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  • Maxi Bergner
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  • 14.12.2021

How to PJ

Im Praktischen Jahr kannst du am Patienten arbeiten und hast noch nicht die volle Verantwortung. Maxi erklärt, wie du das Beste aus deinem PJ rausholst.

 

 

Endlich wieder unter anderen Menschen sein – das war der erste Gedanke, der mir aufkam, als ich im Mai 2021 in mein PJ startete. Ziemlich zeitgleich zum Beginn meiner Lernzeit für das 2. Staatsexamen war im Dezember zuvor der Lockdown verkündet worden, und so hatte ich die folgenden Monate mit dem durchgetakteten Lernplan allein an meinem Schreibtisch verbracht, statt mit mit all den Leidensgenossen meines Jahrgangs in der Bib. Wie sehr freute ich mich darauf, nun endlich wieder in einem geregelten Rhythmus pünktlich am Morgen das Haus zu verlassen, um einem erfüllenden Sinn nachzugehen.


Sagen wir es so … mein erstes Tertial begann langsam aber stetig, diese Freude auszuhöhlen. Das zweite knabberte am verbliebenen Rand herum und nun bin ich gespannt, was das dritte Tertial mit den restlichen Krümeln anstellen möge. Mittlerweile hat sich eine etwas stoische Akzeptanz eingestellt, dass ich in einem PJ sehr viel eigene Kraft und Motivation aufwenden muss, um tatsächlich etwas zu lernen, und trotzdem keine Berge versetzen werde. In den folgenden Punkten habe ich versucht, meine Erkenntnisse in Tipps umzuwandeln, sodass sie vielleicht dem einen oder anderen den Start ins PJ erleichtern, oder aber wenigstens zeigen, dass wir nicht allein in unserer zeitweisen Ernüchterung sind.

 

  • Als PJler hat man keine Rechte, aber vor allem keine Pflichten. Das stand sogar als einer der ersten Sätze in meinem Arbeitsvertrag, und wie ich finde ist das ein Satz, den man sich immer wieder aufsagen muss. Klar, man möchte nicht unangenehm auffallen, es sich mit niemandem verderben, fühlt sich abhängig von der Gunst des ärztlichen Teams und sagt daher lieber einmal mehr "ja" zu einer Aufgabe statt "nein". Im Endeffekt gibt es diese Abhängigkeit jedoch nicht, und es ist durchaus legitim, die 20. Blutentnahme oder körperliche Untersuchung an dem Tag abzulehnen, wenn ihr das Gefühl habt, in der Zeit an anderer Stelle mehr lernen zu können. Denn die Kliniken haben für PJler einen Lehrauftrag, und der wird bei der Abstellung für unliebsame Aufgaben nur selten ausreichend erfüllt. Ich habe in meinem allerersten Tertial in der Orthopädie/Unfallchirurgie bspw. tagtäglich Haken im OP gehalten und in den OP-Zwischenzeiten Blut abgenommen – so wie wahrscheinlich die meisten PJler einer chirurgischen Abteilung. Niemals hätte ich mir getraut, dazu einfach mal „nein“ zu sagen. Dadurch habe ich lediglich einmal in der gesamten Zeit ein Gelenk selbst untersuchen und eine orthopädische Anamnese durchführen können. Mit meiner Einstellung, alles gewissenhaft zu erledigen, hatte ich somit zwar keinen Ärger, aber im Nachhinein bringt mir das für mein späteres Berufsleben, wenn ein Patient oder eine Patientin mit Knieschmerzen vor mir sitzt, leider gar nichts.

 

  • Genieße die Zeit der Verantwortungslosigkeit, aber suche dir Verantwortung. Dieser Satz mag paradox erscheinen, aber er bringt es für mich gut auf den Punkt. Es ist ein Privileg, arbeiten zu können, ohne die volle Verantwortung zu tragen, und immer jemanden holen zu können, wenn etwas (z.B. der dritte Flexülenversuch) nicht geklappt hat. Und es ist umso schöner, dass man immer …  naja, wenigstens meistens, das Recht hat, pünktlich gehen zu können. Diese Freiheit und Flexibilität sind wohl das erste, wovon man sich im Berufsalltag verabschieden muss. Auf der anderen Seite ist es eben diese Möglichkeit, unter Beobachtung arbeiten zu können, die es einem ermöglicht, Verantwortung zu üben. Eben weil du es später alleine können musst, ist jetzt der Zeitpunkt, die dafür notwendigen Erfahrungen zu sammeln. In meiner Zeit auf der IMC der Herzchirurgie bekam ich vier eigene Patienten zugeteilt, die ich „betreuen“ sollte. Natürlich unter dauerhafter Rücksprache. Dank dieses Sprungs ins kalte Wasser fing ich an, erste eigene Entscheidungen zu treffen, und somit wurden diese leider nur 2 Wochen, die ich dort verbracht habe, die lehrreichste Zeit meines ganzen PJs.

 

  • Du bist immer noch Student/in. Und zu all den Lernerfahrungen, die man sammelt, gehört auch ein Studentenleben. Womit ich weniger Partys meine – die z.B. in meinem Fall aufgrund der Coronasituation entweder nicht möglich, oder meiner Meinung nach zu risikobehaftet waren – sondern vor allem den Kontakt zu anderen PJs. In 3 meiner 4 bisherigen Tertialhälften war ich die einzige PJlerin, und hatte dadurch manchmal das Gefühl, mich bereits wie eine Ärztin stressen zu müssen, wenn es bspw. um Pausen ging, weil ich eben nur mit anderen Ärzten unterwegs war. In der Inneren Medizin habe ich dann den Kontakt zu den PJlern anderer Stationen gesucht, und plötzlich fühlte sich der Alltag mit einer gemeinsamen, teilweise auch mal ausgedehnteren Mittagspause mit manchmal kollektivem Geschimpfe über die Arbeitssituation wieder viel leichter an. Wie ich oben bereits sagte, diese Zeit der Verantwortungslosigkeit kommt nicht wieder. Man wird zu einer hohen Wahrscheinlichkeit nicht noch einmal in seinem Leben Student/in sein – das sollte noch einmal ausgiebig genossen werden, und was gibt es schöneres, als dies auch noch gemeinsam zu tun?

Mein PJ, das ich in einem halben Tertial auf der Pneumologie absolvierte, führte mich auch auf die Coronastation. Und generell haben wir alle in der momentan vierten Welle gespürt, wie Kliniken auf die wechselhafte Situation mal besser, mal schlechter zu reagieren versuchen, wie angespannt die Stimmung in den Abteilungen ist, und dass man manchmal freitags nicht weiß, wo die eigenen Patienten am Montag liegen werden. Wo man gebraucht und eingeteilt sein wird. Und trotzdem – ich behaupte mal, dass meine oben niedergeschriebenen Hinweise bei jedem Umstand irgendwo ihre Richtigkeit haben. Vielleicht haben sich einige von euch ja auch in manchen Punkten wiedererkannt, und vielleicht finden andere in den Tipps eine Motivation, im eigene PJ noch einmal andere Schwerpunkte zu setzen. Und wenn nur jeder Leser/jede Leserin aufgrund dieses Artikel nur einmal mehr „nein“ zu einer wenig lehrreichen Aufgabe sagt, dann habe ich mit diesem Aritkel schon etwas gewonnen.

 

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