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- Melanie Poloczek
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- 20.05.2019
Medical English - Sprachkurse und UNIcert
Fremdsprachige Patienten, Studien und Paper, Auslandsaufenthalte und Kongresse – ein Latinum brauchen Ärzte längst nicht mehr, Englisch hingegen ist aus der Medizin nicht wegzudenken. An der Uni Münster können Medizinstudierende Sprachkurse absolvieren, mit der Möglichkeit, ein international anerkanntes UNIcert-Sprachdiplom für Medizinisches Englisch zu erwerben.
Ein Interesse an Sprachen, erste Kontakte mit Forschungspublikationen, die Aussicht auf ein Auslandssemester und nebenbei die Möglichkeit, das Wahlfach fürs Physikum zu absolvieren: „Medical English“ heißt die Kursreihe, die mich die gesamte Vorklinik über jede Woche ins Sprachenzentrum der Uni Münster geführt hat, sogar im ersten Semester schon.
Zwar sprechen die meisten von uns fließend Englisch und haben, Grey’s Anatomy und Dr. House sei Dank, sogar die ein oder andere medizinische Vokabel auf Lager, doch Patientengespräche, Befundungen und Arztbriefe sind selbst in deutscher Sprache Übungssache, und in fremder Sprache umso mehr. Auch wer nicht im Ausland praktizieren möchte, wird zeitlebens Patienten treffen, mit denen Unterhaltung allenfalls auf Englisch möglich ist, und bahnbrechende Studien von Übersee müssen ebenfalls verstanden werden – Stichwort „Lebenslanges Lernen“.
Wer sein Englisch reanimieren und erweitern möchte, seine Sprachkenntnisse vielleicht sogar durch ein UNIcert-Zertifikat bescheinigen lassen will (das übrigens die Chance auf heißbegehrte ERASMUS-Plätze exponentiell erhöht) - dem darf der folgende Guide eine Hilfe sein:
Medical English Kurse
Im Sprachenzentrum der Uni Münster werden vier verschiedene Englischkurse für Mediziner angeboten, von denen jeweils zwei zum Sommersemester und zwei zum Wintersemester stattfinden:
1. Medical English 1
2. Medical English 2
3. Presentation Skills For Medical Students
4. Conversation Skills For Medical Students
Die Anmeldung für die Kurse erfolgt kurz vor Semesterbeginn, die Teilnahme ist kostenlos. Die Kurse finden einmal wöchentlich statt, in der Regel abends zu je zwei Stunden. Es können entweder ein Kurs oder - als Voraussetzung für UNIcert, mehr dazu unten - alle vier Kurse (verteilt über mehrere Semester) absolviert werden, die Reihenfolge spielt keine Rolle. Vorkliniker können sich einen der Kurse als Wahlfach für das Physikum anrechnen lassen, da in jedem Kurs eine Leistung in Form einer Klausur oder Präsentation erbracht werden muss. Einige Termine finden im Eigenstudium statt, sodass Aufgaben („self study units“) von zu Hause aus erledigt und online eingereicht werden müssen. Sämtliche Materialien, etwa Arbeitsblätter, eBooks und sonstige Dateien, werden den Studenten zur Verfügung gestellt, es muss kein Lehrwerk oder ähnliches beschafft werden.
Die konkreten Kursinhalte variieren von Semester zu Semester und Themenwünsche der Teilnehmer (zum Beispiel hinsichtlich bestimmter Krankheitsbilder oder Fachrichtungen) werden berücksichtigt. Dabei steht nicht medizinisches Fachwissen, sondern die englische Sprache im Zentrum der Kurse, sodass sich Erstsemester nicht scheuen sollten, eine der Veranstaltungen zu belegen.
Mithilfe von Texten, Hörspielen, Videos und Präsentationen werden Grundvokabeln medizinischen Englischs vermittelt und Redensarten, geläufige Formulierungen und „false friends“ thematisiert. Während die reinen Medical-English-Kurse inhaltlich ein breites Spektrum abdecken, hier auch der Aufbau eines „Medical paper“ oder verschiedene Gesundheitssysteme thematisiert werden, befasst sich der Konversationskurs intensiv mit Arzt-Patienten-Gespräch sowie Arzt-zu-Arzt-Kontakt (etwa „Letter of referral“), im Präsentationskurs hingegen arbeiten sich die Teilnehmer in ein Thema ihrer Wahl ein und stellen dieses, ähnlich einer TED-Konferenz, der Kursgemeinschaft vor.
Die Atmosphäre in den Kursen ist überaus locker und der Kursleiter, der selbst übrigens kein Mediziner ist, für seinen entspannten Unterricht bekannt. Es geht nie darum, ein bestimmtes Stoffpensum durchzuarbeiten, viel eher ergeben sich spontane Diskussionsthemen, sodass manche Stunde nicht nur mit neu-gelernter Formulierung, sondern auch mit Wissen fürs Leben verlassen wird.
Niveautechnisch stellen die Kurse und auch Abschlussklausuren für all diejenigen, die gutes Schulenglisch sprechen (B2/C1), meiner Einschätzung nach keine große Herausforderung dar, und intensiveres Lernen wird erst ein Thema, wenn es um die Vorbereitung der möglichen UNIcert-Prüfung geht. Die Sprachkurse selbst sind kein Vergleich zur ein oder anderen prüfungsversierten Veranstaltung im Medizinstudium, viel eher eine willkommene Abwechslung.
UNIcert
Das UNIcert-Zertifikat ist ein international anerkanntes Sprachdiplom, das auf verschiedenen Sprachen für verschiedene Fachrichtungen (hier: Medical English) und auf verschiedenen Niveaus (hier: UNIcertIII, entspricht C1) erworben werden kann – sozusagen ein Cambridge-Zertifikat oder TOEFL-Test speziell für Mediziner. Voraussetzung für die Zulassung zur UNIcert-Prüfung ist die erfolgreiche Teilnahme an allen vier der oben genannten Englischkurse, die Teilnahmegebühr für UNIcert beträgt 60€ (Stand: Mai 2019).
Die UNIcert-Prüfung findet ebenfalls im Sprachenzentrum statt und wird vom dortigen Personal durchgeführt. Sie setzt sich aus einem schriftlichen Teil (90 Minuten Leseverstehen, 90 Minuten Textproduktion) sowie einer Hörverstehensübung (30 Minuten) und einer mündlichen Prüfung (ebenfalls 30 Minuten) zusammen. Alle Teile werden einzeln benotet, auch die Noten der absolvierten Sprachkurse fließen in die Gesamtnote mit ein (aber, unter uns gesagt: eine große Rolle spielt die Note am Ende nicht, der Besitz des Zertifikats allein ist bereits viel wert - ähnlich dem bestandenen Physikum).
Meine Vorbereitung auf die Prüfung fiel recht allgemein aus: UNIcert ist eine Sprachprüfung, keine Medizinklausur, daher wird kein Fachwissen abgefragt, es werden stattdessen Sprachkenntnisse überprüft. Grundlegende, gebräuchliche Vokabeln und Formulierungen sollten selbstverständlich sitzen: etwa zu wissen, was „Spritze“ auf Englisch heißt, worin der Unterschied zwischen „treat“, „heal“ und „cure“ besteht, welche Formulierungen in jeden Arztbrief gehören oder was sich hinter den zahlreichen „medical abbreviations“ verbirgt (zum Beispiel „OTC“ für „over the counter“, „c/o“ für „complains of“). Da nicht viele Mediziner die Prüfung absolvieren und die Prüfungsaufgaben vom unieigenen Sprachzentrum gestellt werden, habe ich im Vorfeld auch keine Erfahrungsberichte lesen beziehungsweise von solchen profitieren können.
Vorbereitend bin ich alte Kursmaterialien durchgegangen und habe nebenbei Blicke in die Bücher „Medical English“ vom Thieme-Verlag sowie „Professional English In Use: Medicine“ vom Cambridge-Verlag geworfen. Wichtige Vokabeln oder starke Formulierungen habe ich herausgeschrieben und vor der Prüfung noch einmal durchgelesen, mehr nicht. Denn, wie gesagt: Es ist eine Sprachprüfung, und Englisch könnt ihr/kann ich schon seit Jahren. Nur Mut!
Daher mein Appell an (zumindest) die Münsteraner Mediziner: Nutzt die Chance und macht einen Sprachkurs, und bei Gefallen sogar das UNIcert-Diplom. Nicht jede Universität bietet diese Kurse überhaupt an, und private Anbieter verlangen für solche Kurse eine beachtliche Summe Geld. In diesem Semester war ich die einzige Medizinerin, die die Prüfung absolviert hat, und das ist - gemessen an einer Fakultätsstärke von über 2000 Studenten - eine traurig geringe Zahl! - „What seems to be the Problem?“