatte, jetzt auch mal in der Praxis zu sehen.
Literaturempfehlung: siehe BC I

Medizinische Psychologie und Soziologie („PsychSoz“):
Erinnerst du dich noch an PsychSoz aus dem ersten Semester? Nein? Nicht schlimm, denn das tut fast niemand. PsychSoz ist das „speziellste“ Fach der Vorklinik, mein Lieblingsfach war es nie, aber trotzdem musste ich es ja lernen. Jetzt werden hauptsächlich die Inhalte aus dem ersten Semester wiederholt und ver-tieft, sowohl in Vorlesung als auch Seminar. Also alles halb so wild. Die Klausurfragen sind absolut machbar. Und viel mehr gibt es zu PsychSoz eigentlich nicht zu sagen. Außer vielleicht: Investier trotz allem ein bisschen Zeit, es sind immerhin 60 Fragen im Physikum…
Die Klausur schreibst du, wie Biochemie, im dritten Semesterteil, also nach dem Kopfkurs.
Literaturempfehlung: Keine, ggf. Endspurt-Skripte oder viaMedici/AMBOSS etc.
 

Wahlpflichtfächer:
Davon gibt es drei, und zwar Allgemeinmedizin, Sport-, Tauch- & Höhenphysiologie sowie Ernährungsmedizin. Allgemeinmedizin besteht nur aus einer Hausarbeit, daher gibt es hier keine Vorlesungen. Klingt erstmal verlockend, die Hausarbeit soll aber nicht ohne sein. Ich kann das nicht beurteilen, denn ich habe mich für Ernährungsmedizin entschieden. Die anderen beiden Fächer haben ganz normale 30-Punkte-Klausuren. Oder doch nicht ganz normal? Eine Änderung zu den bisherigen Klausuren der Vorklinik gibt es: Es gibt am Ende eine Note. Und die taucht auch auf dem Physikumszeugnis auf. Bei 55 % richtige Antworten bestehst du (also eine vier), bei 70 % gibt es eine drei, bei 80 % eine zwei und bei 90 % eine eins. Das gleiche Bewertungsschema kommt dann übrigens auch in der Klinik. Jetzt aber nicht nervös werden, die Klausuren sind machbar und die Vorlesungen bereiten einen (zumindest in Ernährungsmedizin) gut drauf vor. Von meiner Seite also eine definitive Empfehlung für Ernährungsmedizin, auch wenn es etwas langweilig klingen mag. Es bringt durchaus was, und zwar nicht nur für die Klausur, sondern auch fürs Leben. Gleiches gilt dabei auch für Sport-, Tauch- & Höhenphysiologie.
Literaturempfehlung: keine, die Folien und deine Notizen reichen absolut aus

EKM (Einführung in die klinische Medizin):
Willkommen in der Klinik. Zumindest in gewisser Weise. Die EKM-Kurse finden auf dem Campus des UKSH statt und vermitteln dir die grundlegenden Fähigkeiten der klinischen Medizin. Das Ganze findet in mehre-ren Themenblöcken wie Bewegungsapparat, HNO, Neurologie, Auge, Pädiatrie und Abdomen & Thorax (mit kardiovaskulärer und Lungen-Untersuchung) statt. Zudem werden auch Grundlagen der Hygiene gelehrt. Keine Sorge, alles kommt später nochmal, bspw. im GKU-Kurs (Grundlagen der klinischen Untersuchung) im ersten klinischen Jahr. In Pädiatrie wartet noch ein (im wahrsten Sinne des Wortes) kleines Highlight auf dich: Der erste Kontakt mit richtigen Patientinnen und Patienten. In den anderen Kursen sind es Schauspielpatienten. Die vermittelten Krankheitsbilder sind absolute Grundlagen (und mehr wird auch nicht geprüft) und werden auch abgeprüft. Aber nicht als Klausur, sondern als OSCE-Prüfung. 

Was zur Kieler Sprotte ist jetzt eine OSCE-Prüfung? OSCE steht hierbei für „Objective-structured clinical examination”. Im Endeffekt ist es eine mündlich-praktische Prüfung, die deine spätere Tätigkeit als Arzt oder Ärztin nachstellt und so deutlich realistischere Bedingungen zur Wissensabfrage schafft als eine Klausur oder eine „normale“ mündliche Prüfung.

EKM macht super viel Spaß und bringt dir definitiv was, zum Beispiel für die Hausarzt-Famulatur (aber auch für alle anderen möglichen Famulaturen oder Kontakte mit der realen Medizin außerhalb der Lehr-bücher). Wie schon Gandalf in „Der Hobbit“ sagte: „The world is not inside your books and maps. It’s out there. “

Teil II - Kopfkurs

Der Kopfkurs. Oder auch: der vierte Abschnitt des Präpkurs. Und: Endspurt in der Anatomie. Der Kopfkurs stellt die letzte Lehrveranstaltung in der Anatomie dar und mit ihm schließt sich ein Kapitel, welches dich die gesamten vier Semester der Vorklinik begleitet hat.

Zurück zum Thema. Der Kopfkurs beginnt meistens Ende Mai oder Anfang Juni und dauert zwei Wochen. Vorab hast du eine Vorlesung zum Viscerocranium (hier lohnt es sich, nochmal die Neurocranium-Vorlesung aus dem 2. Semester zu wiederholen) und anschließend geht es los mit Muskeln, Nerven und Gefäßen am Gesicht. Und davon gibt es so einige. Und sie sind meistens richtig klein. Jeder Tisch erhält hier drei Präparate: Ein mediales, ein laterales und ein dorsales Präparat. Aus diesen werden auch später die Gehirne für den Hirnkurs des zweiten Semesters entnommen, dessen Inhalte im Kopfkurs in Teilen wieder relevant werden (v.a. die Hirnnerven und die Blutversorgung).

Alles in allem ist der Kurs durchaus vergleichbar mit den vorherigen sechs Wochen Präpkurs, jedoch mit einer Ausnahme: Die Strukturen sind allesamt deutlich filigraner und kleiner, mitunter selbst von den geschicktesten Händen nicht darstellbar. Selbst die Präpratoren kriegen dies nicht immer hin, also keine Sorge. Daher empfiehlt es sich hier wirklich, das Werkzeug, bspw. die Klingen, anzupassen, also feinere Klingen zu nehmen. Und noch was: Für manche ist das harter Tobak, denn während des Kurses wird auch eine Kraniotomie zur Darstellung von Orbita und Stirnhöhle durchgeführt.

Der Kopfkurs schließt ganz unspektakulär mit einem Testat ab (Tipp: Embryologie lohnt sich hierfür wirk-lich) und das war es dann auch. Vier, teils lange, Semester Anatomie. Bei mir umrahmten sie damals wirklich das Studium: Meine erste Vorlesung war in Anatomie und die letzte auch. Aber keine Zeit für Sentimentalitäten, es gilt ja noch, zwei Klausuren zu bestehen. Und da war dann ja auch noch der dritte Semesterteil.

Teil III – Repetitorium und Physikumslernplan

Auf in Part drei des Semesters. In diesem Teil gibt es keine Vorlesungen mehr, sondern nur noch Repititoriumsseminare in Biochemie (sog. Typ-II-Seminare) und Physiologie (POL-Seminare). Und auch die Klausuren in BC III und PsychSoz stehen an, beide aber absolut machbar, also keine Angst.

Was sind diese Repititoriumsseminare? Das sind Seminare, in denen die wesentlichen Inhalte zu ausgewählten Themen nochmal wiederholt werden, in Physiologie anhand von klinischen Beispielen (POL = Problemorientiertes Lernen) und in Biochemie mit den Quervernetzungen von BCI bis BCIII. Diese Seminare sind nicht nur eine gute Wiederholung für das schriftliche Physikum, sondern bilden in der Regel auch die Themen ab, die gerne im mündlichen Physikum geprüft werden. Aufpassen lohnt sich also definitiv.

Nun etwas Organisatorisches. Das schriftliche Physikum wird meist Ende August geschrieben. Die aktuellen Termine kannst du auf der Seite vom IMPP nachlesen. Dadurch fällt der Beginn der langen Lernpläne (60 Tage viaMedici bzw. 50 Tage AMBOSS) meist in die Zeit der Seminare, und, je nachdem, ob du dir Pausen-Tage gönnst (was sich bei den langen Lernplänen definitiv empfiehlt) sogar bis in die Klausurzeit. Bei mir hat das dafür gesorgt, dass ich PsychSoz an den Anfang ziehen musste, als Vorbereitung auf die Klausur, und so mit den 60 Tagen inkl. Puffer gut auskam. Mach dich auch nicht verrückt, wenn du mal einen Lerntag nicht komplett an einem Tag schaffst. Es kommen ruhigere Tage, an denen du das nacharbeiten kannst. 

So, wir sind durch mit meinen Tipps fürs vierte Semester. Ich hoffe, ich konnte dich mit meinen Tipps gut durch die Vorklinik bringen und wünsche dir ganz viel Erfolg beim Physikum, du schaffst das. Wir sehen uns in der Klinik wieder.
 

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