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- Lea Charlotte Bauer
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- 12.02.2025
Willkommen in der Klinik!
Der spannendste Teil deines Medizinstudiums beginnt – mit echten Patienten, OPs und neuen Herausforderungen. Damit du gut startest, hier zehn Tipps zu Lernen, Famulaturen, Doktorarbeit & Co.
Nach der Arbeit kommt das Vergnügen, oder so ähnlich? Der Übergang von Vorklinik zu Klinik kann nicht gravierender sein – keine Biochemie Laborpraktika, keine abstrakte Theorie und keine Chiralität, dafür Untersuchungskurse, OP Assistenz und Doktorarbeiten! Damit du gut in die Klinik startest, hier einige Tipps, die ich gerne am Anfang meines klinischen Studienabschnittes gewusst hätte:
1. Etwas, naja, viel Theorie begleitet dich trotzdem!
Die endlosen langen Wege des Citratzyklus liegen hinter dir, dafür darfst du in Pharmakologie hunderte Medikamente auswendig lernen. Auch wenn diese Stoffmasse erstmal den ein oder anderen schockt, kommt man auch in diesen Fächern an und fängt an, Spaß an den Pharma Vokabeln zu finden.
Auch in anderen Kursen ist der Lernanteil ein Vielfaches höher, gerade in der Kombination mit mehreren Klausuren am Ende des Semesters. Aber nicht verzagen, der Lehrinhalt bezieht sich endlich auf die Praxis, reale Pathologien und reale Patientenfälle! Auch sind die ersten zwei Semester im dritten Studienjahr noch von den theorielastigen Fächern geprägt, bevor es im vierten Studienjahr auf Station, in den OP und ans Patientenbett geht. Und wenn du das Physikum geschafft hast, dann schaffst du auch die Klinik. Gib dir etwas Zeit zum Ankommen!
2. Die Lehre bleibt theoretisch!
Die Lehre in der Klinik unterscheidet sich grundlegend von der in der Vorklinik. Während diese teilweise als verschult gilt, variiert die Qualität der Lehre in der Klinik von Fach zu Fach. Viele Dozierende sind engagiert und nehmen Kritik aus den Semesterevaluationen ernst. Dadurch verbessern sie Praktika und Klausuren für einen besseren Lerneffekt. Trotzdem ist auch das klinische Studium am Ende des Tages ein Theoretisches und praktische Fähigkeit werden vor allem durch die klinische Routine in den Blockpraktika, Famulaturen und letztendlich im PJ erlernt und verinnerlicht.
3. Verbessere kontinuierlich deine eigene Lernmethode und probiere Neues aus!
Die Prüfungen in der Klinik sind je nach Fach unterschiedlich strukturiert – in der Mikrobiologie gibt es eine lange mündliche Prüfung, in der Inneren Medizin, der Notfallmedizin und Allgemeinmedizin einen OSCE und in der Sozialmedizin eine schriftliche Ausarbeitung. Sich auf jedes Prüfungsformat individuell vorzubereiten und mit Freunden Themen durchsprechen und sich gegenseitig zu untersuchen ist essenziell für deinen Lernerfolg und das Bestehen der Prüfung. Die Klausuren in der Klinik basieren vor allem auf den Vorlesungsfolien, daher sind diese nicht zu vernachlässigen!
4. Organisiere deine Famulaturen frühzeitig, Auslandsfamulaturen noch früher, und die Möglichkeit eines Auslandssemesters gibt es auch!
Sobald die ersten Semesterferien in der Klinik nahen, haben plötzlich alle einen Famulaturplatz.
Während den drei Jahren im klinischen Studienabschnittes musst du 4 Monate Praktikum machen, und diese nach aktuellen Vorgaben und Regularien des jeweiligen Landesprüfungsamtes. Du weißt gar nicht, wo du anfangen sollst? Keine Panik und einmal tief durchatmen, so ging es mir auch! Kümmere dich am besten in den ersten Wochen des Semesters um Famulaturplätze, gerade ein Hausarztplatz ist in den Semesterferien in kleinen Universitätsstädten beliebt und daher schnell vergeben. Für eine Famulatur im Krankenhaus oder in einer Praxis reicht meist ein einfaches Anschreiben per E-Mail und dein tabellarischer Lebenslauf, jedoch gibt es auch hier Wartelisten, z.B. für die Notaufnahme.
Am Anfang lohnen sich vor allem Fächer mit einem Anteil Vorklinikwissen wie Radiologie. Auch Psychiatrie oder Allgemeinmedizin bieten eine gute Grundlage für erste eigene Untersuchungen und Patientenkontakt, in der Chirurgie kannst du direkt erste OP-Erfahrung sammeln. Letztendlich nimmt man in Famulaturen immer am meisten mit, wenn man das Thema beherrscht – aber jeder fängt klein an und jede Erfahrung bringt dich weiter!
Für Auslandsfamulaturen muss man sich länderspezifisch informieren und meist mindestens ein Jahr im Voraus seine Bewerbung einreichen. Auch ist dies meistens mit Bewerbungskosten verbunden, jedoch ist jetzt deine Zeit, neue Gesundheitssysteme kennenzulernen und neue Erfahrungen zu machen. Verschiedene Stipendien wie ERASMUS oder PROMOS können deine Auslandserfahrung finanziell erleichtern. Manche Kliniken bieten auch die Möglichkeit eines Wohnheims für die Dauer der Famulatur für eine geringe Miete an!
Auch gibt es die Möglichkeit, ein Semester im Ausland zu verbringen – auf der Website der Universität kannst du dir die Partneruniversitäten und die Voraussetzungen anschauen. Frag auch hier Kommilitonen in den Semestern über dir nach Rat, viele haben sich damit beschäftigt oder waren sogar selbst im Ausland und können dir von Ihren Erfahrungen berichten!
5. Nicht alle machen eine Doktorarbeit, auch wenn das so scheint – lass dir Zeit, finde ein gutes Thema und eine noch bessere Betreuung.
Deine Doktorarbeit steht und fällt sowohl mit deinem Interesse an dem Thema als auch mit der Betreuung. Lass dir Zeit, frage interessante Forschungsgruppen, Dozierende und Kliniken an und trau dich, auch eine Doktorarbeit abzulehnen oder im Zweifel abzubrechen. Im ersten klinischen Semester hast du die Möglichkeit, das PROWisP Seminar zu besuchen, welche dir das Thema Doktorarbeit näherbringen soll und bei der Entscheidungsfindung rund um das Thema Promotion helfen soll. Eine Doktorarbeit ist ein Marathon, kein Sprint und wird dich über die Jahre in der Klinik begleiten. Es ist sehr viel zusätzliche Arbeit, jedoch hast du dadurch auch die Möglichkeit, in die Forschung einzutauchen, neue Kontakte zu knüpfen und dein Interesse in einem ganz bestimmten Fachgebiet zu vertiefen.
6. Nutzt jede Möglichkeit zum praktischen Lernen, auch wenn du dich selbst anzweifelst!
Nur durch das eigene Ausprobieren und das stetige Wiederholen erlernst du effektiv praktische Fähigkeiten. Dies gilt für Untersuchungstechniken, Blutabnahmen und Patientengespräche. Trau dich, nutze die Übungsmöglichkeiten in Kursen und das Wichtigste: lerne deine Fähigkeiten über die Semester einzuschätzen. Frag nach Hilfe und lass es dir ein, zwei oder auch dreimal erklären sowie dich praktisch anleiten, bevor du jemandem Schaden zufügst. Du bist hier, um zu lernen und es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.
7. Es gibt tolle interessante Wahlfächer – nutz diese, auch wenn dies extra Arbeit bedeutet!
In der Klinik werden dir neben den Pflichtfächern auch eine Menge Wahlmodule je nach deinem fachlichen Interesse angeboten! Dort lernst du Fähigkeiten, die im regulären Curriculum hinten rüber fallen. Besonders zu empfehlen ist zum Beispiel die Lübecker Toolbox, ein Kurs zum Erlernen der Basics des laparoskopischen Operierens, oder das Notarztwagen Wahlfach. Meist sind diese Kurse mit Mehraufwand verbunden, jedoch lernt ihr dadurch praktische Fähigkeiten, erarbeitet euch eine klinische Denkweise und könnt auch noch euren Lebenslauf aufpolieren!
8. Knüpft Kontakte über die Semester hinweg, schau dich nach Mentorengruppen um, fahr auf Kongresse, probiere dich aus!
Durch Doktorarbeit, Auslandssemester und verschiedene Kurseinteilung werden sich die Gruppen im Semester nochmal ganz neu mischen und nur dadurch habe ich einige meiner engsten Freunde kennengelernt!
Auch eine Mentorengruppe ist hilfreich, um neue Menschen und Denkweisen kennenzulernen und oft entwickeln sich dadurch ganz neue und unverhoffte Möglichkeiten und Freundschaften. Kongresse sind ebenso eine gute Möglichkeit, in den Fachbereich deiner Wahl hineinzuschnuppern und erste Kontakte zu knüpfen und eventuell sogar deine Forschung im Rahmen deiner Doktorarbeit vorzustellen. Meist sind diese für Studierende kostenlos oder Fachgesellschaften bieten Stipendien an. Sei offen, sag ja zu neuen Gelegenheiten und bleib neugierig!
9. Schau dich nach einem Stipendium um!
Schau dich bereits zu Beginn deiner klinischen Laufbahn nach einem passenden Stipendium für dich um. Nicht nur deine Noten zählen, sondern auch dein Engagement außerhalb des Studiums und deine Persönlichkeit. Es gibt jedes Jahr wieder viele Stipendien, die nicht genutzt werden. Informiere dich am besten auf den gängigen Websiten und bei deiner Universität. Auch gibt es regelmäßig Infoabende bei denen du mit Stipendiat*innen in Kontakt kommen kannst, nutze diese! Die Bewerbungsverfahren sind meist langwierig, sobald du es aber geschafft hast, kannst du viele Möglichkeiten nutzen und deinen Unterhalt zu Teilen decken. Auch werden Bücher, Auslandsaufenthalte und Praktika je nach Studienstiftung gefördert.
10. Habt Spaß!! Es wird so viel interessanter als die Vorklinik!
Auch wenn dies alles etwas überwältigend klingt, die Klinik ist der schönste Abschnitt meines bisherigen Studiums gewesen.
Es gibt unglaublich viel zu erleben, zu lernen und Möglichkeiten, über sich selbst hinaus zu wachsen.
Nicht alles ist Gold, was glänzt – die Mehrfachbelastung durch anwesenheitspflichtige Kurse, Klausuren, Doktorarbeit, Nebenjob und Sozialleben ist nirgendwo so präsent wie in den drei Jahren Klinik.
Trotzdem hast du in der Klinik endlich die Möglichkeit, dich und deine Interessen im medizinischen Bereich auszuprobieren. Habe Spaß, genieß dein Studium und das Studentenleben – die Zeit vergeht wie im Flug!