- Bericht
- |
- Franziska Brück
- |
- 17.11.2016
Präpkurs – oder: Mein erster Kontakt mit einem menschlichen „Patienten“
Spannung, Vorfreude, Unsicherheit, Angst – so gemischt sind die Gefühle, wenn man als Medizinstudent zum ersten Mal den Präpsaal betritt und in Kontakt mit toten menschlichen Körpern kommt. Ob ihre Erwartungen erfüllt wurden und was man während dem Präpkurs beachten sollte, berichtet Franziska.
© istockphoto
Im ersten Semester Humanmedizin an meiner Uni beginnt man mit Fächern wie Physik, Chemie, Zellbiologie und Genetik. Ab und an kommt wirklich der Punkt, an dem man sich denkt: Studiere ich eigentlich tatsächlich Medizin? Dem Gefühl nach zu urteilen nicht wirklich. Klar, man lernt naturwissenschaftliche Grundlagen, die ohne Zweifel ausgesprochen
wichtig sind, aber das richtige „Mediziner-Feeling“, endlich den Traum vom Arztberuf näher zu kommen, bleibt aus.
Umso größer ist die Freude, wenn man auf den Studienplan für das zweite Semester schaut und dort endlich die Worte „Präparierkurs“ liest. Obwohl auch der Anatomiekurs noch relativ wenig mit dem späteren Beruf des Arztes zu tun hat, kommt man hier doch endlich zum ersten Mal in Kontakt mit dem menschlichen Körper. Ich für meinen Teil war keiner der Studenten, die ein mulmiges Gefühl hatten, als der Präpkurs näher rückte. Eher sprudelte ich vor freudiger Erwartung und wollte am liebsten sofort loslegen.
Als zu Beginn des zweiten Semesters die Einführung zum Präparierkurs stattfand, wurde ich allerdings doch ein wenig unsicher... wie würde ich reagieren? Würde ich in Gegenwart der toten Körper und der ungewohnten Atmosphäre plötzlich doch nicht mehr das wissbegierige Großmaul sein? Vielleicht falle ich um oder mir wird schlecht? All diese Zweifel kamen plötzlich auf, obwohl ich mich nach wie vor unglaublich auf den Kurs freute.
An einem Montag war es dann soweit und wir gingen alle, bekleidet mit unseren weißen Kitteln, in den Präpariersaal. Unsere Tutoren deckten die Körper ab. Das Gesicht und damit die Identität des Menschen ließen sie zunächst verdeckt, was vielen Studenten den ersten Kontakt mit der Leiche sicherlich erleichterte. Im Moment des Abdeckens verließ mich mein mulmiges Gefühl und ich wollte unbedingt loslegen. Als die Tutorin fragte, wer denn gerne den ersten Schnitt machen wollte, schnellte meine Hand schneller in die Luft als ich nachdenken konnte und es ging los.
Der Geruch im Präpsaal ist etwas, wovor sich viele fürchten und das auch einigen Probleme bereitet. Natürlich ist es nicht angenehm, aber doch weitaus weniger schlimm als zunächst angenommen. Man gewöhnt sich nach kurzer Zeit daran. Der Geruch ist auch nicht ekelig, einfach seltsam und ungewohnt. Wer vielleicht einen empfindlichen Magen oder eine empfindliche Nase hat, dem empfehle ich Tigerbalsam oder ein starkes Kaugummi – aber Achtung: durch Tigerbalsam fängt die Nase ordentlich an zu laufen, dafür überdeckt es aber auch ziemlich erfolgreich den Formalin-Geruch.
Natürlich gab es in meinem Semester auch einige Studenten, die größere Probleme mit dem Präpkurs haben, aber da muss man einfach durch. Wenn man Glück hat, steht man mit kooperativen Kommilitonen an einem Tisch und kann selbst etwas weniger präparieren als die anderen.
Ich persönlich fand den Präparierkurs unglaublich lehrreich und kann nicht nachvollziehen, warum einige Unis ihn abgeschafft haben oder abschaffen wollen. Für das Präparieren muss man sich regelmäßig vorbereiten und auch währenddessen spricht man immer wieder mit dem Tutor und den Kommilitonen über die präparierten Strukturen – das erleichtert das Lernen ungemein. Schnell stellt man fest, dass am wahren Körper nicht alles so schön illustriert zu sehen ist wie in einem Anatomieatlas.
Inhalt des Präpkurs
An meiner Uni zieht sich der Präparierkurs über drei Semester und wir beginnen im zweiten Semester – das ist jedoch von Uni zu Uni sehr verschieden.
Im zweiten Semester steht zunächst der Bewegungsapparat an: Hier werden Muskeln, Gelenke, Bänder und Knochen sowie zugehörige Arterien, Venen und Nerven präpariert.
Im dritten Semester sind die inneren Organe dran. Hier präpariert man Herz, Leber, Nieren usw. und betrachtet die jeweilige Blutversorgung und Innervation. Ich persönlich empfinde diesen Kurs als deutlich interessanter als den zum Bewegungsapparat, da man viel mehr verschiedene Strukturen finden kann.
Im vierten Semester steht noch der ZNS-Kurs auf dem Plan. Hier werden alle Strukturen von Gehirn und Rückenmark betrachtet.
Tipps für den Präpsaal
Wie überlebe ich den Präpkurs und nehme möglichst viel daraus mit?
Bereite dich vor!
Natürlich hat man während des Semesters genug zu tun und denkt sich „Ja ich schaffe das Präparieren auch ohne Vorbereitung und der Tutor ist ja auch noch da“ Natürlich kann man das so machen, aber erfahrungsgemäß bringt es leider relativ wenig. Viel mehr stehst du, wenn du Pech hast drei Stunden planlos am Tisch und präparierst stumpf vor dich hin, ohne mit den übrigen Studenten in Interaktion zu gehen und gemeinsam zu repetieren. Außerdem macht es gleich viel mehr Spaß, wenn man wenigstens ungefähr weiß, worum es geht und was man gerade präpariert und es ist ein super Gefühl, wenn man eventuell Fragen des Tutors schon beantworten kann.
Nicht verzweifeln!
So gut man den Kurs vorbereitet hat, man kann sich nicht auf Anhieb alles merken. Kleine Zettel mit den wichtigsten Notizen wie z.B. die Abgänge bestimmter Arterien oder ähnliches zum Mitnehmen an den Präpariertisch können super helfen!
Sprich mit deinen Kommilitonen!
Es kann nicht jeder jedes Gebiet präparieren – meist ist man pro Nachmittag für eine bestimmte Region eingeteilt. Da liegt nahe, dass man in seiner Region schnell den Durchblick hat, von den anderen Regionen aber leider relativ wenig weiß. Natürlich kannst du dir alles alleine zuhause erarbeiten. Viel besser und unterhaltsamer ist aber, wenn du das Lernen gemeinsam mit den Kommilitonen angehst, die für das jeweilige Gebiet „Spezialisten“ sind.
Trau dich zu fragen!
Löcher den Tutor mit allen Fragen, die du hast, sodass dieser selbst ordentlich ins Schwitzen kommt. Und wie immer gilt: es gibt keine dumme Fragen!
Betreibe Selbststudium im Präpsaal!
Kurz vor der praktischen Prüfung ist der Präpsaal an den Nachmittag für uns Studenten geöffnet, um das Gelernte zu vertiefen und wiederholen. Auch hier ist es effektiv, wenn du dich mit Kommilitonen triffst und konzentriert zwei Stunden am Präparat lernst, als alleine zuhause über dem Buch zu hängen. Schließlich absolvierst du auch die Prüfung direkt am Präparate und nicht an Abbildungen aus Büchern.