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- Clara Schilling
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- 20.11.2018
War‘s das?
Jetzt, wo sich das Medizinstudium langsam dem Ende neigt, schwirren in meinem Kopf immer neue Ideen bezüglich der Zeit nach dem Studium herum. Erstmal reisen, noch was anderes studieren und so weiter. Damit bin ich nicht alleine, immer weniger meiner Kommilitonen wollen direkt nach dem PJ mit dem Berufseinstieg beginnen. Warum?
Auf „Ich studiere Medizin“ ist eine klassische Antwort: „Oh ja, wirklich ein langes Studium“. Doch nun, wo sich mein Studium dem Ende neigt, fühle ich mich so, als ob alles ein bisschen schnell und knapp war. Ich bin in der „Medicin Life Crisis“. Frage mich: War‘s das schon? Ich fühle mich nicht so, als ob ich nun alles über den menschlichen Körper weiß. Oft habe ich auch Gefühle der Unfähigkeit, zu wenig wissen. Dabei soll ich mich nun entscheiden: für eine Fachrichtung, dort für ein Organ und dort am besten dann nochmal für eine spezielle OP-Technik, um ein möglichst guter Facharzt zu werden.
Für mich kommt durch das sehr zeitintensive Studium der Blick nach rechts und links in Richtung nicht-medizinische Dinge zu kurz. Was habe ich vom Leben noch nicht mitgenommen und was muss ich eigentlich alles noch „erledigen“, bevor es in die sicherlich noch stressigere Facharztzeit geht?
Das Medizinstudium folgt einem strengen Stundenplan. Welche Kurse wann belegt werden müssen ist vorgegeben. Es gibt wenig Raum für Kreativität. Dabei stellt die Forschung, für Medizinstudenten also die Doktorarbeit, noch den kreativsten Teil dar. Man kann sein Fachgebiet selbst aussuchen und sollte grundsätzlich eigene Ideen dort einbringen können. Der Alltag der meisten Doktoranden ist es jedoch eher Excel Tabellen abtippen oder ausfüllen.
Kein Wunder also, dass man sich nach 5 Jahren an der Uni fragt, war’s das jetzt? Was kann ich noch mitnehmen? Klar ist es ganz natürlich, sich nicht bereit für den Berufseinstieg zu fühlen und auch ab und zu Zweifel zu haben. Trotzdem sollte man das Gefühl, dass noch etwas fehlt, nicht ignorieren. Letztendlich wird man nur davon profitieren, auch in anderen Bereichen, sei es auf Reisen oder in einem anderen Studium, Erfahrungen gesammelt zu haben.
Als Arzt ist neben dem Fachwissen noch vieles mehr wichtig: Man ist Ansprechperson für viele Patienten, man muss Ratschläge und Erfahrungen haben und geben können.
Und wer sich dann letztendlich mehr für etwas anderes als die klinische Tätigkeit begeistern kann, hat immer noch viele Alternativen mit diesem Studium wie z.B. Unternehmen, Journalismus, Informatik, NGOs und vieles mehr.
Klar gibt es auch nach der Facharztweiterbildung noch viele Möglichkeiten mich in verschiedenen Bereichen weiterzubilden. Ich werde aber auf jeden Fall versuchen, nach dem PJ noch etwas anderes zu sehen. Ein Zweitstudium ist für mich im Moment die reizvollste Option! Sehr gerne würde ich noch eine andere Sache so intensiv kennenlernen wie die Medizin.