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- Helan Darwish
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- 03.04.2025
Drittversuch: Wenn plötzlich alles auf dem Spiel steht
Ein persönlicher Text über das Durchfallen, den Druck und den langen Atem.
Grün. Grün. Grün. Rot. Grün. Grün. Meine Wangen werden heiß und der Kloß in meinem Hals hat sich verdoppelt, als ich meine Martikelnummer rot aufleuchten sehe - dicht gefolgt von den trostlosen Worten: „nicht Bestanden“.
Worte, die mein Urteil besiegelten. Drittversuch. Kein Physikum – erstmal nicht. Während meine Freund*innen sich motiviert an ihre Lernpläne setzten, saß ich da und musste plötzlich um meinen Studienplatz bangen.
Heute weiß ich: Auch ein Drittversuch ist machbar. Der Druck ist enorm, ja. Aber ich habe überlebt – mehr als einmal. Und obwohl ich keine magische Strategie entwickelt habe, möchte ich meine Erfahrung teilen. Für alle, die gerade denken, sie seien allein.
Erstmal: Durchatmen
Das Allerwichtigste nach so einem Rückschlag? Pause. Nicht sofort den neuen Lernplan aufreißen. Nicht sofort funktionieren müssen. Du hast ein weiteres Semester durchgestanden. Du hast gelernt, geackert, gehofft. Und auch wenn es am Ende nicht gereicht hat - all das verdient eine Würdigung.
„Ich muss bestehen, sonst war alles umsonst.“
Dieser zerfressende Gedanke wird wahrscheinlich ständiger Begleiter durch diese Zeit sein. Leider gibt es dagegen kein Wundermittel und auch ich habe ihn nie ganz losgeworden. Aber ich habe gelernt, ihn nicht das Steuer übernehmen zu lassen. Was hilft: in kleinen Schritten denken. Anstatt mich täglich in Worst-Case-Szenarien zu verlieren, habe ich versucht, meinen Blick zu verkleinern: Was kann ich heute schaffen? Was kann ich verstehen, wiederholen, festigen?
Was mir aber am meisten geholfen hat: reden. Und die Scham loszulassen. Ich weiß, wie schwer das ist - vor allem, wenn man das Gefühl hat nicht mehr dazugehören – zu dieser Leistungsgesellschaft im weißen Kittel. Auch ich habe mich geschämt: Für mein Scheitern, für mein Tempo, für mein Nicht-weiterkommen. Aber dieses Gefühl bringt uns unserem Ziel kein Stück näher. Daher mein Appell an dich: Isolier dich nicht und! Such dir Lernbuddies, vertrau dich deinen Liebsten an und scheu dich auch nicht davor, dir psychologische Beratung aufzusuchen. Du musst diese Last nicht alleine tragen. Du darfst Hilfe annehmen.
Und heute?
Ich bin immer noch da. Noch nicht Ärztin – aber auf dem Weg. Der Umweg war lang und ich bin sehr oft an meine Grenzen gekommen. Mein Fazit lautet daher ganz klar: betrachtet euch nicht am Ende nicht als jemanden der „zu oft“ durchgefallen ist - sondern als jemanden, der nie aufgegeben hat.