- Artikel
- |
- Kirstin Ludwig
- |
- 08.02.2017
Warum bin ich so müde? – Differenzialdiagnosen zur Müdigkeit
Du bist ständig müde und schlapp? Ist doch klar, du hast zu wenig geschlafen. Doch ist das wirklich immer so? Oder gibt es auch noch andere Ursachen für die Dauermüdigkeit?
Langschläfer oder einfach nur faul?
Ja, es gibt sie wirklich: die Langschläfer. Menschen, die einfach mehr als die „normalen“ sieben bis acht Stunden Schlaf brauchen. Woran merkt man, dass man ein Langschläfer ist? Wer im Urlaub deutlich mehr schläft als sonst, könnte ein Langschläfer sein. Jeder Mensch hat eine individuelle Schlafdauer. Wer zu wenig schläft, ist unkonzentriert, macht mehr Fehler und hat häufiger Unfälle. Schlafen lohnt sich.
Von Eulen und Lerchen
Frühaufsteher springen morgens aus dem Bett und sind hellwach, fit und aktiv. Wie eine Lerche lieben sie den Morgen und können dann die besten Leistungen erbringen. Wenn eine Lerche aber um 18 Uhr noch die Physikklausur schreiben soll, ist sie müde und unkonzentriert. Genauso wenig möchte eine Eule morgens vor der Uni joggen gehen. Sie ist dann einfach noch zu müde. Dafür lernt die Eule am besten abends – und das kann dann auch mal spät werden. Am besten lebt es sich im eigenen Rhythmus. Auch wenn die Vorlesung morgens um acht dann mal ausfallen muss.
Zu lange Schlafen macht müde
Wer sich nach dem Aufwachen noch immer ganz benommen fühlt, hat nicht immer zu wenig geschlafen. Auch ein zu langer Schlaf kann zu Lethargie führen.
Müdigkeit als Symptom
Müdigkeit kann das Symptom einer Erkrankung sein. Nahezu jede Erkrankung geht mit Müdigkeit einher. Immer wenn das Immunsystem aktiv ist, nimmt die Leistungsfähigkeit ab und das Schlafbedürfnis zu.
Anämie
Wenn zu wenig Blut im Körper ist, spricht man von einer Anämie. Sie kann beispielsweise durch einen Mangel an Eisen (am häufigsten) aber auch durch einen Vitaminmangel entstehen. Neben der Müdigkeit bemerken die Patienten, dass sie beim Sport schneller außer Puste kommen. Der Arzt stellt die Anämie anhand des kleinen Blutbildes fest.
Müdigkeit und Depression
Depressive sind immer müde und wer viel schläft wird depressiv. Pauschal kann man das natürlich nicht sagen, aber ungefähr so lässt sich der Teufelskreis beschreiben, der vielen Betroffenen zu schaffen macht. Müdigkeit kann auch das einzige Symptom einer atypischen Depression sein. Allerdings können gerade Medikamente, die bei einer Depression verschrieben werden, auch müde machen. Was hier also Henne und was Ei ist, sollte ein Facharzt klären.
Schlaf-Apnoe-Syndrom
Wenn die Praxis eine IMPP-Fall wäre: Ein 50-jähriger Mann mit einem BMI von 35 stellt sich in der Praxis vor, weil sich seine Frau beschwert, er würde ständig einschlafen. Außer einer Hypertonie ist der Patient gesund.
Klar – der Patient hat das Schlaf-Apnoe-Syndrom. Er hat nachts Atemaussetzer und findet deshalb nicht in den Tiefschlaf. Sein Körper will sich den Schlaf dann tagsüber zurückholen: Müdigkeit und ständiges Einschlafen sind die Folge. Das Schlaf-Apnoe-Syndrom wird im Schlaflabor untersucht und häufig mit einer CPAP-Maske behandelt.
Müdigkeit ist der Schmerz der Leber
Bei vielen Lebererkrankungen ist Müdigkeit das Hauptsymptom. Manche Ärzte sagen deshalb: „Müdigkeit ist der Schmerz der Leber“. Viele Lebererkrankungen bleiben bis auf die Abgeschlagenheit ansonsten lange Zeit symptomlos.
Müdigkeit als Nebenwirkung
Viele Medikamente machen müde – manchmal ist das sogar gewollt. Unerwünscht ist es hingegen, wenn es sich nicht um Schlafmittel handelt. Bekanntestes Beispiel für Medikamente, die müde machen, sind die H1-Antihistaminika der ersten Generation. Obwohl sie gut antiallergisch wirken, werden sie heute nur noch als Mittel gegen Erbrechen oder aber als Schlafmittel eingesetzt.
Neuere Antihistaminika der zweiten Generation können die Blut-Hirn-Schranke hingegen kaum noch überwinden und machen weniger müde. Auch die Einnahme von Medikamenten gegen zu hohen Blutdruck kann Müdigkeit verursachen. Vor allem ACE-Hemmer und Betablocker stehen unter diesem Verdacht. Sogar Cortison kann müde machen - obwohl es physiologisch eigentlich eher für Wachheit sorgen müsste.
Müdigkeit – schwierige Differenzialdiagnostik
Natürlich gibt es noch viel mehr mögliche Ursachen von Müdigkeit. Obwohl jeder weiß, wie es sich anfühlt, müde zu sein, kann manchmal eine ernste Erkrankung dahinter stecken. Um den betroffenen Patienten besser helfen zu können oder während der Famulatur beim Oberarzt zu punkten, lohnt auf jeden Fall ein Blick ins Lehrbuch. Eine gute Übersicht findest du hier: Endspurt Klinik: Anamnese, Leistsymptome unter dem Stichwort Adynamie.