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- H. Genzwürker und J. Hinkelbein
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- 01.01.2005
Online-Kurs Notfallmedizin - Fall 3: Thoraxschmerz
Sie sind als Notarzt bei einer Sportveranstaltung tätig, bei der zahlreiche Vereine ihre Aktivitäten vorstellen. Nach einem "Jedermann-Rennen" über 1.500 Meter werden Sie zu einem 42-jährigen Mann gerufen, der während des Laufs plötzlich massive linksthorakale Schmerzen verspürte.
Der deutlich kurzatmige Patient gibt an, dass er 8 Wochen zuvor mit dem Rauchen aufgehört habe und "nun endlich mal wieder Sport treiben" wollte, um sein Körpergewicht von 110 kg bei einer Körpergröße von 1,84 m zu reduzieren.
Die Schmerzen seien nach etwa 2 Runden aufgetreten und hätten sich trotz seines vorzeitigen Ausscheidens aus dem Lauf nicht gebessert. Neben massiver Übelkeit berichtet er auch über Schmerzen im Bereich des linken Oberarms und der Schulter.
EKG:
Fragen:
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1. Welche Verdachtsdiagnose stellen Sie?
Antwort:
Akutes Koronarsyndrom (akuter Myokardinfarkt oder Angina pectoris); Begründung: Klinik (links-thorakale Schmerzen mit Ausstrahlung in den linken Arm/die linke Schulter, starke Übelkeit, Dyspnoe), Auslöser (ungewohnte körperliche Anstrengung), Risikoprofil (Adipositas [BMI = 32,5], Nikotinabusus)
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2. Welche Erstmaßnahmen ergreifen Sie?
Antwort:
- Sauerstoffgabe (6-8 l/min)
- Oberkörperhochlagerung
- Kontinuierliches EKG-Monitoring und 12-Kanal-EKG Blutdruckmessung
- Venöser Zugang
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3. Können Sie Ihre Verdachtsdiagnose aufgrund des 12-Kanal-EKGs (s. Abb.) konkretisieren?
Antwort:
Akuter Hinterwandinfarkt mit ST-Strecken-Hebungen in II, III, aVF
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4. Können Sie bei dem Patienten bereits präklinisch spezifische Maßnahmen einleiten?
Antwort:
- Sauerstoffgabe fortsetzen (Ziel: Sauerstoffsättigung über 97 %)
- Gabe von Glyceroltrinitrat (z. B. Nitrolingual, 2 Hübe sublingual) bei systolischem Blutdruck über 100 mmHg
- Analgesie mit Morphin (3-10 mg i.v., bei Bedarf auch höhere Dosis oder in Kombination mit einem Antiemetikum)
- Anxiolyse mit Midazolam (z. B. Dormicum 2 mg i.v.)
- Kontinuierliche EKG-Überwachung: Erkennen von Herzrhythmusstörungen, Defibrillationsbereitschaft
- Einleitung einer Reperfusionstherapie zum frühest möglichen Zeitpunkt:
- Acetylsalicylsäure (z. B. Aspisol 150-350 mg i.v.)
- Heparingabe umstritten (s. Kommentar)
- Präklinische Fibrinolyse z. B. mit Tenecteplase (z. B. Metalyse in gewichtsadaptierter Dosierung) bei fehlenden Kontraindikationen (z. B. aktive peptische Ulzera, bekannte Gerinnungsstörung)
- Transport in eine geeignete Zielklinik mit Option zur Akutintervention
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5. Das nächste Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung ist etwa 15 Minuten Fahrzeit entfernt, ein großes städtisches Klinikum mit einem Herzkatheterlabor befindet sich 25 Minuten entfernt. Für welche Klinik entscheiden Sie sich?
Antwort:
Klinik mit Herzkatheterlabor (24-Stunden-Bereitschaft klären): perkutane transluminale Koronarangioplastie (PTCA) sowohl als primärer Ansatz zur Reperfusion als auch nach Fibrinolyse
Online-Kurs Notfallmedizin
Die Fälle im Online-Kurs Notfallmedizin
Fall 1: Motorradunfall
Fall 2: Kind mit Krampfanfall
Fall 3: Thoraxschmerz
Fall 4: Hemiparese
Fall 5: Suizidversuch
Fall 6: Verbrennung
Fall 7: Bauchschmerzen & Arrhythmie
Fall 8: Fieber, Husten, Auswurf
Fall 9: Wespenstich