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  • Tobias Brunnbauer
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  • 04.10.2023

KI in der Medizin

Künstliche Intelligenz wird die Medizin der Zukunft entscheidend prägen. Doch wie genau läuft die Forschung und Entwicklung KI gestützter Medizintechnik?

 

 

Schon heute werden zum Beispiel die Bildauswertung in der Radiologie, Frühwarnsysteme auf Intensivstationen und sogar die Polypendetektion bei endoskopischen Untersuchungen durch KI-Technologie unterstützt. Mich fasziniert, wie KI die medizinische Forschung und den Klinikalltag verändert und daher habe ich mich für ein Forschungspraktikum in diesem Bereich entschieden.

Am Uniklinikum Würzburg beschäftigt sich die Arbeitsgruppe „InExEn“ unter der Leitung von Prof. Alexander Hann damit, wie man künstliche Intelligenz in der Gastroenterologie einsetzen kann. Unter anderem hat diese Arbeitsgruppe ein frei verfügbares Detektionssystem für Polypen entwickelt. Einen Monat lang durfte ich mit der Unterstützung meiner engagierten Betreuer Philipp Sodmann (Arzt) und Ioannis Kafetzis (Mathematiker) arbeiten und dabei sogar mein eigenes kleines Projekt entwickeln. 
 

Ein Labor ohne Reagenzgläser 

Ein großer Unterschied zu einem herkömmlichen medizinischen Forschungspraktikum war wohl, dass ich meine gesamte Laborarbeit am Computer erledigen konnte. Keine nervigen Baumwollkittel im heißen Sommer, keine giftigen und stinkenden Lösungen. Stattdessen Computercode. Die ersten Tage war ich also erstmal damit beschäftigt, in Python (einer Programmiersprache) zu lernen, wie man mit Datensätzen umgeht, sie aufbereitet und visualisiert. Dabei standen mir meine Betreuer stets beiseite und halfen auch mal nach, wenn ich bei einer Aufgabe nicht weiterwusste. 
 

Ein eigenes Projekt in 30 Tagen 

Nachdem ich mich ein wenig mit der Programmiersprache (Python) und dem Laboralltag vertraut gemacht hatte, begann ich in der zweiten Woche an meinem eigenen kleinen Projekt zu arbeiten. Dafür stand mir ein riesiger Datensatz an endoskopischen Videoaufnahmen zur Verfügung. Diesen konnte ich dafür nutzen, um eine KI zu trainieren, die später „in Echtzeit”, also während einer endoskopischen Untersuchung, durch ihre Vorhersagen den endoskopierenden Ärztinnen und Ärzten eine Hilfestellung leisten soll. 

Um die Bilddaten zu verarbeiten und ein KI-Modell „lernen“ zu lassen, verwendeten wir neurale Netzwerke, genauer gesagt sogenannte „Convolutional Neural Networks”. Diese lernen eine Aufgabe zu bearbeiten, indem man ihnen ein Bild und den dazu passenden Ausgabewert gibt. Durch den Unterschied zwischen der Antwort des Netzwerkes und der korrekten Lösung werden die einzelnen Stellschrauben des Modells in die richtige Richtung gedreht, damit dieser Fehler sinkt. Dieser Prozess wird viele hunderte bis tausende Male wiederholt, bis sich das Ergebnis nicht mehr verbessert. Wenn du mehr über KI in der Medizin erfahren möchtest, kann ich als Startpunkt sehr den KI-Kurs der Charité über dieses Thema empfehlen. Hier lernt man zwar nicht zu programmieren, bekommt aber einen guten Überblick über das Thema und kann sich anschließend später in eigene Interessensgebiete vertiefen. 
 

Fazit: Was nehme ich mit? 

Daten, Daten, Daten: Die Leistung eines KI-Modells steht und fällt mit der Qualität und Menge der Daten, mit denen man das Modell füttert. Schon allein die Daten zu gewinnen und sie zu annotieren ist mit einem enormen Aufwand verbunden, den ich vor dem Praktikum noch vollkommen unterschätzt habe. Der Datensatz für mein kleines Teilprojekt umfasste dabei bereits mehr als 1000 Videos.  
 

Kritisches Denken gegenüber eigenen Ideen:

“Jetzt hab ich's!" oder “Ich hab eine neue Idee!” So schön es war, immer wieder eigene Impulse und Vorschläge in ein Projekt einbringen zu können, so frustrierend konnte es doch gleichzeitig sein, zu sehen, wie schwierig manche Probleme zu lösen sind. Trotzdem habe ich mit der Zeit gelernt, Erwartungen anzupassen, neue Ideen schnell zu bewerten und falls sie nicht funktionieren auch schnell wieder zu verwerfen. 
 

Angenehme Fehlerkultur im Computer-Labor: 

Ein großer Teil der Arbeit im Labor bestand aus: Ausprobieren, Fehlercode lesen und Fehler ausbessern. Anders als in der Klinik oder in einem Labor mit Chemikalien ist es hier durchaus möglich, nach den ersten paar Tagen eigene Ideen einfach mal auszutesten und zu schauen, was passiert. Dabei ist es in einem Computer-Labor viel einfacher eine entspannte Fehlerkultur aufrechtzuerhalten. Warum? Schreibt man falschen Code, so spuckt der Computer meist nur eine Fehlermeldung aus. Die kann man lesen, interpretieren, Fehler beheben und dazulernen. Man hat also keine weiteren Schäden, die durch den Fehler entstanden sind.
 

Make It Work, Make It Right, Make It Fast: 

Diesen Leitspruch habe ich mehr als nur einmal von meinem Betreuer gehört. Oft macht es Sinn, ein komplexes Problem zunächst auf den “einfachst-möglichsten” Fall zu reduzieren
Angenommen, man möchte eine KI programmieren, die vorhersagen soll, welches Ausmaß eine Stenose an der Aorta hat. Dann ist es zunächst einfacher, einen Algorithmus zu entwickeln, der vorhersagen kann, ob überhaupt eine Stenose vorliegt oder nicht. Ist dies einmal geschafft, kann man sich dem komplexeren Problem (Vorhersagen für “Welches Ausmaß hat die Stenose?”) widmen. Erst ganz zum Schluss widmet man sich dann den Fragen der Performanz und der Richtigkeit des Computer Codes. 
 

Spaß am Prozess:

Auch wenn man noch so viel Arbeit und Gedanken in ein bestimmtes Projekt steckt, kann es immer noch passieren, dass es einfach nicht funktioniert. Dann ist es besonders unbefriedigend, wenn es keine Antwort  auf die Frage gibt: “Warum klappt das so nicht?” Dann gilt es ein hohes Maß an Frustration zu tolerieren und einfach den Prozess zu genießen. Am Ende findet man fast immer eine Lösung und je steiniger der Weg dorthin war, desto befriedigender ist das Gefühl, diese Herausforderung gemeistert zu haben.
 

Kommunizieren geht über studieren: 

Zum Abschluss des Projekts durfte ich meine Ergebnisse noch vor einem kleinen Publikum präsentieren. Zum einen hat mir das sehr geholfen, nochmal einen Gesamtüberblick über mein Projekt und die damit verbundenen Fragestellungen zu bekommen. Zum anderen durfte ich dabei auch lernen, wie man einem fachfremden Publikum schnell und einfach die eigenen Ergebnisse präsentieren kann, ohne zu tief auf wissenschaftliche Details einzugehen. 

Abschließend kann ich sagen, dass ich es jedem ans Herz legen kann, einmal in einem Labor mitzuarbeiten und sich auszuprobieren. Das kann durchaus schon in der Vorklinik Sinn machen. Falls ihr Fragen dazu habt, könnt ihr mich gerne unter Tobias.Brunnbauer@thieme.de kontaktieren. 


 

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