- Bericht
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- Tim Vogel
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- 18.09.2013
Campusjailbreak - in 24h durch Europa
Fernweh in den Ferien und kein Geld? Das sind die perfekten Voraussetzungen um beim diesjährigen Campusjailbreak der Uni Leipzig teilzunehmen. Das Ziel: In 24h ohne Geld bis ans Ende der Welt – Oder zumindest so weit wie möglich weg von Leipzig kommen. Tim hat teilgenommen und berichtet, wo die einzelnen Teams gelandet sind.
Freitag 8.55 Uhr - Eine Gruppe aus 15 Studenten sammelt sich auf dem Augustusplatz zu einem gemeinsamen Startfoto für die Lokalpresse. Teils schwer bepackt mit Zelten, Isomatten, großen Rucksäcken, teils mit bescheidener Ausstattung stehen sie alle am Straßenrand. Was sie vereint: Ein ausgestreckter Daumen und jede Menge Pappschilder. Es sind die Teilnehmer des ersten Campusjailbreak der Uni Leipzig. 6 Teams sind am 02. August angetreten, um sich in der vorlesungsfreien Zeit ein Rennen durch ganz Europa zu liefern. Die Regeln sind einfach: Innerhalb von 24h wollen sie ohne Geld soweit wie möglich von Leipzig wegkommen. Ob mit PKW, Fahrrad, Flugzeug, Schiff oder zu Fuß ist dabei egal. 9.00 Uhr - Der Startschuss fällt. Die Teams streben in alle Richtungen. Erste Herausforderung ist es aus der Stadt heraus zukommen. Das Team von Klarissa(21, Tiermedizin im 2. Semester) und Tim(21, Humanmedizin im 4. Semester) versucht es vom Hauptbahnhof und hat Glück: Schon nach 20 Minuten finden sie den ersten Lift an die Auffahrt der A9. Ihr Ziel: Portugal.
Am Anfang war der Daumen
Trampen ist in Deutschland eine unübliche Fortbewegungsart geworden. Während es in den 70er für junge Menschen eine preiswerte und weitverbreitete Möglichkeit des Reisens war, ist der gemeine Tramper heute vom Aussterben bedroht. Das liegt vor allem an den vielen Vorurteilen, die sich auf beiden Seiten des Daumens gebildet haben: Die Angst überfallen zu werden, hält immer mehr junge Menschen ab sich an die Straße zu stellen, gleichzeitig halten deswegen immer weniger Fahrer an. Diesen schlechten Ruf hat das Trampen zu Unrecht, meinen Klarissa und Tim. Nach über 15.000 gemeinsam getrampten Kilometern haben die beiden bisher nur wenige schlechte Erfahrungen gemacht und sind noch nie in eine bedrohliche Situation gekommen. Ihr Urteil: Trampen in Europa ist sicher. Schaut man sich in der Welt um, wird Trampen ganz unterschiedlich gelebt: Während Trampen in Neuseeland Kultstatus hat und man in Kuba als Autofahrer sogar gesetzlich dazu verpflichtet ist Tramper mitzunehmen, ist es in manchen asiatischen Staaten sogar verboten.
Bis nach Bangkok
Die Idee um die Wette zu Trampen kommt ursprünglich aus Großbritannien. Dort schafften es zwei Studenten innerhalb von 36h sogar schon von London bis nach Bangkok. Auf der Straße trafen sie den Besitzer einer Fluggesellschaft, der sie mitnahm. Mittlerweile ist die Idee des Trampwettkampf auch in Deutschland nicht mehr ganz neu: Jährlich werden die deutsche Meisterschaften im Trampen veranstaltet. In diesem Jahr organisierte das Referat für nachhaltige Mobilität vom StudentInnenRat den ersten Campusjailbreak an der Uni Leipzig. Denn: Grundsätzlich ist das Auto zwar eines der umweltschädlichsten Fortbewegungsmittel. Durch das Trampen werden die Autos aber bei gleichem CO2-Ausstoß von mehr Personen benutzt.
Von Ravern, Zigarren und Halbzeitständen
14.13 Uhr - Klarissa und Tim passieren die niederländische Grenze mit einem älteren Ehepaar, welches die Elektromusik für sich entdeckt hat. Mit einem polnischen Trucker geht es über Utrecht und dann in einer Limousine an die belgische Grenze. Von dort gelangen sie nach Antwerpen mit Ari, einem gemütlichen, Zigarren rauchenden Belgier. Weiter geht es mit einem freundlichen Franzosen nach Gent. Von dort werden die beiden von einem rumänischen LKW-Fahrer nach Calais mitgenommen.
21.00 Uhr – Zur Halbzeit ist das Team mittlerweile kurz vor Calais. Mit kühlem rumänischem Bier in der Hand und der Sonne entgegen ist dies die bisher schönste Etappe der Tramprallye. Die anderen Teams haben sich mittlerweile über ganz Europa verstreut: Das Team von Organisator Friedemann Goerl ist mittlerweile in Prag gelandet. Es gibt ein Team das an der Ostseeküste unterwegs ist, eines in Süddeutschland sowie im Süden von Frankreich. Aber noch ist das Rennen nicht zu Ende…
Trampen mit der Polizei
22.37 Uhr – Ein Rückschlag für das Team von Klarissa und Tim, da der Truckfahrer nun – kurz vor Calais - schlafen muss. So beginnen auch die beiden ihr Zelt aufzuschlagen. Doch plötzlich kommt ein Mannschaftswagen der französischen Polizei vorbei. Aufgeregt und mit einer Waffe in der Hand, in der anderen eine riesige Taschenlampen stürmen die Beamten auf die Studenten zu. Schnell ist klar, es sind nur harmlose Tramper. Die Polizisten erklären, dass dies ein Treffpunkt von bewaffneten Banden sei, die in der Gegend von Calais umherziehen. Da es zu gefährlich ist hier zu übernachten, bringen die Beamten Klarissa und Tim direkt zum Terminal der Fähre.
Den Ärmelkanal zu überqueren scheint die größte Herausforderung. Doch dann funktioniert es ganz leicht: In der Autoschlange zum Grenzübergang findet Klarissa einen englischen Gentleman, der die beiden gerne mitnimmt. Die Überfahrt mit der Fähre wird übrigens pro Auto und nicht pro Person bezahlt, so dass für Fahrer Ian keine zusätzlichen Kosten entstehen. 4.17 Uhr – Ian, Klarissa und Tim erreichen Brampton im Norden von London. Dies soll vorerst der Schlusspunkt ihrer Reise sein. Obwohl sie noch 5 Stunden für eine Weiterreise hätten, sind sie zu müde und Brampton zu klein. So wird nun zum zweiten Mal in dieser Nacht das Zelt errichtet, schnell noch etwas als Ortsbeweis gekauft und dann endlich geschlafen.
Möglich ist alles
Mit ihrem Zielort Brampton waren Klarissa und Tim über 870km von Leipzig entfernt. Zwar waren sie nicht wie geplant in Portugal gelandet, dennoch reichte es knapp für den Sieg beim diesjährigen Campusjailbreak und den Gewinn des „Goldenen Daumens“. Beim Trampen muss man halt manchmal improvisieren. Platz zwei ging an das Team von Martin und Elias. Sie schafften es nach Montbeugny im Süden Frankreichs und brachten 840km hinter sich. Platz 3 erreichen Sabine und Salomon bei ihrer Fahrt nach Litauen mit 820km. Das Fazit, welches alle Teilnehmende dieses außergewöhnlichen Wettkampfs ziehen können ist: Möglich ist alles. Egal ob mit einem Rollstuhl, auf einer Fähre oder mit der Polizei. Trampen geht immer.