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  • Tea Stein
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  • 13.04.2018

Ein Weg voller Träume und Steine

Du möchtest Medizin studieren und hast Angst davor zu scheitern? Stellst du dich selbst unter Druck und machst deinen Erfolg von der Meinung anderer Menschen abhängig? Welche Kraft hinter deinen Gedanken steckt, möchte ich dir anhand von meinem Weg näher bringen.

 

 

«Wie fühlt es sich wohl an, ein schlagendes Herz zu hören?» Dies war nur einer der vielen Gedanken, die mich als Kind ständig verfolgten. Die Faszination, dass eine Wunde, die ich mir beim Spielen zugezogen habe, selbst verheilt und wieder zuwächst, war unbeschreiblich. Früh erfuhr mein ganzes Umfeld von meiner Begeisterung und so erhielt ich auch meinen ersten Arztkoffer zum fünften Geburtstag geschenkt. Es muss wohl ein lustiger Anblick gewesen sein, ein Kind, das ein Spielzeug-Stethoskop trägt und dabei Bäume, Hunde sowie seine Freunde abhört. Als später ein Mikroskop auf meinem Tisch stand, war für mich endgültig klar: Ich will Ärztin werden. Schnell merkte ich aber, dass man nicht einfach eine Ärztin wird, sondern dass man sich dies hart erarbeiten muss. Doch von nun an hatte ich etwas Besonders. Ich hatte einen Lebenstraum.

In der Schweiz gibt es verschiedene Wege, einen Medizinstudienplatz zu erhalten.
Der wohl einfachste Weg ist: Man geht aufs Gymnasium, besteht die Maturprüfungen und den Numerus Clausus (EMS), bekommt einen Medizinstudienplatz und wird Arzt. Doch nicht jeder kann und will den einfachsten Weg gehen. Manchmal ist das Leben nun mal kompliziert oder hat auch noch andere Wege für einen bereit. Rückblickend wurde mir klar, dass sich neben einem Lebenstraum auch andere Lebenswünsche, Ideen oder kleinere Träume entwickeln. So ging es für mich nicht direkt ins Gymnasium und ich absolvierte zunächst einmal eine Ausbildung. Mein Lebenswunsch Ärztin zu werden, war allerdings immer noch da. Schliesslich wollte ich nicht verharren und nicht nur von der Medizin träumen. Also ging ich berufsbegleitend aufs Gymnasium. Das klingt sehr einfach, doch war eine sehr kräfteraubende Zeit. Vier Jahre lang arbeitetet ich in meinem erlernten Beruf und besuchte zwei Mal wöchentlich die Schule. Viele meiner Freunde fragten mich, wieso ich mir so eine Belastung eigentlich antue. Doch war meine Antwort so einfach: Ich will meinen Traum leben. Um diesen zu erfüllen, musste ich jetzt diesen steinigen Weg gehen. Und es funktionierte. Ich schaffte es tatsächlich. Als ich dann mein Maturitätszeugnis in den Händen hielt, konnte ich es kaum fassen – ich hatte das Ticket für die Universität in meinen Händen.

Der nächste Schritt war nun die Eignungsprüfung Numerus Clausus oder auch EMS genannt. Besteht man den EMS erfolgreich, sichert man sich in der Schweiz einen Studienplatz in der Medizin. Der Testtag näherte sich und ich verfolgte still in einem Forum die Vorbereitung der anderen. Leider konzentrierte ich mich zu wenig auf meine eigene Vorbereitung und saß am Testtag dann voller Selbstzweifel und voller Aufregung in diesem großen Testlokal an der Universität und kritzelte darauf los. Rückblickend wusste ich selbst nicht mehr, was ich genau veranstaltet hatte, doch das Resultat war eindeutig: Nicht bestanden. Nun saß ich da. Zwar hatte ich mein Maturitätszeugnis, aber die Eignungsprüfung fürs Medizinstudium leider nicht geschafft. Meiner Meinung nach habe ich mich zu sehr auf die Leistungen der anderen konzentriert und mich selbst dabei vergessen. Glücklicherweise darf man den EMS in der Schweiz beliebig oft machen und so schrieb ich mich für das folgende Jahr wieder ein. Nun, manchmal versteht man nicht, wieso der Weg so sein muss, doch auch wenn es zunächst wie ein Klische klingt: Alles hat seinen Grund. Und so war es auch. Dieses Jahr nutzte ich für all meine kleinen Träume. So hatte ich Zeit für Sport, meinen Hund, meine Freunde, viele eigene Projekte und konnte auch noch arbeiten und mir so  ein wenig Geld zusammensparen. Als Studentin würde ich dies vielleicht nicht mehr können oder wenn dann nur begrenzt.

Zugegebenermaßen war ich sehr enttäuscht, dass es nicht beim ersten Anlauf mit der Prüfung geklappt hat. Anstrengend waren diese vielen Nachrichten von Freunden, ob es nun geklappt hatte. So fühlte es sich jedes Mal wie eine erneute Niederlage an, mein Umfeld über den negativen Entscheid zu informieren. Nun, ich möchte dies ohne Furcht vor Kritik oder Negativreaktionen von mir geben: Ich hatte Angst vor der Meinung anderer und war deswegen so enttäuscht. Eine Prüfung kann jeder mal nicht bestehen. Sei es eine Prüfung im eigentlichen Sinne oder eine Lebensprüfung. Genau diese Furcht, dass missmutige Menschen mir den Erfolg nicht gönnen, trug zu meinem Misserfolg wesentlich bei. Ich hatte die völlig falsche Einstellung zu diesem Test. Schlussendlich wollte ich den Test nicht meinetwegen bestehen, sondern viel mehr für das gute Ansehen vor Fremden und missgünstigen Leuten. Dies ist definitiv der falsche Weg und ich möchte euch wirklich nahelegen: Egal in welcher Lebenssituation ihr seid, löst euch von den Blicken anderer und konzentriert euch nur auf eure Träume. Auch ein Misserfolg ist eine Lebenserfahrung und zugleich eine Prüfung, ob man bereit dazu ist, dennoch einen weiteren Versuch zu wagen.

Nachdem ich mich also mit meiner Situation auseinandergesetzt hatte, entschied ich mich bewusst, alles ein wenig lockerer zu nehmen. Ich machte im nächsten Jahr den Test nochmal – und siehe da, ich studiere nun Medizin an der Universität Zürich.

Also Leute, Kopf hoch! Wer es wirklich will, der kann es tatsächlich auch schaffen! Und denkt immer daran: Lockerheit hilft euch viel mehr als Starrheit!

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