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  • Lea Charlotte Bauer
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  • 10.06.2022

Let's get Physikum – der Guide für die ultimative Physikumsvorbereitung

Das erste Staatsexamen ist die erste große Prüfung im Medizinstudium. Lea erzählt, wie du dich am besten darauf vorbereitest.

 

 

Das vierte Semester zog immer schneller an mir vorbei und plötzlich kamen die Fragen hoch: Wie lerne ich eigentlich für das Physikum? Welche Themen sind wirklich wichtig? Und vor allem: Womit lerne ich fürs Physikum?
Das Internet wurde durchforstet, jegliche Begriffe in die Suchmaschine gepflegt aber eine komplett befriedigende Antwort auf meine Fragen konnte ich nicht finden.

Nachdem ich nun das erste von drei Staatsexamina bestanden habe, möchte ich euch meine grundlegenden Tipps auf den Weg geben, die ich nach zwei Versuchen, unzähligen Stunden Lernen und vielen Tüten Gummibärchen und Tafeln Schokolade gesammelt habe, sodass ihr mit einer guten Grundlage in die Lernphase starten könnt.

 

Mehrere Monate im Voraus:

Als Einstieg ist es sinnvoll, ein Probephysikum in den Semesterferien zwischen dem dritten und vierten Semester oder an einem Wochenende im vierten Semester zu kreuzen. Damit bekommt ihr einen Überblick, in welchen Fächern ihr euch sicher fühlt und in welchen es noch Aufholbedarf gibt.

Um das Physikum erfolgreich zu schaffen, ist ein Lernplan unerlässlich. Es gibt vorgefertigte Lernpläne auf via medici und Amboss, jeweils in 30, 40 und 60 Tagen Ausführungen, welche mit verschiedenen Lernmaterialien kombiniert sind, wie z.B. die Endspurtskriptreihe von Thieme. Hier müsst ihr euch auf euer Gefühl verlassen, wie solide eure Grundlage ist, wie gut ihr den Stoff beherrscht und wie viel Tage euch ab eurer Scheinfreiheit bis zum Physikum bleiben. Der Lernplan und Lerntempo sollte individuell und auf euch abgestimmt sein.  

Bei meinem zweiten Versuch hatte ich mehr Zeit und habe mir einen individuellen Lernplan zusammengestellt, und hier auch insgesamt drei Wiederholungsrunden von allen Themen eingebaut. Dies kann ich euch empfehlen, da ich bei meinem ersten Versuch das Gefühl hatte, die ersten Tage meines Lernplans nach 1-2 Wochen schon wieder vergessen zu haben.

Pausentagen, Sport oder ein Spaziergang mit Freunden an der frischen Luft sollten genauso verpflichtend in den Lernplan eingebaut werden wie der Plexus brachialis. Ich fand es in beiden Anläufen schwierig, sich nicht von der Menge des Stoffs einschüchtern zu lassen und diesen einfach mal ruhen zu lassen. Trotzdem hat man immer Zeit für eine Stunde spazieren gehen, einen Kaffee oder ein Workout. Produktive Pausen, die nicht vor dem Bildschirm verbracht werden, sind die Grundlage für das Lernen über mehrere Wochen und Monate hinweg. Sucht euch einen Lernpartner, mit dem ihr feste Pausen einplant. So könnt ihr euch beide gegenseitig unterstützen und aufbauen.

 

Welches Medium passt zu mir?

Ebenfalls ist es wichtig sich vor der eigentlichen Lernphase damit zu beschäftigen, mit welchen Lernmaterialien ihr am besten zurechtkommt. Online steht dir via medici von Thieme mit ausformulierten, einfach erklärten Texten oder Amboss im Stichwort-Stil zu Verfügung.
 In Papierform gibt es die Vorklinik die „Endspurt“ Reihe von Thieme mit einfachen, kurz und knapp gefassten Texten und Grafiken.
Für die Karteikartenfans unter euch gibt es gleichzeitig unglaublich detailliert und doch kurz und knapp in Paketen von smartmedix für die Fächer Anatomie, Physiologie und Biochemie. Hier sind vorne Fragen zu den jeweiligen Themen gestellt, die auf der Rückseite beantwortet werden. Das Frage-Antwort Spiel ist gerade für den Mündlichen Teil super.
Oder man benutzt letztendlich seine eigenen Unterlagen, hier entgehen einem jedoch die manchmal sehr seltsamen und doch Lieblingsfakten des IMPPs, die von Thieme und Amboss farblich in den Materialien hervorgehoben werden.
Ebenfalls gibt es Lernposter für die verschiedenen Stoffwechselwege der Biochemie. Darüber hinaus habe ich mir noch eigene Poster zu Blutversorgung des Menschen, allen Gelenken und Plexus für die mündliche Prüfung erstellt, dies hat das Auswendiglernen eindeutig erleichtert.

Für meinen Zweitversuch habe ich eine bunte Mischung genutzt, da ich mich mit verschiedenen Materialen für verschiedene Themen angefreundet habe und einen individuellen Lernplan genutzt habe. Mit meine Anatomieunterlagen konnte ich deutlich besser lernen als ellenlange Texte oder Tabellen  zu lesen, in Physiologie habe ich jedoch viel mit den Endspurtskripten gearbeitet. Ich wusste hier, wo die Stärke und wo die Schwächen (nach meinem Empfinden) der Lernmaterialien lagen und wo welche Themen für mich besser erklärt wurden.  
Wälzer aus der Bibliothek machen meiner Erfahrung nach keinem Sinn, diese sind zu dick und viel zu detailreich für die kurze aber intensive Lernzeit.

Die Fragen, die Ihr euch stellen müsst, sind folgende: Wie viel Zeit habe ich? Womit habe ich bis jetzt gut gelernt? Online oder doch lieber Papier? Ganze Sätze oder Stichworte?
Wenn ihr knapp in der Zeit  seid, dann entscheidet euch für eine vertraute Lernmethode und bleibt bei dieser. Das Wechseln hat mich im ersten Versuch viel Zeit und vergebene Liebesmüh gekostet.
Wenn euch noch ein paar Monate oder sogar ein Semester bis zum Physikum bleibt, dann probiert verschiedene Sachen aus, jetzt habt ihr noch die Zeit!


Einer der wohl wichtigsten Tipps ist: kein Vergleichen! Jeder lernt unterschiedlich für diese Prüfung. Sowohl Lernmaterialien, Lernzeiten und Methoden werden in eurem Freundeskreis variieren und dies ist nicht schlimm. Der beste Tipp eines Kommilitonen war, nach einer initialen Diskussion gar nicht mehr über seinen Lernfortschritt zu reden, sondern sich in den Pausen mit Freunden abzulenken und den Stoff ruhen zu lassen, so verlockend eine letzte Diskussion über die Glykolyse auch klingt.


Wenn die eigentliche Lernphase ansteht … auch hier gibt es einiges zu beachten.

Was wird eigentlich gefragt?
Das schriftliche Physikum besteht aus zwei Prüfungstagen mit insgesamt 320 Fragen. Am ersten Tag werden die Fächer Physik und Chemie (beide je 20 Fragen) sowie Physiologie und Biochemie (je 60 Fragen) abgefragt. Dies ist meist der schlimmere Tag. Am nächsten Tag dürft ihr euch der Biologie und Histologie (beide je 20 Fragen) und Anatomie und PsychSoz (ebenfalls je 60 Fragen) stellen. Insgesamt müsst ihr 60% der Fragen richtig beantworten, um den schriftlichen Teil des Examens bestanden zu haben.
Meiner Erfahrung nach dürft ihr auf keinen Fall PsychSoz vernachlässigen. Hier habe ich tüchtig Punkte mit relativ wenigen Lerntagen geholt. Die meisten Fallbeispiele und Namen sind schnell mit einem Bild verknüpft abgespeichert.
Im darauffolgenden mündlichen Teil des Examens prüfen euch drei Professoren in Anatomie, Biochemie und Physiologie auf Herz und Niere.
In Anatomie müsst ihr euch an den Präparten der Körperspender und in einem histologischen Schnitt zurechtfinden, während ihr in Biochemie und Physiologie auch gerne mal eine Sauerstoffbindungskurve oder die Lungen Compliance Kurve aufmalen und erklären dürft.

 

Auf welche Prüfungsart bereite ich mich vor?

Da das Physikum sowohl als mündliche als auch als schriftliche Prüfung abgehalten wird, müsst ihr euch auf zwei verschiedene Prüfungssituationen vorbereiten.
Für das Schriftliche ist es wichtig, bis zum Umfallen zu Kreuzen. Nur dadurch werden euch einige Lieblingsthemen des IMPP bewusst, dann könnt ihr eventuell die ein oder andere Altfrage entdecken und macht euch mit dem Fragestil vertraut. Im examen online bei via medici werden euch die richtigen und falschen Antworten noch einmal genauer erklärt, hier lohnt es sich diese genau durchzulesen und die Graphiken, die teilweise nicht in den Texten zu finden sind, sich noch einmal zu Gemüte zu führen. Kreuzt während eurer Vorbereitung im Prüfungsmodus und schaut euch erst hinterher die Antworten an, somit gewöhnt ihr euch direkt daran, dass im Physikum die richtige Antwort leider nicht grün hinterlegt ist.
Während im schriftlichen Teil ehr passives Wissen abgefragt wird und ihr meist durch das Ausschließen einiger Antwortmöglichkeiten näher an das Ziel kommt, ist für die mündliche Prüfung eine ganz andere Vorbereitungsart notwendig.
Hier ist aktives Wissen gefragt, sodass die Frage des Professors präzise beantwortet werden kann. Hier sind die Altprotokolle aus vergangen Jahren Gold wert, die Themen der Prüfer variieren meist leicht bis gar nicht.
Es lohnt es sich die Tage vor der Prüfung mit einem Lernpartner oder der Physikumsgruppe zu verbringen und die Protokolle mündlich durchzugehen. Sprechen, sprechen, sprechen ist hier die Divise! Meist denkt man, dass man etwas verstanden hat, aber wenn man dies nicht erklären kann, ist dies nicht der Fall!
Einen Lernpartner zu finden, der einen ähnlichen Lernstil hat wie ihr und mit dem ihr euch versteht, ist Gold wert! Zusammen die Zeit durchzustehen, schweißt einen zusammen und es macht es so viel einfacher, wenn man sich gegenseitig unterstützen kann.


Präpsaaltermine buchen

Für die Vorbereitung auf das mündliche Physikum ist das aktive Lernen im Präpsaal unerlässlich. In der Vorbereitungszeit auf meinen zweiten Versuch sind meine Lerngruppe und ich vier Monate vor dem Physikum erst einmal die Woche, zwei Monate vorher zweimal die Woche in den Präpsaal gegangen. In Lübeck sind verschiedenen Physikumspräparate dauerhaft für die Studenten zugänglich, ebenfalls könnt ihr an den Körperspendern des aktuellen Kurses lernen oder euch Modelle, Skelette und Knochen ausleihen.
Das wiederholte Üben hat mir das nötige Vertrauen für die Prüfung gegeben, da wir die verschiedenen Präparate mehrmals gesehen und durchgesprochen hatten. Auch sind die Mitarbeiter des Anatomieinstituts unglaublich hilfsbereit und nach nettem Fragen erklären sie gerne noch einmal schwierigere Themen.


Urlaub planen, Vorfreude und Belohnung

Auch die Zeit nach dem Physikum gilt es zu planen, denn weit im Voraus ist auch ein Tapetenwechsel erschwinglicher. Es ist genau dieser, der einem hilft, die lange Lernzeit zu überstehen. Eine Belohnung hat sich jeder verdient, egal wie das Ergebnis ausfällt, denn das Physikum ist vor allem eine Willens- und Ausdauerprobe und jeder der daran teilgenommen hat, hat sich dieser gestellt.
Gönnt euch auch während der Lernzeit Auszeiten und Belohnungen, ob es nun das gelieferte Essen oder doch die Blümchen für den Schreibtisch sind.
 

Lohnt es sich zu schieben?

Die große Frage, die heiß  in Internetforen diskutiert und selbst von den Professoren der Uni angesprochen wird und immer wieder der Grund ist, warum Studenten doch ein Semester aussetzen.
Wenn ihr merkt, dass euch das vierte Semester ausgelaugt hat und/oder ihr einfach eine Pause nach vier Semestern Vorklinik (unter Coronabedingungen) benötigt, dann ist es keine Schande, das Physikum zu schieben.
Tut das, was für euch die beste Lösung ist, egal ob dies gegen den Rat der Eltern, Professoren oder fremder Menschen im Internet ist.

Obwohl ich beim ersten Versuch durch den mündlichen Teil durchgefallen bin, war ich jedoch froh, dass ich das Physikum nicht geschoben habe, da ich zum einen den schriftlichen Teil bestanden hatte und ich wusste, wie die mündliche Prüfung abläuft.
Egal für welche Variante ihr euch entscheidet, dem Physikum muss sich früher oder später jeder stellen, der in die Klinik möchte. In einem halben Jahr kann man viel vergessen, aber genauso viel aufholen.


Eine gewisse Portion Glück gehört dazu

In beiden Prüfungen, aber gerade in der mündlichen Prüfung, gehört auch immer ein gewisses Quäntchen Glück, dass die richtigen Fragen gestellt werden.
Jeder Professor weiß mehr als ihr und kann euch jederzeit rausprüfen. Daher ist es wichtig, eine solide Wissensbasis aufzubauen und selbstbewusst in die Prüfung zu gehen. Etwas nicht zu wissen, bedeutet nicht direkt, dass die Prüfung schiefgelaufen ist. Meist leitet euch der Professor im mündlichen Teil zu der Antwort hin und erarbeitet das Thema sich mit euch, während ihr im Schriftlichen durch Ausschließen und einem „educated guess“ durchaus die richtige Antwort ankreuzen könnt.


In dem Sinne drücke ich euch ganz fest die Daumen und let`s get Physikum!  

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