• Artikel
  • |
  • Felix Hutmacher
  • |
  • 09.03.2021

Geimpft werden, geimpft sein, selbst impfen

Felix gehört zu denen, die es nach ganz oben geschafft haben - in der Impfreihenfolge für die Covid-19 Impfung. Wie es sich anfühlt, geimpft zu werden, geimpft zu sein und selbst zu impfen, berichtet er in diesem Artikel.

 

 

Das Thema Impfen ist in aller Munde, aber nur die wenigsten zählen zu Gruppen mit hoher Priorität und müssen sich bis zum Impftermin wohl noch einige Monate gedulden. Anders war es bei mir: Tatsächlich habe ich bereits Anfang Januar meine erste Dosis des begehrten Impfstoffs von Biontech erhalten, Ende Januar die zweite. Angesichts meines jungen Alters und meiner guten gesundheitlichen Verfassung wurde ich schon gefragt, ob ich mich vorgedrängelt hätte. Die Antwort ist sehr einfach und lautet: Nein. Ich habe nur in einer Notaufnahme gearbeitet. Als den Mitarbeitenden dort Impfungen angeboten wurden, habe ich nachgefragt, ob sich das Angebot auch an Studierende richtet. Und erhielt die einfache Antwort: Ja.

Nicht an allen Unikliniken wurde das zu Beginn so gehandhabt. PJler zählen wohl nicht zu den hauptsächlichen Trägern unseres Gesundheitssytems, aber sie untersuchen viel und oft, haben engen Patientenkontakt und rotieren während hrer Ausbildung häufig durch die einzelnen Abteilungen der Uniklinik. Daher scheint das Impfangebot nicht völlig absurd.

Bei meiner ersten Impfung Anfang Januar hatte man noch den Eindruck, die mRNA-Impfung sei nah am Menschenexperiment. Irgendetwas mit Genen und Gentechnik und die Langzeitwirkungen, und überhaupt. Und heute? Will keiner den Impfstoff von AstraZeneca. Zu schlecht, außerdem die Nebenwirkungen, keine Gentechnik, und überhaupt.

Im Gegensatz zu vielen anderen war ich recht zufrieden mit meiner Impfreaktion – mein geschwollener Achsellymphknoten teilte mir mit: Sieh her, wir Lymphozyten tun, was wir sollen. Wir proliferieren sehr fleißig und beschützen dich. In etwa einer Woche kannst du auf uns zählen. Dass ich am Tag nach der Impfung nach zwei Stunden von der Arbeit wieder nach Hause gegangen bin: was solls... Ich spüre auch die Grippeimpfung jedes Jahr aufs Neue.

Was ändert sich, wenn man geimpft ist? Ich für meinen Teil behaupte mal: Eigentlich recht wenig. Es dauert, bis man überhaupt versteht, dass die eintrainierten Reflexe – FFP2-Maske regelmäßig gut an die Nase drücken, häufig lüften, Menschen nicht drinnen treffen – für den eigenen Schutz gar nicht mehr nötig sind. Zu allumfassend sind die kollektiven Schutz- und Hygienemaßnahmen, als dass man sich als Einzelner plötzlich sicher und frei fühlen würde.

Ich habe lediglich nicht mehr darauf bestanden, dass meine Mitmenschen in meiner Anwesenheit Maske tragen, wenn sie nicht wollen. Mich muss niemand mehr schützen. Ich habe meine Maske weitergetragen. Und ich habe mir erlaubt, meine FFP2-Masken aufzubacken. Bis zu fünfmal, eine Stunde bei 80 Grad, wie empfohlen. Wenn es heißt, die Masken seien mittlerweile ja günstig und überall verfügbar, mag das vielleicht für Deutschland zutreffen, aber es gibt Länder, in denen 1,50 € pro Maske so viel Geld ist, dass es nicht für die Anschaffung reicht. Masken wiederverwenden ist da mein eigener, kleiner Tropfen auf den heißen Stein.

Was ich sehr hoffe ist, dass auch andere Menschen bald zum Zug kommen – und den Pieks erhalten in einem der Impfzentren, die mit Containern, Bretterverschlägen und Gummimatten am Boden doch sehr nach Katastrophenschutz anmuten, wahre Begebenheiten angelehnt an einen Film wie Contagion. Betrachtet man das Chaos drum herum, geht es in den Impfzentren doch sehr geordnet von statten. Ein Heer an Ehrenamtlichen betätigt sich hier, wobei das auch nicht so ganz stimmt, denn für ein Ehrenamt wird man hier ziemlich gut bezahlt. 40 € pro Stunde, als Aufwandsentschädigung, bis 3000 € steuerfrei.

Alle, die jetzt hyperventilieren angesichts dieser Summen, seien daran erinnert, dass vor etwa einem Jahr Leute auf ihrem Balkon applaudiert haben für die Heldinnen und Helden der Pandemie. Manche dieser Gesundheits- und Krankenpflegenden, Rettungsdienstler und Studierenden bessern jetzt eben ein wenig ihre Kasse auf. Ich fände es schön, wenn dieser Text sich bald überlebt, aber die Wertschätzung bleibt. Weil jeder die Erfahrung des Geimpft-Werdens und –Seins hinter sich gebracht hat und weiß: Gesundheit ist wertvoll, Mitarbeitende im Gesundheitswesen sind an der Wertschöpfung beteiligt und verdienen es, Wertschätzung entgegengebracht zu bekommen.

Schlagworte
Mein Studienort

Medizinstudenten berichten aus ihren Unistädten

Werde Lokalredakteur Die Unistädte auf Google Maps
Medizin im Ausland

Erfahrungsberichte und Tipps aus über 100 Ländern

Erfahrungsbericht schreiben Auslands-Infopakete
Cookie-Einstellungen