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- Alexandru Ionel
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- 03.11.2014
Der Traum des Zahnmedizinstudiums
Den Traum des Zahnmedizinstudiums in Deutschland wollte ich nicht aufgeben, deshalb war es an der Reihe, einen möglichst schnellen Weg dahin finden.
Seit guten 6 Jahren wohne ich in Deutschland ohne meine Eltern. Meine Familie ist in meiner Heimat in der Republik Moldau, dem ärmsten Land Europas, zurück geblieben. Sie hatten bis jetzt keine Möglichkeit, ihren dauerhaften Wohnort nach Deutschland zu verlegen. Man könnte sagen, dass ich die Hoffnung meiner Familie bin, weil ich als einziges Familienmitglied in einem Land mit so vielen Möglichkeiten lebe.
Aufgrund meiner geringen deutschen Sprachkenntnisse am Anfang meiner Schullaufbahn habe ich letztes Jahr "nur" die Fachhochschulreife erwerben können. Zusätzliche zwei Jahre an einem Gymnasium in der Oberstufe zu verbringen, bis ich die allgemeine Hochschulreifen hätte erwerben können, wäre eine zu lange Zeit gewesen bis ich tatsächlich mit dem Zahnmedizinstudium beginnen könnte. Bei all diesen Überlegungen musste ich immer auch Rücksicht auf meine Finanzen nehmen, denn das durchschnittliche pro Kopf-Einkommen in der Republik Moldau bei ca. 300 Dollar liegt. Ich setzte mich also vor meinen Laptop und recherchierte nach einem schnelleren Weg. Nach einem Weg, bei dem man das Abiturienten nur in einem Jahr erlangen könnte.
Nach tagelangem Stöbern stolperte ich über ein Oberstufenzentrum mit dem Leistungskurs Medizin in Berlin. Sofort griff ich zum Telefon und erkundigte mich nach der Möglichkeit, mich an dieser Schule einzuschreiben. Zu meinem Glück war das möglich. Der Weg bis zum Zahnmedizinstudium wurde damit ein Stück weit klarer. Ich wechselte meinen Wohnort von Kassel nach Berlin und hatte ein klares Ziel vor Augen: Nach diesem Jahr musst Du so gut sein, dass du sofort an einer medizinischen Hochschule in Deutschland aufgenommen wirst.
Sympathischen Menschen, eine nette Umgebung und neue Freunde machten das Lernen eindeutig leichter. Das Jahr war anstrengend, voller Erlebnisse und wichtiger Erfahrungen. Letztendlich diente es aber nur einem Zweck, dem Erhalt des Zahnmedizinstudienplatzes.
Die Bewerbung
Unmittelbar nach den Abiturprüfungen stand die nächste große Hürde an: die Bewerbung über die zentrale Vergabestelle „Hochschulstart“. Auch in diesem Fall blieb mir nichts anderes übrig, als mich vor meinen Laptop zu hocken, um das System zu verstehen. Stundenlang blätterte ich in dem Online-Heft von HSS. Nachdem ich das System einigermaßen kapiert und die Nerven der Mitarbeiter bei HSS strapaziert hatte, musste ich mich für die Ortspräferenzen entscheiden: „diese Hochschule müssen Sie als 1. Ortspräferenz wählen“, „… diese Hochschule braucht den TMS …“, „… an diese Universität müssen sie das Praktikumszeugnis selbst hinschicken, bei der anderen Universität leiten wir Ihre Unterlagen automatisch weiter …“.
Nachdem ich meine Ortspräferenzen nach ständigem Abändern fertig gestellt und gerade rechtzeitig zum 15. Juli an HSS verschickt hatte, begann wie auch bei allen anderen Mitbewerbern die elend lange Zeit des Wartens und Zitterns an. Mein Traum ist es an der Universitätsmedizin Göttingen zu studieren. Aber auch in Hamburg, Würzburg und Marburg hatte ich mich beworben, überall da, wo man sich die Chancen auf einen Platz ausgerechnet hat. Nach ungefähr 3 Wochen erreichte mich eine E-Mail der Universitätsmedizin Göttingen: Einladung zum Auswahlverfahren. Die Abiturbestenquote hatte ich leider um 0,1 Punkte verpasst. Nachdem man sich vor Freudenausbrüchen wieder gefangen hatte, begann ich mit der Vorbereitung für das AdH.
Das Auswahlverfahren
Die Universität hat aus allen Bewerbern 60 Leute ausgewählt; davon erschienen am Auswahltag 55. Um ca. 9 Uhr waren wir alle im Klinikum und jedem von uns wurde eine Nummer zugeteilt. Das Auswahlverfahren begann mit einem Interview, welches ein zahnärztlicher Professor und ein Zahnarzt führten. Die Prüfer waren entspannt und haben Fragen nach einem standardisierten Fragebogen gestellt, z.B.:
- Wie sind Sie auf Zahnmedizin gekommen?
- Was tun Sie, wenn Sie nicht angenommen werden?
- Wie ist das Studium aufgebaut?
- Wie lang waren Ihre Praktika?
- Was machen Sie neben dem Studium?
- Was wissen Sie über die Lehre, Forschung und Versorgung des Universitätsklinikums?
Eine Etage höher im ärztlichen Simulationszentrum wurden zwei Rollenspiele durchgeführt. Man hatte 1,5 Minuten Zeit, sich die Aufgabe durchzulesen und dann 5 Minuten, um es zu spielen. Dabei war entscheidend, dass man sich selbst in die Rolle des Zahnarztes hineinversetzt. Zum Schluss mussten wir noch ein Stück Draht nach einem bestimmten Muster biegen. Zwischendurch hatte man viel Leerlauf, was einem die Möglichkeit verschaffte, seine zukünftigen Kommilitonen kennenzulernen.
Den Mut nie aufgeben
Noch vor einem Jahr war die ganze Situation undurchsichtig. Ich entschloss mich aber, den weiten Weg zu gehen, welches sich jetzt in Form eines Studienplatzes ausgezahlt hat. Ich habe wieder einmal festgestellt, dass mutig sein entscheidend ist, um erfolgreich zu sein. Gebt auf eurem Weg nicht auf, haltet durch, denn mit jedem Tag kommt Ihr eurem Ziel immer näher.
Der Gedanke, meinem Land etwas zurückzugeben und die Gesundheitsversorgung dort zu verbessern, beschäftigt mich bereits jetzt. Deshalb engagiere ich mich in einer christlichen Klinik in der Republik Moldau, die Bedürftigen und Obdachlosen sowohl medizinische aber auch humanitäre Hilfe anbietet. Bei meiner letzten Reise habe ich gelernt, dass seelischer Zuspruch für die Betroffenen oftmals entscheidender und hilfreicher ist als eine Injektion, ein warmes Essen oder ein Pullover.
Ich freue mich auf den nächsten Aufenthalt und hoffe, dass ich mit meinen in Göttingen erworbenen Medizinkenntnissen dabei helfen kann, eine bessere Versorgung der Patienten im zahnmedizinischen Bereich zu realisieren. Nun sitze ich in der Universitätsbibliothek-Bibliothek mit vielen anderen Medizinern und freue mich riesig auf die nächste Woche, denn da geht es endlich mit der O-Phase los.