• Kommentar
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  • Julia Hadala
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  • 20.07.2023

Das Dilemma mit dem PJ

Im praktischen Jahr sollen Medizinstudierende all die gelernte Theorie in die Praxis umsetzen. Klingt gut, doch es sind die Bedingungen, die viele Medizinstudierende stören.

 

 

Wusstest du, dass Medizinstudierende im praktischen Jahr (PJ) nur 30 Fehltage haben? Dass es üblich ist, dass sich PJ-Studierende krank zur Arbeit schleppen und damit Patienten und sich selbst gefährden? „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ „Ihr verdient doch später genug“ – dann aber bitte bei der Wahrheit bleiben und gute Lehre, nicht nur leere Worte sein lassen. 

Zwar gibt es von den meisten Universitäten Lernzielkataloge mit Fähigkeiten, die während des PJ geübt werden sollen – dass diese jedoch zumeist nicht eingehalten werden und Blutentnahmen, sowie Briefe schreiben die Haupttätigkeiten von PJlern darstellen, wird nicht offen kommuniziert. Fast ein Jahr lang arbeiten PJler über 40 Stunden die Woche für einen Lohn von 0-2€/h und ziehen sich dabei auf dem Flur oder auf Patiententoiletten um, weil Spinde oder Umkleideräume fehlen.

Was viele nicht wissen: Manche Kliniken haben PJler bereits so stark in ihre Arbeitsroutinen eingeplant, dass teilweise in Vorlesungen nach OP-Assistenten gefragt wird, falls PJler einmal ausfallen (soviel zum Thema: PJler bringen dem Krankenhaus nichts). Das Resultat? Ausgelaugte, überarbeitete und verschuldete PJler, die sich auf die zukünftige ärztliche Tätigkeit nicht freuen und sich auf den ärztlichen Beruf nicht ausreichend vorbereitet fühlen.

Eine weitere Folge: Viele gehen für ihr PJ ins Ausland. Nicht nur ein Lohn, der für die Miete reicht, ist hier der ausschlaggebende Punkt, Lehre und ein freundlicher Umgang sind weitere Argumente. 

Die wohl gravierendste Folge: Laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) fehlen in Deutschland derzeit mehr als 15.000 Ärzte (Stand 2022). Die Ärztestatistik 2022 der Bundesärztekammer zeigt einen Grund dafür auf: Die Zahl der Abwanderungen aus Deutschland stieg 2022 auf 2.290 Ärztinnen und Ärzte; dieser Wert liegt im Vergleich zum Vorjahr um rund 20% höher, nachdem der Wert bereits im Vorjahr (2020) um 15% angestiegen war. Ein Umdenken muss stattfinden: Ein faires PJ geht uns alle etwas an. 

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