• Artikel
  • |
  • Marlen Lauffer
  • |
  • 19.09.2012

KEIN neues WG-Zimmer gesucht

Der Münchner Wohnungsmarkt ist sehr unübersichtlich. Gerade Studenten geraten schnell in Not, wenn der Vermieter die WG auflöst oder kurzfristig ein Praktikum ansteht, die richtige Bleibe aber noch nicht gefunden ist. Vermeintliche Hilfen bei der Wohnungssuche sind die vielen Semesterverteiler. Meist jedoch zum Leidwesen der Abonnenten, die nun mit einem Haufen an Wohnungsanfragen unausweichlich bombardiert werden und dabei wichtige Mails übersehen.

Studenten nutzen viele Möglichkeiten, um sich auszutauschen und immer an die aktuellen Informationen zu gelangen. So werden über Facebook Infos zu Seminaren und Vorlesungen gepostet und vor der Prüfung etliche Altklausuren mitsamt ihren Lösungen diskutiert.

Über das Semesterrundschreiben werden Medizinerpartys bekannt gegeben, auf Vorträge Infoveranstaltungen, Kongresse und Treffen hingewiesen.

Auch der E-Mail-Verteiler für das eigene Semester steht selten still, wobei hier neben den Richtlinien für die Kleidungsordnung im Klinikum und Terminen zur Klausureinsicht gerne mal angenehmere Dinge wie die nächste Grillparty oder das Semesterfrühstück organisiert und angesprochen werden.

Darf man sich selbst dann noch als Mitglied eines Begabtenförderungswerkes oder einer anderen Organisation sehen, gibt es auch hier unzählige Verteiler, über die die Studenten des gleichen Studiengangs oder des gleichen Studienorts erreicht werden können.

Hierüber werden oftmals Ausflüge und Exkursionen, sowie Tagungen und Wochenendseminare organisiert, auch Bälle und anderweitige Unternehmungen gehören mit zum Repertoire.
Sinn haben all diese Gruppen und Verteiler mit Sicherheit, denn wer möchte nicht direkt über die neuen Angebote an Doktorarbeiten oder die Gesuche für Studentische Hilfskräfte und interessante Praktikumsangebote informiert sein?

Von der Informationsquelle Nummer eins zur überflüssigen Wohnungsbörse

Doch leider verkommen diese Informationsquellen unweigerlich innerhalb weniger Monate zur Wohnungsbörse. Von da an erreichen die Empfänger tagtäglich sowohl Wohnungsangebote als auch Wohnungsgesuche per Mail oder als Notiz in Facebook und anderen Internetplattformen.

Die Freundin des Freundes des Kumpels von Marvin, einem Kommilitonen, lässt diesen in der Facebook-Gruppe ausrichten, dass morgen ihr Praktikum beginnt und sie dringend noch ein Zimmer in München sucht.

Gleichzeitig postet Holger, dass er jetzt zur Famulatur für vier Wochen in Australien ist und sein Zimmer zur Untermiete zur Verfügung stellt.

Weder Marvin noch Holger lesen jedoch die Nachricht des jeweils anderen, sodass Lisa beide darauf hinweisen muss, dass die beiden sich gerne mal darüber austauschen könnten.

Das Einzige, was ich davon mitbekomme, ist das kleine "Weltsymbol" auf meiner Facebookstartseite, das mir 3 neue Ereignisse anzeigt. Hat man auf dieses zu Beginn noch reagiert und nachgesehen, ob es wichtige Neuigkeiten gibt, entsteht beim Aufblinken des Symbols inzwischen nur noch der Wunsch, nicht noch ein Zimmer-Angebot vorzufinden.

Während dessen suchen Uni und Fachschaft Unterkünfte für die neuen Erasmus-Studenten, die jede Sekunde in München eintreffen werden und unbedingt noch ein Zimmer für die nächsten sechs Monate suchen. Alles natürlich zentral gelegen, Studenten-WG möbliert, mit guten Anbindungen an den Nahverkehr, aber bitte nicht über 300 Euro warm.

Nebenbei möchten Torsten und Tanja jetzt Ende September/ Anfang Oktober noch schnell ihre Schlafcouch für die Oktoberfestbesucher zur Verfügung stellen, selbstverständlich für günstige 50 Euro die Nacht.

Sarah sucht immer noch ein Zimmer für ihre allerbeste Freundin, die drei Monate zum Praktikum in München ist und Lisa und ihre Mädels-WG brauchen für die nächsten Semester noch eine tolle neue Mitbewohnerin, die am besten gleich eine neue Einbauküche mitbringt, da Susi diese leider beim Auszug mitnehmen wird.

 

Die Folgen der überfüllten Posteingänge

Da Uni und Fachschaft immer noch nicht für alle Erasmus-Studenten einen Unterschlupf gefunden haben, erreichen heute noch ein paar mehr Mails den Posteingang, die auch sogleich in den Papierkorb verfrachtet werden.

Dummerweise passiert es dem ein oder anderen, dass auch mal eine der tatsächlich wichtigen Mails im Papierkorb landet oder gar als Spam gefiltert werden.

So verpasst man dann das halbjährliche Treffen der Stipendiatengruppe oder den Abgabetermin der Seminararbeit, sowie die Pflichteinweisung fürs Chemie-Praktikum.

 

Bei dieser Fülle an überflüssigen Mails frägt man sich: Muss das denn sein?

Und ich muss sagen: Nein. Ich suche weder eine Bleibe für einige Wochen, noch kann ich fünf Austausch-Studenten oder 20 Praktikanten während der nächsten Zeit in meinem 20 qm Zimmer unterbringen.

So geht es übrigens den Meisten und viele zeitgeplagte Studenten würden sich nur allzu sehr freuen, wieder direkt die wichtigsten Infos zur anstehenden Klausur besprechen zu können, als sich erst durch den Wust an angebotenen Wohnungen und Zimmer-Gesuchen kämpfen zu müssen.
Denn schließlich wurden diese Verteiler dazu eingerichtet über studentische Angelegenheiten zu informieren und für all das andere gibt es mehr als genug Wohnungsbörsen auf denen es sich austoben lässt.

Sicherlich ist es momentan wirklich schwer ein passendes Zimmer in München zu finden und der Wohnungsmarkt ist hart umkämpft. Gleichzeitig sollten sich alle Zimmer-Bietenden keine Sorge machen, dass sie nicht schnell genug einen Nachmieter finden, die Nachfrage ist ja groß genug.

Die eigenen Kommilitonen mit Wohnungsanfragen zu überhäufen erscheint doch oftmals sinnfrei. Welche WG stellt schon ein Zimmer zur Verfügung, dass möbliert ist und alle paar Wochen an einen neuen Praktikanten vermietet werden kann, anstatt sich einen passenden Mitbewohner für die nächsten paar Jahre zu suchen?

Für unsere Posteingänge und Facebookstartseiten wäre es also eine Erleichterung die Aktivitäten in Sachen Wohnung und WG-Zimmer einzuschränken und wieder zum ursprünglichen Zwecke der ganzen Sache zurückzukehren - denn ich möchte auch heute KEIN neues WG-Zimmer haben!

Mein Studienort

Medizinstudenten berichten aus ihren Unistädten

Werde Lokalredakteur Die Unistädte auf Google Maps
Medizin im Ausland

Erfahrungsberichte und Tipps aus über 100 Ländern

Erfahrungsbericht schreiben Auslands-Infopakete
Cookie-Einstellungen